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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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eigenen Schmerz. Lautlos entfernte Mia sich vom Grab und ging zu den Birken hinüber. Die Luft summte, als würde sie unter Strom stehen. Erst schemenhaft, dann immer deutlicher zeigte sich eine Gestalt zwischen den Bäumen. Mia stockte der Atem.
    Vor ihr stand der Mann vom Friedhof — der Mann aus der Feenwelt.
    Wieder war er ganz in Schwarz gekleidet, doch seine Haut wirkte aus der Nähe durchscheinend wie ein Geflecht aus Glas und zarten Adern. Er schaute sie an, seine Lippen waren zu einem schmerzvollen Lächeln verzogen. Zerrissene Wolken zogen über den Himmel hin, der sich über der trostlosen Ebene in seinen Augen erhob.
Es gibt mehr als eine Welt.
Jakobs Stimme klang so deutlich in Mias Kopf, dass sie fast meinte, er stünde neben ihr. Ihre Kehle zog sich zusammen. Der Feenmensch hob die Hand. Sie tat es ihm gleich. Ihre Finger näherten sich einander, sie fühlte eisige Kälte an der Handfläche. Mit klopfendem Herzen berührte sie seine Finger. Es war ein Gefühl, als tauchte sie die Hand in Eiswasser. Sie sah ihm in die Augen. Es schien ihr, als würde sie sich kopfüber in ein Meer aus Finsternis stürzen. Langsam glitt eine schwarze Träne seine Wange hinab. Dann zerbrach sein Bild, und er war verschwunden.
    Mit einem Schlag kehrten die Geräusche zurück. Überdeutlich hörte Mia die Stimme des Pfarrers, das Rauschen der Blätter, die in der Ferne vorbeifahrenden Autos. Das Leben ging weiter — nur sie war mit Jakobs Tod von diesem Zug abgesprungen. Nun stand sie am Rand mit einem bitteren Geschmack im Mund, als hätte sie auf einmal begriffen, wie absurd das Leben war und wie wenig sie dagegen tun konnte.
    Erzähle niemandem etwas davon.
Eisig fuhr ihr der Wind ins Gesicht, doch sie fühlte es kaum. Sie stand unter den Birken — allein. Und nur sie hörte das Flüstern, das durch die Bäume ging wie der Gesang aus einer fernen Welt. Dann setzte der Regen ein.

Kapitel 19

    er unscheinbare metallene Quader stand mitten im Raum und hatte verschiedene Knöpfe, die scheinheilig in sanften Farben blinkten. Aber Grim ließ sich nicht täuschen. Dieses Ding, das wusste er, war eine Erfindung des Teufels — mindestens! Langsam näherte er sich dem Gerät, ohne es aus den Augen zu lassen. Jedes Mal, wenn er es bedienen wollte, gab es Probleme. Er konnte diesen neumodischen Technikschnickschnack nicht ausstehen. Aber er hatte keine Wahl. Er musste Mourier von seinen Nachforschungen berichten. Seraphin und seine Anhänger waren gefährlich, die OGP musste etwas unternehmen. Grim seufzte. Aber zuerst musste er mit dieser verfluchten Technik zurechtkommen. Bei der ersten Tastenkombination fing der Quader an, seltsame Töne von sich zu geben — es klang in Grims Ohren wie Hohngelächter —, dann hüpfte er einige Male auf der Stelle und schließlich pfiff er laut und durchdringend, bis Grim durch puren Zufall die richtigen Knöpfe fand und jedes Geräusch verstummte. Stattdessen erschien eine grüne Lichtsäule neben dem Quader. Darin nahm eine Gestalt Konturen an. Innerhalb weniger Augenblicke stand Grim Mourier gegenüber. Nur ein schwaches Flimmern verriet, dass es sich bei dem Löwen um ein Hologramm handelte.
    »Oh«, sagte Mourier und gab sich keine Mühe, seine Überraschung zu verbergen. »Du hast den HIK aktiviert?«
    Grim stöhnte. Einigen Leuten sollte es verboten werden, sich Abkürzungen oder Namen auszudenken, und Mourier gehörte definitiv dazu. Hologrammerzeuger für Interaktive Kommunikation, kurz HIK — konnte es ein dämlicheres Wort geben?
    »Hier ist die Hölle los«, sagte Mourier und fuhr sich mit der Rückseite seiner Pranke über die Stirn. »Du kannst es dir nicht vorstellen. Jedes Hospital in der Stadt ist bis zum Rand voll mit kranken Gargoyles, gerade heute mussten sieben von ihnen in die Psychiatrie eingewiesen werden!«
    Grim zog die Brauen zusammen. »Folgen der Explosion der Sammelstation?«
    Mourier nickte. »Nicht nur diejenigen, die sich gerade innerhalb der Station befunden haben, sondern auch Anwohner und Passanten hat es erwischt. Die Energie der Träume hat sie schlicht und ergreifend geflutet! Einige sind vollkommen verrückt geworden, sie singen und tanzen rund um die Uhr. Andere sitzen einfach in einer Ecke und fangen plötzlich an, auf ihre Mitpatienten einzuprügeln. Ein paar haben sich zwar wieder erholt — aber dieser Vorfall treibt Ghrogonia an den Rand des Wahnsinns. Wir müssen die Station so schnell wie möglich wieder aufbauen, wenn es uns nicht an den

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