Grießnockerlaffäre: Ein Provinzkrimi (German Edition)
Telefon läutet und der Birkenberger ist dran. Er will wissen, wo sie denn überhaupt stattfindet, meine großartige Belobigung. Ich nenn ihm Ort und Uhrzeit, und er sagt, er kann es gut einrichten, dort hinzukommen. Keine Observierung zu diesem Zeitpunkt. Prima.
»Was ziehst du eigentlich an?«, will er noch wissen.
»Was ich anzieh? Mei … keine Ahnung. Irgendwas Cooles halt. Irgendwas, wo ich ausschau wie ein cooles Arschloch, verstehst?«
»Tust du doch immer, Franz. Du schaust doch immer aus wie ein cooles Arschloch«, sagt er noch, dann hängt er ein.
Tags darauf kommt die Susi zu mir ins Büro und schmeißt mir einen ganzen Haufen Unterlagen auf den Schreibtisch.
»Was wird das, wenn’s fertig ist?«, frag ich sie.
»Das sind deine Vorfälle. Die kannst dir in Zukunft ganz schön selber schreiben!«, sagt sie und wendet sich wieder zum Gehen. Dazu muss man wissen, die Susi übernimmt nämlich so ab und zu die lästige Schreibarbeit. Weil ich das halt so nullkommanull machen mag. Nein, ich bin ein Mann. Ich muss raus auf die Straße und für Recht und Ordnung sorgen. Und nicht hinter einem verdammten Schreibtisch versauern und blöden Schreibkram in die Tasten trommeln. Dafür bin ich nicht ausgebildet worden. Und dazu bin ich erst recht nicht geboren. Ganz klar.
Ich schau mir kurz den Riesenstapel an und danach die Susi. Sie ist kurz vor der Zimmertür. Einen winzigen Augenblick lang fühl ich mich fast genötigt, ihr hinterherzurufen. Aber dann lass ich es bleiben. Lass es bleiben, weil ich merk,wie sich ihr Schritt verlangsamt. Kaum merklich zwar, aber doch ganz leicht. Und ja, ich soll recht behalten.
»Sag einmal ehrlich, Franz, warum machst du so was eigentlich?«, fragt sie, verschränkt die Arme vor der Brust und verkneift sich die Tränen.
»Was genau meinst du damit?«
»Das weißt du genau. Das mit diesem Weibsstück eben.«
Ich steh auf und geh rüber zum Fenster. Leg meine Hände hinterrücks ineinander und schau schweigend hinaus. Ein paar Augenblicke, die sich unglaublich ziehen.
»Es ist schon traurig. Ja, sogar unglaublich traurig, Susi«, sag ich, und meine Stimme nimmt Töne an, die ich gar nicht an mir kenn. »Du warst doch selber dabei, Susi. Ich mein, du hast sie doch selber gesehen, diese Frau. Sie ist wegen Mordes verurteilt worden, wegen Mordes! Hast du das schon vergessen? Und du sagst mir so frech ins Gesicht, dass du so einer … so einer Mörderin einfach alles glaubst, was sie so von sich gibt? Du glaubst also einer dahergelaufenen Mörderin mehr als deinem Franz? Den du seit Jahren kennst? Und liebst?«
Ich schüttel den Kopf und senke ihn dann.
Pause.
»Du hast also nicht … du hast nicht mit dem Weibstück geschlafen?«
Ganz langsam dreh ich mich um.
»Himmel, nein! Natürlich hab ich das nicht.«
Meine Arme sind noch immer im Rücken verschränkt, so kann ich meine Finger ganz großartig kreuzen.
»Du bist ein echtes Arschloch, Franz. Weißt du das eigentlich? Du lügst, dass sich die Balken biegen, und glaubst, ich merk es nicht. Abgesehen davon, dass ich deine gekreuzten Finger in der Fensterscheibe sehen kann. Aber andererseits … andererseits muss dir schon was an mir liegen,gell. Sonst würdest du dir ja nicht so haarsträubende Geschichten ausdenken.«
Verdammt!
»Mei, Susi …«
Die Susi fängt ein bisschen zu lächeln an. Sie schnappt sich die Unterlagen vom Schreibtisch und geht erneut in Richtung Tür.
»Kommst vielleicht heut Abend noch auf einen Sprung bei mir vorbei?«, fragt sie im Rausgehen.
»Ja, das … das kann schon gut sein. Durchaus im Bereich des Möglichen«, sag ich noch so, dann ist sie weg.
Kapitel 24
Nach dem Abendessen und der Runde mit dem Ludwig schau ich noch schnell nach der Oma. Sie hockt in ihrem Zimmer auf dem Bett und hält das Hemd vom Paul in den Händen. Das, wo er zuletzt noch getragen hat.
»Ist alles in Ordnung bei dir, Oma?«, frag ich und setz mich zu ihr auf die Bettkante. Sie lehnt ihren Kopf an meine Schulter.
»Es riecht noch immer ein bisschen nach ihm«, sagt sie ganz leise und hebt das Hemd ein wenig hoch. »Ich pack’s immer wieder in die Tupperdose zurück, damit es noch lange so bleibt.«
Wir schweigen ein Weilchen.
»Geh zu deiner Susi, Bub«, sagt sie schließlich und erhebt sich. Legt das Hemd zurück in die Box und verschließt sie ganz sorgfältig. »Verplempert’s nicht eure wertvollsten Jahre. Die sind so schnell rum. So unglaublich schnell, weißt. Nimm sie einfach in den Arm und
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