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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Autos standen an den Rändern, einige ausgebrannt, andere ohne Reifen und mit eingeschlagenen Scheiben. Ab und zu huschten dunkle Gestalten über die Straße, sogen gierig die Luft ein und verschwanden, sobald sie Grim bemerkten. Das blutige Licht des Himmels flackerte auf den Ruinen des Forum Romanum. Mia hatte sich eine Zeit lang für die römische Kultur interessiert und immer vorgehabt, sich diese Stätte einmal anzusehen — nie hätte sie erwartet, dass es unter diesen Umständen sein würde. Sie ließ den Blick über die Säulen und Mauerreste zu ihrer Linken gleiten. Abrupt blieb sie stehen. Grim lief ihr fast in die Hacken und fluchte, doch sie achtete kaum darauf. Sie starrte angestrengt hinauf zu den Rundbögen der Maxentiusbasilika — oder dem, was noch davon übrig war. Sie hätte schwören können, gerade einen Schatten darin gesehen zu haben. Doch nun, da sie genauer hinschaute, war er verschwunden.
    Beunruhigt warf sie Grim einen Blick zu. Auch er schien etwas bemerkt zu haben, denn er sah sich wachsam um. Plötzlich wurde er von heftigem Husten geschüttelt. Er hob die Hand vor den Mund. Erschrocken sah Mia, dass Blut zwischen seinen Fingern hervorquoll. Sie berührte ihn am Arm, doch er winkte ab. Schwer atmend schüttelte er den Kopf und bedeutete ihr, den Weg fortzusetzen. Mia wandte sich ab, aber sie konnte kaum atmen, solche Sorgen machte sie sich. Noch nie hatte sie Grim so verletzlich gesehen. Ihm fehlten die Träume, das war ihr klar, und vermutlich hatte sich auch der Streit zwischen ihm und Remis gerade eben um dieses Thema gedreht. Sie sah ihn von der Seite an.
    »Ich bin ein Mensch«, sagte sie leise.
    »Ach was«, erwiderte er ein wenig heiser. Er lächelte, aber selbst diese Geste wirkte traurig und kraftlos.
    Sie blieb stehen und sah ihn ernst an. »Du bist krank, weil du nicht mehr träumen kannst. Warum nimmst du nicht ...«
    Er stieß so entschlossen die Luft aus, dass sie verstummte. »Unsinn«, grollte er. »Noch geht es mir ausgezeichnet. Ich habe schon Schlimmeres überstanden. Wir holen jetzt dieses verfluchte Zepter und stoßen Seraphin von seinem Thron, und dann wird alles wieder gut, klar?«
    Mia hatte tausend Erwiderungen auf der Zunge, und sie sah, wie Remis sie bittend anschaute. Aber in Grims Blick lag etwas, das keinen Widerspruch duldete. Er würde ihre Träume nicht nehmen, ganz gleich, was sie sagen oder tun würde. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Aber so einfach würde sie es ihm nicht machen. Sie würde schon einen Weg finden, um diesen Sturkopf ... In diesem Moment schob sich am Ende der Straße ein Gebäude in ihr Blickfeld. Es wurde von grünem Licht bestrahlt, und aus irgendeinem Grund musste Mia an einen faulenden Zahn denken. Dabei war das Bauwerk überaus prunkvoll. Eine majestätische Treppe führte hinauf zu einem erleuchteten Säulengang und wurde von Brunnen flankiert, aus denen schwarzes Wasser sprudelte. Die steinernen Figuren auf den Absätzen und Emporen wirkten so lebendig, dass Mia für einen Moment glaubte, es mit Gargoyles zu tun zu haben. Dann sah sie die reglosen Totenaugen, mit denen die Statuen in die Dunkelheit starrten. Vielleicht steckte etwas in ihnen — aber lebendig war es nicht.
    »Von oben wird das Ding aussehen wie eine Schreibmaschine«, murmelte Grim. Verächtlich schüttelte er den Kopf, öffnete den Mund, um noch etwas zu sagen — und erstarrte in seiner Bewegung. Angespannt schaute er zu den Straßenzügen hinüber, die sich von der Piazza Venezia fortbewegten, auf der sie standen. Mia konnte nichts sehen als die Ruinen der Häuser — aber sie hörte, dass sich etwas näherte. Es klang wie das Summen unzähliger Bienen. Remis sog auf ihrer Schulter die Luft ein, während sie sich umsah. Der Platz war riesig. Sie standen wie auf dem Präsentierteller — als wären sie auf einen Opferaltar gesprungen. Das Summen schwoll an, für einen Moment meinte sie, kreischende Stimmen und das knisternde Flattern von Insektenflügeln zu hören.
    Grim packte sie an der Schulter. »Weg hier!«
    Er durchbrach das metallene Gitter vor der Schreibmaschine, und sie stolperte hinter ihm die Treppe nach oben. Der Boden vibrierte unter ihnen, sie warf einen Blick über die Schulter — und erstarrte. Eine riesige Flutwelle aus unzähligen schwarzen Moskitoleibern rollte aus den Straßen auf sie zu. Gleichzeitig sprang einer der steinernen Löwen vom Geländer und warf Grim zu Boden. Mia schrie, als zwei eiskalte Arme sie umfassten und ihr

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