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Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht

Titel: Grimes, Martha - Inspektor Jury gerät unter Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Ehrfurcht in die Schaufenster, daß Melrose fast einen Gebetsteppich ausgerollt hätte. Die Suche nach der heiligen Stätte hatte Trueblood eine gute Stunde durch die Gegend getrieben, aber Melrose erblickte den locker geschnittenen naturweißen Wolle-Seiden-Anzug erst, als Trueblood seine Reiseschecks zückte. Nur wenn es Armani war, trug Trueblood Weiß.
    »Und rollen Sie die Ärmel herunter. Sie sehen aus, als wären Sie in Wimbledon.« Zuerst der orangefarbene Schal, und jetzt sah Melrose auch noch, daß ein jadegrünes Tuch in der Jackettasche steckte. »Und in Gottes Namen, nehmen Sie das Taschentuch heraus. Sie zerstören das ganze morbide Flair.«
    »Ich sehe nicht ein«, sagte Trueblood und stopfte die jadegrüne Seide tief in die Tasche, »wieso die Giappinos nie krank werden. Warum muß es immer unser Zweig der Familie sein?«
    In Vivians jahrelanger Verlobungszeit hatten sie um diese Italiener, denen sie nie begegnet waren, so viele Geschichten gewoben, daß sie fast Long Piddletons zweite Familie geworden waren.
    »Wir sind nicht krank; sind wir nie gewesen«, ermahnte Melrose ihn.
    Trueblood bestand darauf, im Vaporetto hinter Melrose zu sitzen.
    Als sie sich Venedig näherten, dachte Melrose, daß die Stadt, wie sie dort in der Ferne im Wasser lag, vielleicht doch die schönste der Welt sei - wie es die Reiseführer eben behaupten. Als seien alle Engel im Himmel auf einmal eingeschlafen und als sei Venedig ihr gemeinsamer Traum.
    »Und vergessen Sie nicht zu husten!« rief er Trueblood zu, während der Vaporetto schlingerte und sein Gesicht naßgespritzt wurde.
    »Husten? Warum sollte ich husten?« schrie Trueblood durch den Motorenlärm, das Klatschen des Wassers, durch fremde Sprachen und gebrabbelte Dialekte.
    Auf dem Boot drängten sich Europäer (dem Aussehen nach hauptsächlich Osteuropäer), die aus Rom herangeströmt waren. Für März waren überraschend viele Touristen da.
    »Wegen der Lungenentzündung, zum Teufel! Sie erholen sich doch gerade erst davon!« Konnte der Mann sich denn überhaupt nichts merken?
    Marshall rief zurück: »Sie sind der mit der Lungenentzündung. Ich bin der, der von einem Lastwagen angefahren worden ist -«
    Flüche verloren sich im Wind.
    »Oh, Verzeihung.« Melrose schämte sich, vergab sich aber schnell, als er sah, wie ein Regenbogen seine Palette blasser Violett- und Rosatöne über einer Stadt verschwendete, die doch auch so schon schön genug war.
    Seit Vivian Rivington an einem Januarmorgen von der Victoria Station abgefahren war, hatten Melrose Plant und Marshall Trueblood natürlich nur in Northamptonshire herumgesessen, entweder über einem Old Peculier in der Hammerschmiede oder bei Portwein in Ardry End, dem Familiensitz der Earls of Caverness, oder über Queen Annes und Laliques in Truebloods Antiquitätengeschäft.
    Und hatten Pläne ausgeheckt. Pläne, wie sie die Hochzeit von Vivian Rivington mit Graf Dracula hinauszögern konnten. Da Vivian selbst ihre Verlobungszeit mit Franco Giappino ewig verlängerte - wie viele Jahre waren es schon? drei? vier? -, waren Plant und Trueblood überzeugt, daß ein bißchen moralische Unterstützung aus Northants nicht ungelegen kommen würde.
    Vivian war sentimental. Nur im Kreise ihrer alten Freunde aus Long Piddleton würde sie ihre Hochzeit feiern.
    Marshall Truebloods angeblicher Lastwagenunfall hatte das Ereignis um gut fünf Wochen hinausgeschoben. Vier davon hatte Marshall mit Gips verbracht. Jetzt humpelte er noch immer an einer Krücke durch die Gegend. (In Venedig aber stellte er sich stur und weigerte sich zu humpeln.)
    Der vollständige medizinische Check-up, zu dem sich Melrose entschlossen hatte (nachdem er mehr als zehn Jahre einen Bogen um seinen Arzt gemacht hatte), erbrachte eine schattendurchflutete Lunge (so Melroses überaus poetische Beschreibung), über die sich der Arzt aus der Harley Street so lange keine übermäßigen Sorgen machte, wie Lord Ardry wochenlange Bettruhe hielt. Womit für den Monat Februar alles geritzt war.
    Nein, nein, nein, nein, Vivian! Es ist nicht nötig, daß Sie nach England kommen. Ehrlich ...
    Es hätte die beiden in Teufels Küche gebracht, wenn sie angereist wäre.
    Als drittes Debakel hatten Plant und Trueblood einen Unfall von Lady Agatha Ardry in Erwägung gezogen. Falls erforderlich, hätte sie sich bei einem ihrer häufigen Autounfälle den Kiefer brechen können. Und der könnte dann mit Draht verschlossen werden, hatte Melrose hinzugefügt.
    Das hatten

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