Grim - Das Siegel des Feuers
an. Er seufzte. Er hatte Wichtigeres zu tun, als sich um die Befindlichkeiten seines Körpers zu scheren, verdammt noch mal!
»In Ordnung«, sagte Mia leise. »Scheint fast so, als wären wir da, wo wir hinwollten.«
Sie war blass geworden, aber in ihren Augen lag keine Spur von Angst. Sie zog die Karte aus ihrer Tasche. Angestrengt fuhr sie mit dem Finger über eine für Grim unsichtbare Linie und entfernte sich einige Schritte. Grim wollte ihr folgen, doch Remis hielt ihn zurück.
Mit todernster Miene flog der Kobold ihm vor die Nase. »Du musst sie darum bitten«, flüsterte er energisch.
Grim wusste sofort, worum es ging, aber er dachte gar nicht daran, sich auf diese Diskussion einzulassen. Er machte ein verständnisloses Gesicht, doch bevor eine abfällige Bemerkung über seine Lippen gekommen war, wurde er von trockenem Husten geschüttelt. Er schmeckte Blut. Seufzend wischte er sich den Mund und warf Mia einen Blick zu, die konzentriert auf die Karte schaute und offenbar nichts von seinem Anfall mitbekommen hatte. Remis hingegen hatte das Blut ganz genau gerochen und riss erschrocken die Augen auf.
»Ich weiß, dass es nicht ungefährlich ist«, flüsterte der Kobold hektisch. »Die Menschen verlieren sich in der Dunkelheit, wenn ihr ihnen die Träume nehmt, und ...« Er wischte durch die Luft und schüttelte sich, als wollte er die Worte aus sich herausschleudern. »Und mir ist auch klar, dass du ihre Träume nicht willst. Ich weiß genau, was für ein Krampf es war, jedes Mal, wenn du in die Sammelstation gehen musstest — du hast es immer gehasst. Aber sie ...«
Da platzte Grim der Kragen. »Zur Hölle noch eins, Remis!«, grollte er und musste sich anstrengen, um leise zu sprechen. »Ich werde den Teufel tun und sie um ihre Träume bitten! Ich bin schon viel zu weit gegangen! Siehst du nicht, was hier los ist? Fällt dir nicht auf, wie sie mich ansieht?«
Remis warf einen beiläufigen Blick zum Himmel. »Und du sie, würde ich meinen ...«
Grim fuhr sich über die Augen. »Sie ist ein Mensch, verstehst du? Ich bin ein Gargoyle!« Er hob die Klauen und hielt sie so weit auseinander, wie es ihm möglich war. Er sah Remis entschieden an, doch der Kobold schob nur aufsässig das Kinn vor.
»Ja«, flüsterte er gedehnt. »Ausgerechnet du, der nie wieder einem Menschen nahekommen wollte, lässt dich auf einen von ihnen ein — mir ist schon klar, dass dich das in Konflikte stürzt! Ich war derjenige, der dich davor bewahren wollte, erinnerst du dich? Aber jetzt wird es Zeit, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen! Du kannst dich nicht länger gegen das wehren, was du bist und fühlst. Du fürchtest dich davor, nicht mehr zurückzukönnen, wenn du erst ihre Träume ...«
Ehe er den Satz beenden konnte, hatte Grim ihn geschnappt und schüttelte ihn hin und her. »Mir ist klar, dass du in deiner rosaroten Koboldromantikwelt nicht weiterleben kannst, wenn die Geschichte zwischen ihr und mir nicht mit einem blinkenden Herzaufkleber versehen wird«, zischte er. »Aber das geht dich nichts an, verstanden? Und ich kann nicht ...«
In diesem Moment kam Mia zu ihnen zurück und sah sie erstaunt an. Schnell ließ Grim Remis frei, der ihm böse Blicke zuwarf.
Mia schaute von einem zum anderen und beschloss offensichtlich, sich nicht für ihre Sperenzchen zu interessieren. Sie hob die Hand mit der Karte und deutete in eine Richtung. »Das Pantheon«, sagte sie. »Dort liegt das Zepter der Yartholdo.«
Ohne zu zögern, machte sie sich auf den Weg. Remis hockte sich auf ihre Schulter und spähte ängstlich von links nach rechts. Grim ging dicht hinter ihnen. Er durfte sich jetzt nicht ablenken lassen. Er spürte sie genau, die lauernden Blicke in den Ruinen, und er hörte deutlich die scharrenden Klauen, die ihnen über die Häuserdächer nachliefen. Aber das, was ihn noch mehr beunruhigte als die Dämonen, die nach ihren Körpern gierten, verbarg sich tiefer in der Finsternis. Dort schlich ihnen jemand nach, beobachtete und belauschte sie, jemand, der nicht an diesen Ort gehörte. Grim konnte den Schweiß auf der Haut ihres Verfolgers riechen, und er witterte den Duft von Fleisch und Blut. Derjenige, der ihnen folgte, war ein Mensch.
Kapitel 44
ia ging der goldenen Linie nach, die sich in einem Gewirr aus dunklen Gassen über die Karte hinzog und am Ende in einen roten Stern mündete, der die Konturen des Pantheons durchschimmern ließ. Die Via dei Fori Imperiali, über die sie gingen, war verwaist. Aufgebrochene
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