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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Jakob die Luft ausstieß. »Du kennst noch nicht alle Geschöpfe der Anderwelt«, erwiderte er. »Der Legende nach hat Luzifer sich, als er die ersten Gargoyles schuf, an den Menschen ein Beispiel genommen. Daher sind die ersten Gargoyles anatomisch menschenähnlich geworden, und bis heute haben Gargoyles Organe wie wir, Herz, Lunge, Magen ... Zum Beginn der Zeit unterschieden sich die beiden Völker nicht in dem Maße, wie es heute der Fall ist, und zu jener Zeit entstanden die ersten Mischlinge — heute werden sie abfällig als Hybriden bezeichnet.«
    Mia ließ sich auf dem Baumstamm nieder, hinter dem sie sich eben noch versteckt hatte. »Hybriden ... Vraternius hat von ihnen gesprochen.«
    »Ja«, erwiderte Jakob. »Doch schon damals waren die Hybriden nicht gern gesehen, denn während die Menschen sich aufgrund ihrer Stärke vor ihnen fürchteten und sie in Schauprozessen hinrichten ließen, wenn sie ihrer habhaft werden konnten, beneideten die Gargoyles sie: Denn die Hybriden waren nicht nur unsterblich und magiefähig wie sie selbst, sondern besaßen auch die Traumfähigkeit der Menschen. So wurden sie seit jeher auch von den Gargoyles verfolgt und schließlich versklavt. Ja, ein Sklavenvolk ist aus ihnen gemacht worden. Bis heute werden die offiziell geborenen Hybriden automatisch in den Stand eines Sklaven versetzt. Ihre magische Kraft wird durch ein Halsband gebannt, das offiziell zeigt, bei welchem Herrn sie in Diensten stehen — doch nebenbei unterdrückt es auch die magischen Fähigkeiten. Das ist der Grund, warum viele Hybriden als sogenannte Rebellen im Untergrund leben — nur dort können sie sein, wer sie sind.«
    Mia konnte hören, dass Jakob wütend war. Sie selbst schüttelte nachdenklich den Kopf. Wie war es möglich, dass diese schönen, stolzen Gargoyles so etwas Rückständiges wie Sklaverei betrieben? Gedankenverloren hob sie den Blick und stellte zu ihrem Erstaunen fest, dass eine Hütte auf der Lichtung aufgetaucht war, wo eben noch die Elfen getanzt hatten. Davor saß eine Familie an einem Holztisch beim Abendessen. Kaum hatte sie den Blick gewandt, wurde sie von den vier Kindern bemerkt. Freundlich winkten sie ihr zu. Zögernd ging sie näher und setzte sich auf den Platz, den ein kleiner Junge ihr anbot. Er hatte braunes Haar und dunkle blaue Augen, und er sagte etwas zu ihr, das sie nicht verstand. Sie zuckte die Achseln. Da reichte der Kleine ihr ein Stück von dem Kuchen, der in der Mitte des Tisches stand.
    »Er wird nach Luft schmecken«, hörte sie Jakobs Stimme. »Denn mehr als Luft ist es ja nicht. Aber das macht nichts.«
    Lächelnd nahm Mia ein Stück Kuchen in die Hand. Er fühlte sich an, als wäre er wirklich, doch als sie ihn in den Mund schob, spürte sie nur prickelnde Luftblasen. Sie hielt den Daumen nach oben zum Zeichen, dass er sehr gut schmeckte, und der Junge strahlte übers ganze Gesicht. Und da bemerkte sie es, dieses Flackern in seinen Augen. Er war kein Mensch, das wusste sie jetzt — er hatte Gargoyleblut in den Adern. Er war ein Hybrid. Im selben Moment brach etwas durch die Bäume.
    Mia fühlte, wie sie zurückgerissen wurde. In einiger Entfernung landete sie auf dem Boden und sah, wie sich in schwarze Roben gehüllte Gargoyles auf die Familie stürzten. Der Vater der Kinder wurde von einem gewaltigen Feuerball getroffen und verbrannte in rasender Geschwindigkeit bei lebendigem Leib. Mia wollte der Familie helfen, aber sie konnte sich nicht bewegen, irgendetwas hielt sie am Boden fest. Schreckensstarr musste sie zusehen, wie die Gargoyles die Kinder töteten und dem Kleinsten, der sich schützend vor seine ermordete Mutter werfen wollte, das Genick brachen. Kaum hatten die Gargoyles ihr Werk vollbracht, erhoben sie sich in die Luft und verschwanden.
    Mias Magen zog sich zusammen. Ihre Hände zitterten. Jakobs Stimme klang heiser, als er fortfuhr: »Früher wurden Hybriden, die sich den Gargoyles nicht unterwarfen, ermordet. Die Gargoyleinquisition fand sie alle — ganz gleich, ob sie sich in Mensch- oder Gargoylegestalt verbargen, denn dies ist eine Gabe der Hybriden: Als Mischlinge können sie die eine wie die andere Gestalt annehmen.«
    Die Fesseln um Mias Körper lösten sich, taumelnd kam sie auf die Füße und ließ sich neben dem kleinen Jungen fallen. Seine Augen waren geöffnet, aber er sah sie nicht mehr. Und da, leise und knisternd, verwandelte sich seine linke Gesichtshälfte in Stein. Gerade wollte sie seine Wange berühren, als gleißend

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