Grim - Das Siegel des Feuers
Moira, einer Freundin von mir. Kurz darauf ist sie gestorben, und die Hybriden haben begonnen, deinen Bruder zu verfolgen. Sie haben ihn gehetzt, aber er hatte einen Plan. Er wollte sie alle miteinander in schwarzem Feuer verbrennen. Doch sein Plan ging schief, denn die Hybriden entfalteten im letzten Moment ungeahnte Kräfte. Wie ich vor Kurzem erfuhr, sind es keine gewöhnlichen Hybriden — sie gehören einem Orden aus Schwarzmagiern an. Daher gebieten sie über Mächte, von denen selbst ich kaum eine Vorstellung habe. Dein Bruder hat etwas vor ihnen versteckt, ich vermute, dass es sich dabei um das handelt, was Moira ihm gegeben hat. Er hat sich das Leben genommen, damit sie ihm nicht auf die Spur kommen. Doch jetzt jagen sie dich.«
Er wandte sich um. Mia hatte die Arme um den Körper gezogen. Auf einmal war ihr eiskalt.
»Sie werden alles tun, um dich zu kriegen«, fuhr Grim fort, »und sie sind gefährlich. Du bist nicht unsere Gefangene. Natürlich kannst du jederzeit gehen.« Er machte eine Pause. »Aber da draußen suchen sie nach dir, da bin ich mir sicher, gerade jetzt, in diesem Moment.«
Mia schauderte. Langsam trat sie an den Rand des Turms und schaute in die Nacht. Sie spürte Grims Blick wie Flammen auf ihrem Gesicht. Leise fragte er: »Hat Jakob dir vor seinem Tod etwas gegeben?«
Nicht nur der Name ihres Bruders ließ sie zusammenfahren. In einem plötzlichen Reflex griff sie nach ihrer Manteltasche. Grim und Remis war ihre Geste nicht entgangen. Mia spürte ihr Herz in ihrer Brust. Wenn Grim beschließen sollte, sie zu berauben und ihren Kopf auf einen Pfahl zu spießen, würde sie sich bei einem Fluchtversuch vermutlich nur alle Knochen brechen. Andererseits hätte er ihr das Pergament schon längst wegnehmen können, inklusive der Kopf-auf-Pfahl-Geschichte, und er hatte es nicht getan. Jakobs Stimme klang in ihr wider.
Erzähle niemandem etwas davon.
Aber was sollte aus ihr werden, wenn sie sich daran hielt? Wie sollte sie allein herausfinden, was es mit diesem Paket auf sich hatte und warum die Hybriden sie verfolgten?
Sie warf Grim einen Blick zu. Konnte sie ihm trauen? Natürlich nicht. Schließlich kannte sie ihn überhaupt nicht, noch dazu war er ein Gargoyle, schlimmer, ein Schattenflügler! Eigentlich hätte sie sich auf der Stelle umdrehen und weglaufen sollen. Doch in diesem Moment wandte Grim den Blick, sah sie an — und sie blieb. Dunkelheit lag in seinen Augen, dieselbe Finsternis, die auch in den Blicken der Gargoyles von Ghrogonia gewesen war, doch da, zwischen all den Schatten, erkannte Mia etwas Weiches in seinem Blick, einen Hunger, den sie selbst in sich fühlte und der nun, da sie ihn ansah, plötzlich verstummte.
Verwirrt wandte sie sich ab. Noch nie hatte sie etwas Ähnliches empfunden. Aber er war ein Gargoyle, er beherrschte Magie. Sie durfte sich nicht von ihm verzaubern lassen, sie musste einen klaren Verstand bewahren. Angestrengt bemühte sie sich, die Situation sachlich zu betrachten. Es stimmte, sie kannte Grim nicht, aber alles, wovor sie sich fürchtete, hatte nicht direkt mit ihm zu tun, Schattenflügler hin oder her. Wie hatte Remis gesagt:
Hier droht dir keine Gefahr.
Sie hatte dem Kobold geglaubt, instinktiv. Sie mochte nicht viel über Grim wissen, aber eines stand fest: Er hatte sie nicht an die OGP ausgeliefert, obwohl er als Schattenflügler dazu verpflichtet gewesen wäre — und er hatte ihr das Leben gerettet. Sie zwang sich, ihn anzusehen, und widerstand der Finsternis seiner Augen, die auf rätselhafte Weise nach ihr griff.
»Woher weißt du, wie Jakob gestorben ist?«
Grims Gesicht zeigte keine Regung, als er sich abwandte. »Ich bin ihm gefolgt.«
»Warum?«
Sie hörte, wie er Atem holte. »Ich habe ihn gesucht. Ich wollte ihn ... beschützen.«
Erstaunt hob sie die Brauen. Auf einmal war seine Stimme weich, fast sanft, und auf seinem Gesicht lag ein Schmerz, der dem ihren ähnlich war. Langsam legte er die Klauen auf die Brüstung und stützte sich darauf, als könnte er nicht länger aufrecht stehen.
»Aber ich konnte ihn nicht retten. Ich war zu schwach. Ich habe zugesehen, wie er gestorben ist, aber ich konnte ihm nicht helfen.«
Für einen Moment hatte Mia den Drang, ihm die Hand auf die Schulter zu legen, ihm von ihrer eigenen Hilflosigkeit, von ihrer Verzweiflung zu erzählen, um nicht mehr allein damit zu sein. Dann spürte sie den Knoten in ihrem Brustkorb und wandte sich ab.
»Ja«, sagte sie. »Er hat mir etwas gegeben. Es
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