Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
Vom Netzwerk:
Körper gegen ihn, wieder hörte er Seraphins Stimme.
Du — hast mich — verraten!
Doch dieses Mal wusste er, dass der Schatten, der sich vor Pedro warf, das Kind war. Sein Blut war es, das an Seraphins Händen klebte, als das Tuch zerriss. Doch die Vision endete nicht. Grim sah, wie Pedro sein sterbendes Kind in den Armen hielt, wie er Seraphin einen gewaltigen Feuerzauber entgegenschleuderte und ihn in die Flucht schlug. Pedro weinte. Er strich seinem zitternden Sohn das Haar aus der Stirn, er sprach zu ihm, so leise, dass Grim ihn nicht verstehen konnte. Dann hob Pedro den Blick, schnell wie eine Schlange vor ihrer Beute. Er betrachtete Grim, und Grim schaute zurück durch den Schlitz im Vorhang, schaute ihn an aus seinem verwundeten Auge und sah den Entschluss in Pedros Gesicht aufflammen.
    »Einmal noch«, hörte er ihn murmeln. »Aus weißem Stein erschuf ich jenen. Nun werde ich ihn ins Leben rufen, schwarz wie die Nacht, ja, ein Kind der Finsternis, auf dass Unschuld aus den Schatten erblühe. Nur einmal noch. Für dich, nicht wahr? Für dich ...« Wieder strich er seinem Sohn über die Stirn. Im nächsten Moment ging ein Riss durch Grims Bewusstsein, und alles wurde schwarz.
    Schwer atmend kam er in der Höhle zu sich. Pedro hatte sich von ihm abgewandt. Jetzt warf er ihm einen Blick zu. »Ich bin nicht verrückt geworden, wie die Gargoyles glauben. Ich habe ihnen die Zepter freiwillig überlassen. Und dich ... Ich setzte dich auf dem Ätna aus, und du glaubtest von da an, ein Gargoyle zu sein, da ich dir die Träume nahm und dich vergessen ließ, was vorher war.«
    Grim kam auf die Beine. Er fühlte sich zum Bersten mit etwas gefüllt, das verteufelt nach Wut schmeckte. »Verflucht!«, brüllte er so laut, dass seine Stimme in der Höhle widerhallte. »Mein ganzes verdammtes Leben lang dachte ich, ich sei ein Gargoyle, ein Vulkangeborener, zum Teufel noch mal! Und jetzt kommst du und erzählst mir, du seist mein ... mein Vater! Ich fasse es nicht! Pedro von Barkabant ist mein Vater!« Er verfiel in hysterisches Lachen und konnte nicht aufhören, bis er Tränen in den Augen hatte. Er sah Pedro an. Am liebsten hätte er den Alten mit dem Kopf zuerst in eines dieser feuerspuckenden Löcher gesteckt, aber etwas hielt ihn davon ab. Wenn er ehrlich war, empfand er fast so etwas wie Mitleid mit ihm, aber er wehrte sich nach Kräften gegen dieses Gefühl. Dann traf ihn eine zweite Erkenntnis mit solcher Wucht, dass er sich setzen musste.
    »Ich bin ...«, begann er, doch mitten im Satz versagte seine Stimme.
    Pedro nickte. »Du bist ein Hybrid, Grim«, erwiderte er leise.
    »Die Worte
nephrator aphraton
geben dir Hybridgestalt. Teufelskind — Engelsblut, das ist deine Losung. Sprich die Worte
nadem grhono Engelsblut,
um menschliche Gestalt anzunehmen, und
nadem kiron Teufelskind,
wenn du wieder zu einem Gargoyle werden willst.«
    »Schlafe, Stein — schlafe, Fleisch«, murmelte Grim leise. Eine Weile schaute er vor sich hin. Er konnte es nicht fassen. Er war tot. Er war ein Hybrid. Was kam als Nächstes? Eine geheime Mitgliedschaft bei den Taubenfreunden? Er starrte auf den Boden, als wäre er an einem Abgrund angekommen, an dem er nicht mehr weiter konnte. Entschlossen hob er den Blick. Ein letztes Mal sog er kühle Luft in seinen steinernen Brustkorb.
    »Nadem grhono — Engelsblut«, grollte er dann. Er schloss die Augen und spürte, wie eine angenehme Kühle in ihm aufstieg. Mit leisem Knistern zog sich seine steinerne Haut zurück, ohne dass es ihn schmerzte, und sein Körper wurde ganz leicht. Dann streifte ihn Wärme wie bei einer Umarmung, und er öffnete die Augen. Das Erste, was er sah, waren seine Hände. Sie waren feingliedrig und von einer weichen Haut überzogen. Hingerissen drehte er sie im Feuerschein der Höhle. Vorsichtig fuhr er sich mit den Händen übers Gesicht — zart war es, und sein Haar war weich wie Tücher aus Seide. Seine Ohren rauschten von all den Geräuschen, die sein Körper machte.
    Da trat Pedro zu ihm und gab ihm eine polierte Spiegelscherbe. Grim hielt sie sich vors Gesicht und schaute einem Fremden in die Augen — und gleichzeitig schien es ihm, als würde er sich zum ersten Mal wirklich ansehen. Seine Augen waren schwarz wie zuvor, doch seine Züge lagen in aristokratischer Schönheit, weich und doch hart. Noch immer lief die Narbe über sein rechtes Auge, kaum mehr als ein blasser weißer Strich, und sein Haar fiel ihm in sanften Strähnen in die Stirn. Hingerissen

Weitere Kostenlose Bücher