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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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und zitternd vor Kälte, und hatte für einen Augenblick das Gefühl, als würde die Finsternis aus den Gassen und Hinterhöfen mit der Luft, die sie einsog, in ihr Innerstes strömen und sie bis in den hintersten Winkel ihres Ichs anfüllen. Sie fragte sich, wo Grim gerade sein mochte, und legte ihre Hand auf einen der Klauenabdrücke, die er im Schnee des Geländers hinterlassen hatte. Für einen Moment sehnte sie sich in die Zeit des Frühlings zurück — jene Zeit, da Grim noch nicht von Albträumen heimgesucht worden war und nicht jede Nacht den Schrecknissen ins Angesicht geschaut hatte, die Paris seit Wochen heimsuchten und die er bekämpfen musste. Im Frühling waren sie glücklich gewesen. Grim hatte ihr verborgene Gegenden der Anderwelt gezeigt, den Düsterhain unterhalb von Paris, in dem er Remis kennengelernt hatte, und die geheimen Grotten der Elfen im Bois de Bologne. Und sie hatte ihn in die Menschenwelt eingeführt, sie waren zusammen ins Kino gegangen oder in ein Restaurant, und sie hatte über Grims staunenden Blick gelächelt — diesen Blick, mit dem er auf die Welt der Menschen schaute wie auf ein ihm fremdes Rätsel, fasziniert und misstrauisch zugleich. Sie dachte an Grims Haar, das sich in Menschengestalt weich unter ihren Händen anfühlte, und an seine Augen, die immer schwarz waren wie die Nacht, ganz gleich, ob er ihr als Gargoyle, Mensch oder Hybrid erschien. Sie waren über Paris hinweggeflogen in den Frühlingsnächten, Mia hörte wieder Grims Schwingen, die die Luft zerschnitten, und fühlte seinen Atem an ihren Lippen, als sie hoch oben auf irgendeinem Hochhaus gelandet waren. Sie dachte daran, wie sie mit Grim in den ersten warmen Nächten des Jahres auf seinem Turm gepicknickt hatte, umringt von magischen Fackeln, oder wie sie in seinem unterirdischen Garten die fluoreszierenden Pflanzen betrachtet hatten und die Glühwürmchen, die an der Höhlendecke lebten und sie in einen Himmel voller Sterne verwandelten. Grims Zuhause war auch ihre Heimat geworden, und sie liebte es, mit ihm zusammen zu sein an diesem Ort zwischen Tag und Nacht, ihrem Refugium zwischen den Welten. Für einige Monate hatte sie das Gefühl gehabt, mit Grim zusammen in einem vollkommenen Raum zu sein, umgeben von dem flirrenden Licht, das Seifenblasen nun einmal auszeichnet. Aus ihrer anfänglichen Verliebtheit hatte sich tieferes Vertrauen gebildet, wie eine kostbare Blume, die sich durch die Dunkelheit der Zeit ins Licht schiebt, und noch immer überkam sie bei dem Gedanken an Grim ein Schauer, der sie lächeln ließ. Dennoch waren die Seifenblasen verschwunden. Eines Tages war die Wirklichkeit mit aller Macht zurückgekehrt — an jenem Tag, da die Morde begonnen hatten.
    Der dumpfe Glockenschlag einer Kirche klang zu ihr herüber. Mitternacht. Unruhe legte sich bei diesen Tönen als schwerer kalter Klumpen in ihren Magen. Sie konnte sich Angenehmeres vorstellen, als in dieser Nacht in der Dunkelheit von Paris herumzulaufen, aber sie hatte etwas vor. Etwas, das sich nicht aufschieben ließ.
    Sie ging zurück in den Fahrstuhl, ließ sich ein Stockwerk tiefer sinken und verließ den Turm. Sie musste sich beeilen, um die letzte Metro zu erwischen. Der Schnee war nichts als matschiger Brei unter ihren Füßen, als sie die Treppe zur Station Châtelet hinablief. Das Licht des Bahnhofs ließ sie die Augen zusammenkneifen, der schmutzige Boden flog unter ihren schnellen Schritten dahin. Wenige Menschen warteten auf dem Bahnsteig. Mia erkannte einen Werwolf, der sich hinter der Gestalt eines muskulösen Mannes in Bauarbeitermontur verbarg, und wandte sich schnell ab. Ihr stand nicht der Sinn danach, zu nächtlicher Zeit mit einem Werwolf Bekanntschaft zu machen. Ihre letzte Begegnung mit diesen Kreaturen lag noch nicht lange genug zurück, als dass sie bereits vergessen hätte, wie gefährlich sie sein konnten.
    Sie spürte die Anspannung, die in der Luft lag, und sah die kaum merklichen Blicke der Menschen, die unruhig auf den Zug warteten. Sie hatten Angst, und Mia konnte es ihnen nicht verdenken. Seit Wochen kannten die Zeitungen des Landes kein anderes Thema mehr als die Toten von Paris, und auch wenn die Polizei fieberhaft nach dem Täter suchte und zahlreiche Medien die Bevölkerung in Sicherheit wogen, war eines den Menschen sonnenklar: Hier geschah etwas, für das sie keine Worte fanden, etwas Seltsames, Übernatürliches, das ihre festgefügte und scheinbar so sichere Welt zum Erzittern brachte.
    Die Metro

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