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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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die die Reichen im letzten Jahrhundert dahin gesetzt haben, nachdem die Dichter und Maler zu dem Schluß gekommen waren, daß es sich lohnte, die Gebirgsszenerie zu malen und zu bedichten. Ich fahre immer noch zu Besuch hin. Ich habe einen Sohn, und es gehört sich ja wohl, daß die Großeltern ihn ab und zu sehen.« Sie lachte.
    Aber der harte Ausdruck in den Augen, die ihn über den Brillenrand hinweg betrachteten, verriet, daß sie auf die Besuche keinen sonderlichen Wert legte. »Ich habe ein kleines Haus in der Lewisham Road. In der Nähe von Blackheath. Meine Verwandten sind der Meinung, daß die Seite der
    Themse nicht >in< ist.« Ihr Ausdruck wurde weicher. »Mehr gibt’s über mich nicht zu erzählen, was ist mit Ihnen?«
    »Ich kann kaum glauben, daß Sie nicht noch mehr zu erzählen hätten. Aber ich, ich wohne hier. In Islington, meine ich.«
    »Aha, sehr nobel und vornehm.«
    »Meine Bude nicht; es ist ein Reihenhaus. Eigentlich bloß eine Wohnung im Erdgeschoß.« Er winkte der Kellnerin, die ihm einen kurzen verzweifelten Blick zuwarf. Sah er nicht, wieviel sie zu tun hatte? Die ganzen Gäste? Das Sauwetter?
    »Ich fand das Diadem toll. Die kleine Diva an Ihrer Seite hätte ihm den ganzen Tisch voll Klamotten abschwatzen können.« Sie stützte ihr Kinn auf die Hand. »Mit Schönheit ist nicht gut handeln.«
    »Dann haben Sie für das Negligé bestimmt auch nicht viel bezahlt.« Er blickte auf die braune Papiertüte. Sie nahm es wahrscheinlich als Kompliment, aber er wußte nicht genau, ob es wirklich eins war. Er war überrascht, daß ihn ihre
    Bemerkung über Carole-Anne ärgerte.
    Jane nahm die Tüte vom Tisch, legte sie wieder hin und lachte. »Woher wußten Sie das mit dem Negligé?« Sie wühlte in der Riesentüte, glücklich wie ein Kind, das ein
    versprochenes Geschenk sucht. Der topasfarbene Satinträger hing über ihrem Finger.
    »Ooh!« Die müde Kellnerin tauchte hinter Jane auf. »Ham Sie das vom Trödel? Da sehnse bestimmt klasse drin aus. Noch zwei also?« Sie nahm die Gläser. »Wenn bloß der verdammte Regen aufhören würde.«
    Hastig nahm Jane die Papiertüte an sich und griff nach ihrem Mantel. »Nein, danke. Ich muß wirklich gehen.«
    »Wie Sie wollen.« Die Kellnerin verschwand, fast so, als hätte die Bemerkung sie beleidigt.
    »Bei dem Regen? Und nach Süden über die Themse?« Aber da hatte sie sich schon erhoben. Auch er stand auf, um ihr in den weißen Regenmantel zu helfen, denn sie hatte offensichtlich Schwierigkeiten, ihre Arme hineinzubekommen.
    »Ich mach mir nicht viel aus Kneipen. Zu Hause ist es gemütlicher. Sogar in Lewisham.« Ohne ihn anzusehen, fing sie an ihren Mantel zuzuknöpfen, und schob dabei den obersten Knopf in das falsche Knopfloch.
    Jury seufzte und zog ihr die Hände weg. »Der hängt ja ganz windschief.« Er knöpfte die obersten Knöpfe neu zu.
    Sie schlang sich den Schal um. »Was soll man bei dem Wetter anderes tun als nach Hause gehen und ein Buch lesen?«
    »Weiß ich auch nicht.« Jury strich ihr den Kragen glatt, und sie gingen zur Tür.
    Er schloß die Wohnungstür hinter sich und nahm sich mehr Zeit als eigentlich nötig, um ihr aus dem Mantel zu helfen. Sie sollte Gelegenheit haben, das Zimmer zu mustern und zu entscheiden, was sie sagen wollte.
    Sie entschied sich für die Bemerkung, wie ordentlich es sei, worüber er lachen mußte. »Carole-Anne nimmt es manchmal auf sich, hier die Putzfrau zu spielen.« Er deutete auf den gekachelten Kamin. »Ich habe nur ein elektrisches Feuer im Kamin, aber Ihr Mantel wird wahrscheinlich trocken, bis Sie gehen.«
    »Er ist aber ziemlich naß.« Sie sah ihn ganz offen an.
    Er wollte gerade etwas der Situation Angemessenes sagen
    - Dann müssen Sie vielleicht länger bleiben ... Was ist mit den restlichen Kleidern ...? Nehmen Sie einen Morgenmantel von mir ... Soll ich Teewasser aufsetzen ...? - um das Unvermeidliche, doch so Angenehme hinauszuschieben; die erotische Spannung zu erhöhen; etwas sagen, damit sie beide entspannter wurden. Die Variationen zum Thema waren endlos. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht, als er seine alte Stereoanlage sah. Es gab ja immer noch Musik, aber Kiss of Death (Carole-Annes Lieblingsgruppe) war jetzt vielleicht nicht ganz das Richtige. Sie fand immer neue Gruppen - What the Cat Dragged In zum Beispiel. Oder ihr Lieblingslied über Julio und Willie und die ganzen Mädchen, die sie je geliebt hatten. Er dachte über die Mädchen nach, über ihre Verletzlichkeit und

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