Grim
gegen eine Säule flog. Das Feuer erlosch auf Grims Haut, und ehe der Dämon sich aufrappeln konnte, packte er die flammenden Linien der Kreise und schlang sie um Ogruls Brust. Der Dämon kreischte markerschütternd, doch schon glomm das Zeichen in Grims Faust auf, sämtliche Feuersymbole stoben auf Ogrul zu und senkten sich in seinen Leib.
»Sprich«, grollte Grim, und bevor der Dämon auch nur Atem holen konnte, presste er ihm einen Diamanten auf die Stirn und wiederholte so laut, dass die Säulen bebten: »Sprich, Ausgeburt der Schatten, wenn du nicht willst, dass ich mich vergesse!«
Ogrul murmelte etwas. Dann riss Grim einen weiteren Diamanten aus seiner Tasche und sperrte den Dämon in das kristallene Gefängnis. Der Sturm um sie herum legte sich sofort. Schwaden aus Asche und Steinstaub wehten durch die Luft, Remis nieste mehrfach, während Mia auf die Beine kam und zu Lyskian eilte.
Seine Wunde war tief, er hielt die Augen geschlossen. Wortlos kniete Grim sich neben ihn und schickte einen Heilungszauber in seinen Körper, ehe er sich daran machte, den gefangenen Dämon nach Braskaton zurückzuschicken. Vorsichtig nahm Mia Lyskians Hand. Sie war eiskalt und schwer wie aus Stein, aber die Wunde in seiner Brust schloss sich bereits. Gerade wollte sie lächeln über die Zauberkräfte der Vampire, darüber, dass sie selbst eine Verletzung wie diese überstanden – als Lyskian sie ansah. Er umfasste ihre Hand, kaum merklich zwar, doch so, wie ein Todkranker es getan hätte in der Hoffnung auf scheinbare Rettung.
Seine Augen waren noch immer tiefschwarz, aber Mia sah noch etwas anderes darin, es war das Flüstern des Windes in einem Feld aus blutrotem Mohn. Sie wusste nicht, was dieses Bild bedeutete, aber sie fühlte, dass es etwas war, das weit hinter Lyskians Maske lag – hinter dem Schleier, der nun mit leisem Lächeln auf seine Züge zurückkehrte und jedes Geheimnis hinter sich verbarg.
Kapitel 17
Der Olšany-Friedhof lag in verwunschener Stille. Grim hörte neben dem grausamen Wind auf den Gräbern nichts als seine eigenen Schritte auf dem gewundenen Pfad, Mias Atem, der in der kalten Luft gefror, und das hektische Schnaufen von Remis, wenn ein Blatt mit scharrendem Geräusch auf einem der Steine landete und der Kobold sich zu Tode erschreckte. Lyskian bewegte sich wie üblich vollkommen lautlos. Er hatte sich von seinen Blessuren schneller erholt, als ein Kobold angesichts eines Ungeheuer anfing zu zittern, und das hieß einiges. Sie hatten im Islis übernachtet, in einem Gästehaus mit zu kleinen Betten und einer gargoylschen Wirtin, die sie erst nach geschlagenen zwei Stunden Ausfragerei in ihre Zimmer gelassen hatte. Dennoch hatte die Pause allen gut getan, auch wenn Lyskian erwartungsgemäß nicht geschlafen hatte. Stattdessen war er mit Anbruch der Nacht bei ihnen aufgetaucht und hatte sich keine Mühe gegeben, den rosigen Schimmer seiner Haut zu überdecken. Grim weigerte sich darüber nachzudenken, welche Blutquellen der Vampir nutzte, nun, da die Menschen verschwunden waren, und seufzte. Seit einer geraumen Weile liefen sie nun schon über diesen Friedhof, und das, obwohl er noch immer nicht begriff, was die Worte Ogruls mit diesem Ort zu tun hatten.
Sie schleiften mich durch einen Keller mit Wänden wie aus schwarzem Fleisch , hatte der Dämon gekeucht, ehe Grim ihn nach Braskaton zurückgeschickt hatte. Knochen steckten darin, ich erinnere mich an die Schreie der Verfluchten, die im Boden lebendig vergraben worden waren, und an den Gestank von getrocknetem Blut. Mehr weiß ich nicht!
Grim fuhr sich über die Augen. Auch er selbst verlor langsam die Orientierung – gut, dass wenigstens Lyskian sich an diesem Ort auszukennen schien. Seine Miene war versteinert, als Grim ihm die Worte des Dämons wiedergegeben hatte, er hatte wissend genickt und sich in seiner üblichen nervtötenden Art in Schweigen gehüllt, die er immer an den Tag legte, sobald er glaubte, mehr zu wissen als alle anderen – und wann, dachte Grim mit dunklem Lächeln, war das eigentlich nicht der Fall? Allerdings schien Lyskian tatsächlich klar zu sein, wonach er suchte. Zielstrebig ging er voraus, hielt immer wieder vor verschiedenen Gräbern und Krypten inne und schüttelte in lähmender Regelmäßigkeit den Kopf. Grim ging es gewaltig gegen den Strich, einem Vampir hinterherzulaufen wie ein Welpe seiner Mutter, aber er konnte nicht umhin zuzugeben, dass der Blutsauger bessere Voraussetzungen mitbrachte, Ogruls
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