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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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beinahe erschrak, als sie seine gewohnte Stimme hörte. Verlegen wandte sie sich ab.
    »So ist das also«, murmelte sie, um überhaupt etwas zu sagen.
    Grim zog eine Sonnenbrille aus seiner Manteltasche, und sie sahen zu, wie Remis sich lautlos in einen grünen Kakadu verwandelte.
    »Es gibt Schlimmeres«, krächzte der, als er auf Mias Schulter flog. »Aber es ist alles andere als einfach, auf diesen Krallenbeinen zu stehen.«
    Sie verließen die Gasse, und Mia ertappte sich dabei, wie sie unauffällig zu Grim hinübersah. Die Täuschung war perfekt. Niemals hätte sie diesen Mann für einen Gargoyle gehalten. Sie erreichten den Bahnhof, und Mia meinte für einen Moment, ihren Augen nicht zu trauen. Eine der Frauenstatuen an der Fassade winkte Grim, sie zwinkerte ausgelassen und warf ihm eine Kusshand zu. Eifersüchtig begutachtete sie Mia, dann wurde sie wieder zu Stein. Grim lachte leise, als er Mias Blick bemerkte.
    »Eine alte Freundin«, sagte er nur.
    Sie gelangten auf den Bahnsteig der Linie I und mussten auf die nächste Metro Richtung La Défense warten. Mia fühlte, wie die Leute sie anstarrten, und es dauerte eine Weile, bis sie erkannte, dass es in Wahrheit der grüne Kakadu war, der ihre Aufmerksamkeit erregte. Remis schien es sichtlich zu genießen. Er trat von einem Bein aufs andere, stellte seinen Kamm auf und sang ein scheußliches Lied nach dem anderen.
    Die Metro fuhr ein, und als Grim in den Waggon stieg, sackte dieser ein wenig zur Seite. Unsicher sah Mia sich um, doch niemand schien Notiz davon zu nehmen. Nur zwei junge Mädchen schauten Grim interessiert an und begannen zu kichern, als er in ihre Richtung sah. Offensichtlich machte er in seiner menschlichen Gestalt keinen schlechten Eindruck auf weibliche Wesen. Aber das schien ihn nicht zu interessieren. Er starrte geradeaus und tippte mit dem Daumen gegen die Haltestange. Dann legte er Mia die Hand auf die Schulter. Kurz darauf flackerten die Lampen — und der Zug hielt. Mia sah sich um. Die Menschen um sie herum waren in ihren Bewegungen erstarrt, als hätte jemand die Zeit angehalten. Ein ziemlich dickes Kind drängte sich an ihr vorbei, sie erkannte erst auf den zweiten Blick, dass sich ein Gnom hinter den Pausbacken verbarg. Verwundert ließ sie sich von Grim aus dem Zug schieben, der gleich darauf weiterfuhr.
    »Wie ...«, begann sie, doch Grim lächelte.
    »Magie«, erwiderte er nur.
    Sie liefen durch einen langen Tunnel, der im Gegensatz zu den Tunneln des Menschenmetronetzes außerordentlich sauber war. Überall blitzten Steinchen in den Wänden, und auf dem Boden gab es kunstvolle Mosaike. Doch auch hier hockten zusammengesunkene Gestalten auf dem Boden. Der einzige Unterschied zu den Obdachlosen der Oberwelt war der, dass diese hier nicht menschlich waren. Sofort dachte Mia, wer wohl darauf erpicht war, die Tunnel rein zu halten — und ob auch hier unten die Obdachlosen aus den warmen Gängen vertrieben wurden, weil sie das saubere Bild störten.
    Sie erreichten den Bahnsteig zeitgleich mit einem Zug, der aussah wie eine Riesenausgabe eines antiken Modellbausatzes. Mia betrachtete staunend die hölzernen Verkleidungen und die verschnörkelten Fenster. Ein Schaffner in schwarzer Uniform sprang aus dem vordersten Abteil, pfiff durch eine goldene Trillerpfeife und schwenkte die Arme.
    »Deeeer Mitternachtszuuuuug«, rief er. »Bitte einsteigen, meine Damen und Herren, einsteigen, alle miteinander!«
    Mia drängte sich hinter Grim in den Zug. Um sie herum saßen bleiche Gestalten mit ungewöhnlich dunklen Augen, allesamt überaus schweigsam. Einige warfen ihr verärgerte Blicke zu und rümpften die Nase. Der Zug hielt, und zwei der Anwesenden stürzten mit der Hand vor dem Mund an ihr vorbei, als wäre ihnen übel. Dabei ging eine eigentümliche Kälte von ihnen aus. Der Schreck kam so plötzlich, dass Mia die Luft einsog. Sie packte Grim am Arm.
    »Vampire«, zischte sie und schaute bedeutsam in die Runde.
    Grim verzog den Mund zu einem Grinsen. »In der Tat. Die Blutsauger sind Snobs, das waren sie schon immer. Sie halten sich für etwas Besseres und verfügen über ein eigenes Metronetzwerk, das um ein Vielfaches schneller ist als das der Menschen. Außerdem müssen die Vampire so auf ihren Fahrten durch die Stadt normalerweise weder Menschen noch Anderweltler ertragen — abgesehen von ihrer eigenen Spezies, selbstverständlich.«
    Ohne ein Wort zu sagen, zog er sie bei dem nächsten Halt aus dem Zug. Erneut liefen sie durch

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