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Grim - Das Erbe des Lichts

Grim - Das Erbe des Lichts

Titel: Grim - Das Erbe des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Morden zu tun hatte, doch derartige Verdächtigungen lenkten unweigerlich die Aufmerksamkeit auf die Anderwelt, die versteckt vor den Menschen existierte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Menschen die richtigen Fragen stellen und der verborgenen Welt auf die Spur kommen würden, zu deren Schutz Grim als Schattenflügler und Präsident der Obersten Gargoyle Polizei verpflichtet war. Er musste schneller sein als die Menschen. Er musste herausfinden, was sich hinter den Morden verbarg, und das nicht nur im Interesse der Anderwelt. Auch die Menschen bedurften seines Schutzes — die Menschen, in deren Welt er als Hybrid zumindest zur Hälfte gehörte. Seit jeher hatte er sie vor den Gefahren bewahrt, die in den Schatten der Anderwelt lauerten, und spätestens seit dem Auftauchen eines jungen Mädchens in seinem Leben vor etwa einem Jahr war diese innere Verpflichtung noch fühlbarer für ihn geworden. Ein Schauer aus Wärme flutete seinen Körper, als er an Mia dachte, doch gleich darauf kehrte die Anspannung mit lähmender Kälte zurück.
    Grim löste sich von der Brüstung und zog seinen Pieper aus der Tasche. Keine Nachricht von einem der Schattenflügler, die wachsam durch die Nacht streiften und nur darauf warteten, den Mörder zu erwischen — jenen Mörder, der vielleicht gerade in diesem Augenblick ein neues Opfer fand. Unruhig begann Grim auf und ab zu gehen. Er beschwor die Gesichter der Toten herauf, die auf Fotos gebannt die Pinnwand seines Büros bedeckten und ihn bis in seine Träume verfolgten. Die Menschen waren blutleer gefunden worden, und als wenn das allein nicht schon schlimm genug wäre, hatte der Mörder ihnen die Augen herausgerissen. Niemals zuvor in seinem Leben hatte Grim in eine Finsternis geblickt wie in jene, die in den leeren Augenhöhlen der Toten lag. Männer waren unter den Opfern, Frauen und Kinder — es gab kein Muster, keine versteckten Hinweise auf den Täter, keine noch so winzige Spur. Nur eines stand fest: Die Opfer hatten bei der Entnahme ihres Blutes noch gelebt. Sie waren erst gestorben, nachdem der Täter sie vollkommen ausgesaugt hatte, und wiesen keinerlei Verletzungen des Körpers auf, durch die das Blut hätte entweichen können. Somit musste der Mörder über eine besondere Art der Magie verfügen, mit deren Hilfe er das Blut aus den Körpern seiner Opfer gesogen hatte. Doch weder den Stielaugen von der Spurensicherung noch den gargoylschen Wissenschaftlern und Alchemisten war es bisher gelungen, Rückstände dieser Magie in den Leichen festzustellen. Es war, als wären sie einem Phantom auf der Spur.
    Das schrille Geräusch seines Piepers ließ Grim zusammenfahren. Noch während er die Nachricht überflog, breitete er die Schwingen aus und erhob sich in die Luft. Die Schneeflocken umgaben ihn wie Sternenschwärme, als er über die Île de la Cite seinem Ziel entgegenflog, doch er nahm sie kaum wahr. In rasender Geschwindigkeit glitt er über die Häuserzeilen des Quartier Necker dahin und landete lautlos in einer schmalen Seitengasse nahe des Gare Montparnasse. Mehrstöckige Häuser erhoben sich wie aus Blei gegossen zu beiden Seiten in die Nacht und ließen die Gasse in einen verwahrlosten Hinterhof enden. Raureif knirschte unter Grims Füßen, als er auf die beiden Schattenflügler zuging, die ihm aus der Dunkelheit der Gasse entgegenkamen. Sie hatten die Gestalt von plattnasigen Teufeln mit winzigen Flügeln auf dem Rücken und waren eindeutig noch relativ jung. Grim erkannte sie als Rekruten in der Ausbildung, und er sah deutlich die Pflichtergebenheit in ihren Augen, als sie Haltung annahmen.
    »Wenn ihr vor eurem König dastehen sollt wie die Zinnsoldaten, ist das eine Sache«, grollte Grim leise. »Aber ich bin ein Schattenflügler genau wie ihr, und ich werde den Teufel tun und erwarten, dass ihr einen Stock verschluckt, nur weil seit einem Jahr
Polizeipräsident
vor meinem Namen steht. Also steht bequem und erzählt mir, was passiert ist.«
    Mit diesen Worten wandte er sich von den Rekruten ab und ging die Gasse hinauf. Überdeutlich nahm er den süßlichen Geruch von Tod wahr, der ihm vom Wind entgegengetragen wurde und ihm das Gefühl gab, sich beeilen zu müssen, obwohl er wusste, dass er nichts mehr ändern konnte. Er war zu spät gekommen.
    Die Rekruten folgten ihm eilfertig und begannen mit ihrem Bericht. »Wir patrouillierten in der Nähe der Rue d'Arsonval, als wir die Kälte fühlten. Als wir ankamen, war alles so, wie es jetzt ist.«
    Grim hob

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