Grim - Das Siegel des Feuers
Menschen stellten. Sie nannten sich die Freien. Kurz nach dem Zauber des Vergessens haben sie sich mit den Hartiden zusammengetan, um ...
Grim griff nach dem Pergament und betrachtete das Siegel, offensichtlich darum bemüht, es nicht zu berühren. »Der aufgehende Mond ist ihr Zeichen«, sagte er leise. »Die Freien waren ... Abtrünnige. Jene Menschen und Gargoyles, die sich zu allen Zeiten zusammengetan haben und denen immer wieder Verschwörungen gegen mein Volk unterstellt wurden. Ich habe diese Meinung selbst vertreten. Früher dachte ich, alle Gargoyles unter den Freien wären Verräter, die schlimmsten, die es geben kann.« Er sah auf. »Aber jetzt ... Moira ... sie ... ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Fest steht, dass die Freien über lange Zeit verfolgt wurden, sodass sie sich in den Untergrund der Unterwelt zurückzogen. Eine Zeit lang lebten sie zusammen mit Hartiden in einer Festung. Angeblich haben sie Aktionen gegen die Gargoyles geplant; dafür bedienten sie sich einer gemeinsamen Geheimsprache: Fyrenisch. Sie ist nur von Hartiden und Freien lesbar. Eines Tages dann wurde diese letzte Bastion von den Gargoyles vernichtet. Danach habe ich von keinen Freien mehr gehört. Soweit ich weiß, wurden sie alle getötet. Jedenfalls, wenn man die Legenden außer Acht lässt ...«
Mia beugte sich vor. »Welche Legenden?«
Auf einmal schien es dunkler im Zimmer zu werden. Grim schaute nachdenklich auf das rot glühende Siegel, und Remis starrte ihn so gebannt an, dass sein linkes Augenlid anfing zu zucken.
»Mythen«, fuhr Grim fort. »Geschichten wie Schatten und Nebel, niemand weiß, ob sie wahr sind oder nicht. Es gibt eine Legende von einem Freien ... einem Gargoyle am Hofe des Königs zu früherer Zeit ...«
Remis sog hörbar die Luft ein. »Pheradin«, flüsterte er. Wie ein Windhauch strich der Name um Mias Körper und ließ sie frösteln.
Grim nickte. »Ja. Er soll der Anführer der Freien gewesen sein, damals in ihrer letzten Festung. Man unterstellte ihm Intrigen gegen den König und Gier nach dem Thron. Seine Leiche wurde niemals gefunden. Manche sagen, er geht noch heute durch Ghrogonias Gassen und reißt unachtsamen Gargoyles den Kopf ab, aus Rache für das Gemetzel in der letzten Bastion der Freien.« Remis fasste sich an die Kehle und schluckte hörbar. »Andere sagen, er sei geflohen und niemals wiedergekehrt«, fuhr Grim fort. »So oder so ... Er ist nur ein Geist, selbst in meinen Gedanken. Er soll in den Schatten hausen wie ein Phantom.«
Das Schweigen, das sich nun über sie senkte, war so bleiern, dass Mia die Luft ausstieß. »Na, dann ist ja jetzt ziemlich klar, was wir zu tun haben, nicht wahr?« Grim und Remis sahen sie an und machten deutlich, dass ihnen überhaupt nichts klar war. Mia seufzte. »Also«, fing sie an. »Das hier ist ein Pergament mit merkwürdigen Zeichen. Offensichtlich ist es ziemlich wichtig. Jakob ist gestorben, um es zu schützen, und nach ihm werde nun auch ich von mächtigen Schwarzmagiern verfolgt, die es unbedingt bekommen wollen. Leider versteht keiner von uns die Zeichen, und es gibt auch niemanden mehr, der diese Geheimsprache Fyrsonstwas noch spricht.«
»Fyrenisch«, warf Grim ein, doch Mia achtete nicht darauf.
»Fast niemanden zumindest«, fuhr sie fort. »Wer auch immer dieser Pheradin ist — er ist der Einzige, der das Geheimnis des Pergaments lüften kann. Und deshalb müssen wir ihn finden.«
Für einen Moment trat etwas wie ein Lächeln auf Grims Gesicht, als er sie ansah. Dann wandte er sich ab. »Ich weiß, wen wir fragen müssen, wenn wir ihn finden wollen«, sagte er nach einer Weile. »Niemand kennt sich mit Legenden besser aus als er. Neben den Gargoyles gehört er zu den ältesten Wesen der Stadt. Er weiß von sämtlichen Phantomen — er muss von ihnen wissen, schließlich ist er ihr König, in gewisser Weise. Wenn jemand eine Ahnung hat, ob und wo Pheradin lebt, dann er.« Er hob den Blick und sah sie an. »Doch nimm dich in Acht, Menschenkind«, sagte er leise. »Uns erwartet eine Welt der Finsternis.«
Kapitel 21
ie Luft war herrlich, die Nacht zur Abwechslung sternenklar, unter ihm rauschten die Bäume im Wind, und das Licht des Mondes verwandelte seinen Turm in einen schimmernden Eispalast. Grim lehnte an der Brüstung und hätte die Atmosphäre beinahe genossen — wenn ihm nicht ohne Unterbrechung ein lästiger grüner Kobold ins Ohr gequakt hätte.
Seufzend warf er Remis einen Blick zu, doch der machte ein
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