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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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sie auch, die Schreie, die allenthalben aus der Tiefe heraufdrangen, und es war schon schlimm genug, dass ihr haltloses Leid ihn auf diesem Drahtseil von Brücke schwanken ließ. Da brauchte er nicht auch noch die borstigen Haare eines Kobolds in seinen Ohren.
    Seit einer gefühlten Ewigkeit folgten sie Samhur nun durch die Feste des Zorns. Der Jäger hatte das Fluchfeuer überstanden, mehr noch als das: Seit er sich die Flammen vom Leib gerissen hatte, war die Finsternis seiner Augen noch dunkler geworden und er schaute in die Schatten Kharamons, als wollte er sie zu einem weiteren Tanz am Abgrund herausfordern. Schweigend führte er Grim und Remis durch verwaiste Säle mit organisch geformten Decken, adergleichen Tunneln, zerklüfteten Verliesen und Kammern, in deren Ecken sich Flüssigkeiten sammelten, die von den Wänden rannen wie uraltes Blut, und Grim spürte, dass die Luft mit jedem Schritt kälter wurde, so als würde sie sich Schicht für Schicht um seinen Körper legen und nur dem ewigen Frost dieser Hallen ein Durchdringen erlauben. Seit er den ersten Schritt in diese verfluchte Finsternis getan hatte, riefen seine Sinne ihn zur Umkehr, und gleichzeitig wuchs die Hitze in seinen Schläfen, diese fiebergleiche Glut, die er bereits vor den Toren der Feste gefühlt hatte. Sie war es, die ihn vorwärtszog, hinein in die Schatten, tiefer hinab ins Herz des Schreckens – dorthin, wo ein Fhar’al Brunkur auf sie wartete.
    Kleine Gesteinsbrocken fielen unter Samhurs Schritten in den Abgrund, und als Grim sie auch nach einer ganzen Weile nicht aufkommen hörte, verwandelte sich sein mulmiges Gefühl in der Magengegend zu einem handfesten Brocken aus Eis. Er hielt kurz inne, doch ehe Remis nach seinem Kragen greifen konnte, zwang er Kronks Gesicht vor sein inneres Auge. Sein alter Gefährte wanderte in diesen Momenten durch die Albträume des Toten Flusses – da würde er selbst doch wohl ein wenig Gekreische aus einem bodenlosen Abgrund ertragen können! Er ließ die Knöchel seiner Fäuste knacken. Bald schon würde er Kronk wieder begegnen, und dann würden sie dem Khan zeigen, wie ein Albtraum aussehen konnte, so viel stand fest.
    Der heisere Schrei einer Krähe zerriss Grims Gedanken. Geisterhaft drang er durch die Dunkelheit, und Remis fuhr heftig zusammen, als dicht neben ihnen ein Schwingenpaar die Luft aufwühlte und gleich darauf in den Abgrund stürzte. Samhur blieb so plötzlich stehen, dass Grim ihm beinahe in die Hacken getreten wäre. Mit tiefem Grollen entzündete sich dunkle Glut in den Rissen der Gewölbe weit unter ihnen und formte sich zu Worten aus lang vergangener Zeit. Flüche waren es, die nun von tausend geflüsterten Stimmen durch das Dunkel getrieben wurden, und als die Zeichen sich zu schemenhaften Gestalten verbanden und flackernd aufflammten, da erhellten sie für einen Moment die Finsternis um sie herum.
    Grim hielt den Atem an. Unzählige Kreaturen lagen dort in den Schatten, die Körper zu einem grotesken Bild verschlungen, die Krallen einander ins Fleisch gegraben, und als ihre Augen in weißem Licht aufglommen, erkannte er, dass die Wände des Abgrunds ganz aus ihren Körpern bestanden. Je länger er sie ansah, desto mehr Gestalten erkannte er in ihnen, bisweilen etliche in einem Körper, verdreht und zusammengekrümmt in den Gliedern uralter Wesen, und mit jeder Nuance, die er wahrnahm, glitt er näher an sie heran. Er hörte sie rufen – nach ihm, dem Kind des Feuers.
    Samhurs Hand legte sich schwer auf seine Schulter. Die Kälte des Vampirs umschloss schmerzhaft seine Brust, doch er schaffte es, sich von dem Abgrund loszureißen, in dem sich die Glut nun in grellem Feuer entfachte. Zwölf riesige Krähen waren es, deren Leiber mit lautem Rauschen zum Leben erwachten. Sie rissen die Köpfe in den Nacken, schrien, dass die Brücke erbebte, und als sie die flammenden Flügel ausbreiteten und sich in die Luft erhoben, da erkannte Grim Orrun Argranthon in ihrem Schwingenschlag, den Hexenmeister der Ersten Zeit, dessen Gewand der Abgrund war, in dessen Schlund er schwebte. Donnernd brach sein Ruf durch Glut und Finsternis, Grim spürte den Frost, mit dem er die Flüche der Krähen verwandelte, und er sah sie auf sich zurasen in einem Sturm aus Feuer und Eis.
    Er hörte noch, wie Samhur einen Zauber brüllte, doch schon riss der Hexenmeister die Arme in die Luft und schickte einen Schattenblitz zu ihnen herauf, der die Brücke vor ihren Füßen spaltete. Steinsplitter flogen durch

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