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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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dafür übrighatte, Dämonen aus ihrem Totenreich zu rufen, er legte ohnehin keinen gesteigerten Wert auf dämonische Gesellschaft, und sie erinnerte sich nur zu gut an ihr letztes gemeinsames Erlebnis dieser Art. Golden flammte Verus vor ihrem inneren Auge auf, sein höhnisches Gesicht, als er in Vraternius’ Bannkreis erschienen war – und das Lächeln auf seinen Lippen, als er ihnen nachgesehen hatte, mit ihrem Blut in seiner Hand. Wütend zog sie die Brauen zusammen. Schon damals hatte er genau gewusst, wofür er den Gefallen brauchen würde, da ging sie jede Wette ein.
    Lyskian legte die Kreide zurück. Auf dem Boden befanden sich nun drei Kreise: ein großer für den Dämon, ein kleinerer für Lyskian und ein weiterer am Rand zwischen den Säulen für Grim, Remis und Mia. Kaum hatten sie sich an ihre Plätze begeben, sicherte Grim ihren Schutzraum mit siebenfachem Zauber und schaute zu Lyskian hinüber. Dessen Gesicht lag hinter einer Maske aus Kälte, als er die Arme hob. Sofort entfachten sich die Kreidefarben auf dem Boden, doch während sich die Kreise auf dem Schiefer lautlos in Flammen setzten, erhoben sich die Formeln in die Luft und begannen in schwarzem Glanz zu glühen. Dunkel und fremdartig kamen die Worte über Lyskians Lippen, er sprach in Th’ynguel, der Alten Dämonensprache, und während er den Phy anrief, schien es Mia, als würde er selbst in die Nacht Braskatons hinabsteigen, als würde er die Asche in seinen Haaren spüren und den Ewigen Sturm auf seinem Gesicht, als würde er die Totenwelt sehen , die jeden Dämon nach seiner Lebenszeit in ewiger Kälte umschloss. Seine Stimme verfiel in einen düsteren Singsang, es war, als kämen seine Worte von überall zugleich. Wispernd glitten sie aus den Schatten, krochen zwischen den Säulen hervor, leckten über den Boden, und schließlich wurden sie lauter und zu einem Sturm, der aufgebracht durchs Zimmer fegte. Er zog an ihren Haaren und Grims Mantel, und Remis musste sich an Mias Ärmel festhalten, um nicht mitgerissen zu werden. Doch sie wandte sich nicht von Lyskian ab. Vollkommen still stand er da, während seine Kleider im Wind flatterten, und fixierte mit festem Blick die Rauchsäule, die nun in dem großen Kreis entstand.
    Erst war sie grau und schemenhaft, doch rasch färbte sie sich dunkler und schließlich so schwarz, dass sie für Mia aussah wie ein wirbelnder Riss in der Wirklichkeit. Und dann, mit einem donnernden Knall, der die Dunkelheit in Fetzen riss, brach eine Gestalt daraus hervor. Die zerrissene Nacht legte sich wie nasses Papier auf Arme, Beine und Hände, ein menschlicher Körper war es, der die Augen geschlossen hielt. Er rührte sich nicht, während seine eingefallene Brust, sein kahler Schädel und seine dürren Glieder von den Schatten nachgebildet wurden. Der Sturm legte sich, und kurz sah Mia ihn vor sich wie im Raum der Akademie, eine Kreatur mit echsengrüner Haut und Teufelshörnern auf dem kahlen Schädel. Und wieder huschte ein verschlagenes Lächeln über sein Gesicht und seine Lippen.
    »Nenne mir deinen Namen!«, forderte Lyskian ihn auf, und Mia nahm die Kälte wahr, die seine Worte in den Kreis des Dämons schickten.
    Dieser verharrte regungslos. Erst, als Lyskian einen Diamanten aus der Tasche zog, wandte er kaum merklich den Kopf. Mia spürte, wie er sie durch seine geschlossenen Lider anstarrte, und als er plötzlich die Augen aufriss und sie in grünem Fluchfeuer entfachte, fuhr sie zurück.
    »Ogrul Pherilyon Phaar, erster Sohn des Achnayon, neunter Kreis, Phy«, erwiderte er mit einer Stimme, die als tiefes Grollen den Boden zum Erzittern brachte. Doch Lyskian stand mit unbewegter Miene da, als würde er weder das Fluchfeuer in den Augen des Dämons sehen noch die Schreie derer in dessen Stimme hören, die Ogrul vor langer Zeit getötet hatte.
    »Einst warst du gefangen in der Akademie der Schatten«, fuhr er fort. »So ist es doch?«
    »Ja«, sagte Ogrul und sein Lächeln wurde breiter. »Ich war dort. Ich erinnere mich an die kalten Mauern, die Flammen der Diamanten, die Folter durch die Jäger … Oh ja … Mein Geist ist wach, Prinz der Vampire, er erinnert sich an alles – selbst an dich und deinen Meister! Ihr jagtet mich, damals in den Dolomiten. Ich entkam euch.«
    Lyskian erwiderte den Blick in die Flammen, die sich langsam rot färbten. »Er fing dich dennoch.«
    »Bhrogrum Dakaskos!«, rief Ogrul und trat einen Schritt vor, ehe das Feuer des innersten Kreises ihn zurückweichen ließ.

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