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Grim

Grim

Titel: Grim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G Schwartz
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dem Moment, da Verus seinen Gefallen einforderte.« Er schüttelte den Kopf, Zorn flammte in seinen Augen auf, und als er fortfuhr, war es Grim, als würde er Verus’ Stimme hören: » Ich binde diesen Schwur an das Geschöpf, das du am meisten liebst , sagte er zu mir, und ich erinnere mich, dass ich lachte. Ich liebe niemanden , entgegnete ich, und ich sehe Verus vor mir, schweigend und mit diesem Lächeln auf den Lippen, das mich bis heute in meine Träume verfolgt. Schließlich sagte er: Die Zeiten ändern sich, mein Freund. Die Zeiten ändern sich. Und das taten sie. Der Dämon forderte seinen Gefallen, und da endlich fand ich den Namen, der mich durch die Feuer der Schwarzen Flamme und zu mir selbst getragen hat. Es war der Name meines Bruders. Es war dein Name, Grim.«
    Grim wusste, dass es Seraphin mindestens so schwerfiel wie ihm selbst, solche Dinge auszusprechen, und er hörte das Zittern in dessen Stimme, als er fortfuhr: »Du warst es, der mich durch die Feuer der Schwarzen Flamme führte, du warst es, ohne dass ich es ahnte, und doch war es so offensichtlich, dass ich fast über mich selbst lachen musste und über den Umstand, dass ich so blind gewesen bin.«
    Er lächelte und berührte das Fenster, vor dem sie saßen. Lautlos verwandelte es sich und gab den Blick auf den Himmel frei – ein Meer aus Sternen.
    »Ich erinnere mich an den Moment, da ich das Ende meiner Reise erreichte«, sagte Seraphin neben ihm, und als Grim ihn ansah, stellte er fest, dass er abgerissene Kleidung trug, sein Körper war ausgemergelt und seine Augen riesengroß in seinem schmalen Gesicht. »Es war Nacht um mich herum, zum ersten Mal seit unzähligen Tagen voller glühender Sonnen, und ich ging durch karges Felsland, als ich ein Meer erreichte. Es war schwarz wie die Nacht, die mich umgab, und es flüsterte mit tausend Stimmen. Weißt du, was für ein Meer ich meine?«
    Grim wusste es. Er hörte die Wellen so deutlich, dass es ihm ins Mark fuhr, und als er sich umwandte, da stürzte sein Blick in die schattenhafte Glut des Wassers, kühl und schimmernd wie ein vergessenes Juwel. Vor ihm lag der Ozean der Nacht.
    Seraphin nickte, als hätte er Grims Gedanken vernommen, und trat so nah heran, dass die Wellen über seine nackten Füße spülten. »Ich stand an seinem Ufer. Ich hörte auf seine Stimmen, ließ seinen Wind mit meinem Haar spielen, und ich sah uns beide in den Fluten, sah uns auf der Mauer sitzen, die einst an einem Schlachtfeld gelegen hatte, und hörte dich von Träumen sprechen, von Sehnsüchten und davon, dass wir das Zeichen des Feuers auf unserer Stirn tragen, wir beide: das Zeichen für Veränderung. In diesem Moment entschied ich, dass du recht hattest damals im Thronsaal: Es war nicht zu spät. Und mit diesem Entschluss kamen meine Träume zurück, sie erhellten die Finsternis um mich herum und vertrieben meine Kälte, und ich weinte am Ufer des Ozeans, der meine Rettung geworden war.« Seraphins Augen glänzten in tiefstem Schwarz. »Verus hat mich dorthin geführt, wo du jetzt bist: in die Kälte. Aber ich fand einen Weg zurück – durch dich. Er hat mich nicht bekommen. Er hat mich fallen sehen, und ich musste den ganzen langen Weg gehen bis zu meinem Ozean, doch ich habe niemals den Boden erreicht, ich bin niemals aufgeschlagen. Das, was ich fand, war das Meer.«
    Grim sah ihn von der Seite an, der Wind des Ozeans spielte mit seinen Haaren. »Dennoch willst du nicht zurückkehren in die Welt jenseits der Träume«, sagte er.
    »Nein«, stimmte Seraphin ihm zu. »Ich nähre meine Träume in der Welt, in die sie gehören.«
    »In der Welt der Träume verändern sie nichts«, erwiderte Grim. »Du musst sie fliegen lassen und ihnen folgen, um frei zu sein, wenn es an der Zeit ist. Auch du bist ein Kind des Feuers.« Er holte tief Atem. »Und du bist stärker als ich es jemals war.« Er spürte Seraphins Blick auf seiner Haut, doch er wandte sich nicht von der undurchdringlichen Schwärze des Ozeans ab, und es war der Wind dieses Meeres, der die Worte über seine Lippen trieb. »Niemand außer mir kann Verus zum Kampf fordern. Niemand außer mir, wenn ich die Flamme aus der Welt der Götter hole. Ich fühle ihren Verlust als dumpfes Pochen in meinem Schädel, etwas in mir schreit nach ihr, doch gleichzeitig … « Er hielt kurz inne. »Ich fürchte ihre Macht, Seraphin. Ich fürchte die Kälte, mit der sie mich erfüllt. Und ich fürchte mich vor dem, was ich werden kann, wenn ich sie in mir trage.

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