Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
»Wurstelns’ wieder einmal in kranken Hirnen umeinander?«
»Mein Job, Eberhofer. Mein Job. Aber allen Respekt! Wirklich. Dass sie zwei so ausgebuffte Mörderinnen überführt haben. Respekt. Und jetzt kriegens’ auch noch eine Belobigung, gell. Vom Polizeipräsidenten persönlich. Respekt!«
»Mei, was heißt da ›ausgebuffte Mörderinnen‹? Im Grunde sind das doch nur zwei bemitleidenswerte Frauen. Schikaniert von irgendwelchen abartigen Kerlen. Und irgendwann hat’s ihnen halt dann gelangt. Wem kann man das verdenken?«, sag ich so.
»Da schau einer an! Der Eberhofer! Wollens’ vielleicht meinen Job übernehmen? Hähä«, lacht der Spechtl.
Der Moratschek gesellt sich zu uns her und nimmt eine Prise.
»Moratschek, Moratschek. Wie oft hab ich Ihnen eigentlich schon gesagt, dass Ihnen das Zeug Ihre Schleimhäut ruiniert?« Aber der Richter winkt nur ab und genießt seine Drogen.
Später, bei seinem Gutachten, stellt der Spechtl dann ganz klar die jahrelangen Misshandlungen in den Vordergrund, denen die zwei Frauen ausgeliefert waren. Unmenschlich, sagt er. Und demütigend. Und, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis etwas passiert. Tickende Zeitbomben Dreck dagegen. Er macht das ein bisserl arg ausführlich, und der eine oder andere Besucher kriegt schon das Gähnen. Die Kinder vom Flötzinger werden langsam unruhig, obwohl sie am Vormittag noch ganz und gar bei der Sache waren und ergriffen lauschten. Die Clara-Jane bohrt in der Nase, so was hab ich vorher noch niemals gesehen. Und der Ignatz-Fynn wippt mit dem Stuhl, dass der nahende Sturz direkt vorhersehbar ist. Die Susi hat beide Hände voll zu tun. Dann kommt er aber doch noch zum Ende, der Spechtl. Wischt sich mit dem Taschentuch übers Gesicht und geht dahin, wo er zuvor hergekommen ist. Die Verhandlung wird auf morgen vertagt, sagt der Moratschek und erhebt sich. Wir alle tun es ihm gleich, und ich geh erst einmal zur Susi rüber, weil mir die jetzt direkt ein bisserl leidtut. Sie schaut mich ganz dankbar an.
»Ist es schon so weit mit Gelsenkirchen?«, frag ich sie erst mal. Sie schüttelt den Kopf.
»Nein«, sagt sie und schaut ganz zärtlich auf die Lauser runter. »Wir haben heut nur unseren Probetag. Damit wir sehen, ob wir zurechtkommen. Und was wär da spannender als wie eine Gerichtsverhandlung? Noch dazu, wo du praktisch der Held des Tages bist«, lächelt sie mir her.
Dann wird die Frau Barschl an uns vorbeigeführt. Sie bleibt auf Augenhöhe stehen und betrachtet uns kurz eindringlich.
»Mein Gott«, sagt sie ganz betroffen. »Wenn ich gewusst hätte, dass du Frau und Kinder hast, hätt ich doch nie mit dir gevögelt!«
»Was ist gevögelt?«, fragt die Clara-Jane.
Der Bub grinst. So was von dämlich.
Die Augen von der Susi beginnen dramatisch zu funkeln. Sie dreht sich ab und verlässt im Kielwasser der Gören den Saal.
»Vollidiot!«, sagt der Papa, wie er an mir vorbeigeht.
»Was ist denn jetzt schon wieder?«, schreit die Oma. Wird aber von der Mooshammerin untergehakt und nach draußen gebracht. Ich steh noch ein bisschen leicht verwirrt umeinander. Dann aber gehen der Rudi und ich auf eine Brotzeit, weil’s daheim vermutlich eh kein Abendessen gibt, wenn die Oma erst von meinen Verfehlungen erfährt. Wobei »Verfehlung« ist jetzt auch wieder nicht das richtige Wort.
Am nächsten Tag halten die Anwälte der Frauen ihre Plädoyers. Und danach muss sogar dem letzten Zweifler im Gerichtssaal klar sein, dass es sich bei den Täterinnen in erster Linie ganz klar um Opfer handelt. Ja, heißt es, die beiden waren zweifelsohne Opfer ihrer perversen Mitbewohner und sind erst durch sie, und im Grunde sogar unfreiwillig, irgendwann zu Tätern geworden.
Das Urteil fällt wie erwartet milde aus, weil der Moratschek eh ein gütiger Mann ist. Aber nichtsdestotrotz heißt es jetzt erst einmal Knast. Ein paar Jahre zwar nur und bei guter Führung noch viel weniger. Aber immerhin. Die Frau Barschl darf ihren Victor noch ganz kurz umarmen und wirft auch mir noch einen Blick zu. Und die Frau Hausladen schaut ganz wehmütig rüber zum Rudi, doch sie weiß wohl, dass der nicht auf sie warten dürfte. Dann ist der Fall abgeschlossen. Zumindest von der unangenehmen Seite her.Aber übermorgen … übermorgen gibt’s meine Belobigung. Mit allem Pipapo und kaltem Buffet. Die Zeitung wird da sein und der Bürgermeister. Und alles das nur meinetwegen. Ja, gut, die Susi wird fehlen. Das ist zwar schade, kann man aber nicht ändern.
Das
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