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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Ritual. Sie zog drei Steine aus ihrer Tasche, einen Amethyst, einen Rosenquarz und ein Stück Bernstein, legte sie mit leisen Beschwörungen auf die Stufe, zeichnete verschlungene Buchstaben in die Luft — und erstarrte. Auch Grim hielt den Atem an, und Remis flog aufgeregt auf seine Schulter. Mias Finger glühten in rotem Feuer. Die Buchstaben, die sie zeichnete, blieben für einen Moment in der Luft hängen, ehe sie in einem knisternden Funkenregen zu Boden fielen. Ein Lächeln flog über ihr Gesicht, als sie fortfuhr. Sie trat in die Mitte ihres Steinkreises und breitete die Arme aus. Die Steine erhoben sich in die Luft und begannen, in rasendem Tempo um sie herumzufliegen. Mia hatte die Augen geschlossen, ihre Lider flatterten, aber ihre Stimme war klar und fest. Grim merkte, dass er vor Anspannung die Klaue in die Treppenstufe gekrallt hatte. Mit einem Knall zersprangen die Steine in gleißendem Licht. Ihre Splitter glühten in der Nacht, und für einen Moment wurde das Kolosseum von grünem Licht überzogen. Dann war alles wie zuvor — oder doch nicht? Prüfend schaute er zum Eingang. Irgendetwas hatte sich verändert.
    »Die Gitter.« Mia trat neben ihn. »Gerade eben haben sie das Kolosseum noch verschlossen. Jetzt sind sie verschwunden.«
    Remis schluckte hörbar. »Sieht nicht so aus, als wären wir in einer anderen Welt, oder?«
    Grim zog die Brauen zusammen. »Aber Dinge verschwinden nicht einfach so. Irgendetwas stimmt hier nicht.«
    Vorsichtig stiegen sie die Stufen und Treppen hinab und verließen das Kolosseum. Alles sah genau so aus wie zuvor. Nur der Regen hatte nachgelassen und fiel nun in langen, dürren Fäden vom Himmel. Grim überquerte die Piazza del Colosseo und blieb vor dem Konstantinsbogen stehen. Auch hier gab es keine Absperrungen mehr, aber er fühlte, dass das nicht die einzige Veränderung war. Nachdenklich ließ er seinen Blick über den Platz schweifen, als ihm die Erkenntnis kam.
    »Die Menschen«, flüsterte Mia im selben Moment. »Die Menschen sind verschwunden!«
    Kaum hatte sie das gesagt, hörte Grim etwas über sich, nicht mehr war es als ein zischender Luftzug. Er fuhr herum, doch es war schon zu spät. Eine dunkle Gestalt sprang vom Konstantinsbogen und landete auf Grims Rücken. Er fiel auf die Knie und spürte spitze Nägel in seinem Fleisch. Fauliger Atem schlug ihm entgegen. Angewidert griff er hinter sich und riss eine magere Gestalt mit ledriger Haut von seinem Rücken. Es war ein Dämon, ein Holoklit, der seinen menschlichen Wirt zugrunde gerichtet und dessen verbrannten Körper nach eigenen Vorlieben eingerichtet hatte. Seine weißen Augen waren von klebrigen Spinnweben überzogen, und als er den Mund aufriss, drangen borstige Insektenfühler aus seinem Rachen und griffen nach Grims Kehle. Im letzten Moment packte Grim den Dämon am Schädel und schickte blaues Feuer durch seinen Leib. Er heulte vor Schmerzen. Grim schleuderte ihn zu Boden, wo er auf allen vieren aufkam und schnell wie eine Eidechse das Weite suchte.
    Im selben Moment zerriss ein ohrenbetäubender Knall die Luft, dicht gefolgt vom heftigen Donnern eines Gewitters. Instinktiv zog Grim Mia unter den steinernen Bogen. Er wollte sie ansehen und sich vergewissern, ob alles mit ihr in Ordnung war — doch er konnte den Blick nicht vom Himmel abwenden. Die Wolken rissen auf, und dahinter loderten Flammen. Schatten flogen durch die Luft, es war, als hätte der Donner sie gerufen. Mia griff nach seinem Arm und deutete auf die Häuser nicht weit von ihnen. Das Feuer des Himmels warf sich in blutrotem Schein auf ihre Dächer — oder auf das, was von ihnen übrig war. Grim fuhr sich über die Augen. War er verrückt oder blind geworden? Gerade eben noch hatten die Gebäude vollkommen normal ausgesehen — und jetzt waren sie kaum mehr als Ruinen. Die Wände waren eingestürzt, einige Dächer hatten sämtliche Schindeln verloren, und überall krochen Schatten durch das rote Zwielicht.
    Grim fühlte die Krallen des mickrigen Angreifers noch in seinem Nacken. Das war nicht der einzige Dämon gewesen in dieser neuen Welt. Er hörte hohle, schrille Schreie, die durch die Häuserschluchten hallten, und er spürte die Gier von anderen Dämonen, die sie aus den Schatten heraus anstarrten. Er würde nicht mit allen gleichzeitig fertig werden, so viel stand fest — schon gar nicht in seinem Zustand. Er spürte einen Druck in der Lunge, der ihm das Atmen schwer machte, und die Kopfschmerzen nahmen sadistische Züge

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