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Grim - Das Siegel des Feuers

Grim - Das Siegel des Feuers

Titel: Grim - Das Siegel des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gesa Schwartz
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Ghrogonia?«
    Bocus lachte so laut, dass seine Stimme dröhnend um die Säulen fegte. »Du lieber Himmel, nein! Um genau zu sein, befinden wir uns unter dem Turm Saint Jacques, in eben jener Kirche, die 1797 abgerissen wurde.«
    Mia wollte etwas erwidern, aber Fibi fiel ihr ins Wort.
    »Das war natürlich eine teuflische Lüge«, rief er und schlug begeistert die Hände zusammen. »In Wahrheit wurde nämlich gar nichts abgerissen, sondern nur versetzt. Und zwar hierher!«
    Mia nickte langsam. »Unter die Erde.« Sie hob den Blick.
    »Aber es ist kalt hier. In Ghrogonia haben alle Gargoyles warme Wohnungen, wie heißt noch dieser Stein ...«
    »Karemtyx«, sagte Fibi wie aus der Pistole geschossen und strahlte übers ganze Gesicht.
    Remis lächelte. »Wie gesagt — du bist hier nicht bei gewöhnlichen Gargoyles. Nimm unseren Fibi. Er ist ein Mephisto — aber im Gegensatz zu den meisten anderen seines Clans ist er unfähig, vor den Menschen Furcht zu empfinden. Stattdessen vertreibt er sich die Zeit, indem er ihnen Streiche spielt. Die Mephisti hingegen haben wie die meisten anderen Gargoyles nicht nur unbändige Angst vor den Menschen, sondern auch eine besondere Art, selbige von sich selbst fernzuhalten: Durch grauenhafte Fratzen und unheimliche Körper wollen sie die Menschen ängstigen und sie so daran hindern, sich den versteinerten Mephisti tagsüber zu nähern. Wenn die Menschen Angst vor ihnen haben, sind die Mephisti beruhigt und fühlen sich sicher. Daher bereitet es ihnen auch ein teuflisches Vergnügen, Menschen einen Schrecken einzujagen, was sie bei jeder Gelegenheit und mit teilweise haarsträubender Boshaftigkeit tun. Fibi hingegen ist ein freundlicher Mephisto, der nicht durch Furcht zu seinem Schabernack getrieben wird, sondern aus einer harmlosen, kindlichen Neugier und Schaulust heraus.«
    Mia musste lächeln, als sie daran dachte, wie viele unheimlich dreinschauende Steinfiguren an den Kirchen von Paris wohl in Wahrheit ängstliche Mephisti sein mochten.
    Bocus grinste, dass seine rußgeschwärzten Zähne sichtbar wurden. »Ich entstamme dem stolzesten Clan der Wasserspeier — den Sputatores, die seit jeher zur Belustigung der Gargoyles am Hofe Ghrogonias Wasser speien. Aus unerfindlichen Gründen bin ich aber unfähig, Wasser zu spucken — es verwandelt sich in meinem Inneren einfach jedes Mal in Feuer. Als ich dann eines Tages aus Versehen statt eines lustigen Springbrunnens an der Festtafel des Königs ein Feuerinferno ausbrechen ließ, wurde ich vom Hof verbannt.« Er lachte leise. »Andere von uns haben aus eigener Entscheidung heraus dem Leben in Ghrogonia den Rücken gekehrt.« Sein Blick fiel auf Klara, und ein Schatten legte sich auf sein Gesicht. Die Ziege aber lächelte.
    »Und so geben wir uns sogar mit Kobolden ab«, sagte sie.
    Remis hustete verlegen. »Normalerweise haben Gargoyles mit niederen Existenzen wie mir nichts zu tun. Die wilden Feste meines Volkes, unsere starken Leidenschaften und unsere Fürsorge für die Tier- und Pflanzenwelt — inklusive der Tauben — sind den Gargoyles fremd, und auch der Schabernack, den einige Verwandte der Kobolde, insbesondere die Poltergeister, in früheren Zeiten mit versteinerten Gargoyles anstellten, trug nicht gerade zur Völkerverständigung bei. Besonders die Irrwichte — in den Augen der Gargoyles boshafte Kreaturen, die alles Lebendige in die Moore führen, um es dort zu ertränken — wurden lange von ihnen verfolgt und werden heutzutage zumindest mit aller Inbrunst verabscheut. Der Herr dieser Kirche bildete da keine Ausnahme. Als er sich jedoch einmal rettungslos im Dickicht der Wälder und Moore des Düsterhains verirrte und ein grünes Licht ihm auf festen Boden verhalf, änderte sich seine Meinung. Nun erfuhr er, dass die Irrwichte, auch Irrlichter genannt, keineswegs zur Gattung der Kobolde gehören, sondern diesen nur auf den ersten Blick ähnlich sehen.« Remis schüttelte den Kopf. »Kaum leuchtet etwas aus sich selbst heraus und lebt in einem Wald, denkt ein Gargoyle, es sei ein Irrlicht. Glaube ich etwa, dass die Kiesel am Ufer des Meeres Gargoyles sind, nur weil sie aus Stein bestehen und sich ab und an bewegen?«
    Mia musste über den Vergleich lachen. Dann wurde sie wieder ernst. »Der Herr dieser Kirche«, begann sie. »War er es, der mich hierher gebracht hat?«
    »Ja«, sagte Remis leise. »Er hat dir das Leben gerettet. Und du ahnst nicht, was es ihn gekostet hat. Diese Hybriden, die dich auf dem Friedhof

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