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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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versunken in sein Pittsburgh und sein Schreiben, dass er uns gar nicht bemerkt.«
    »Einfach feuern sollte ich euch Trantüten –« Junge, Junge, er hatte ganz schön einen in der Krone!
    Ohne an dieser Bemerkung den geringsten Anstoß zu nehmen, lachten die beiden so herzhaft, als hätte Clive gerade einen Riesenwitz gemacht.
    Dann zupfte Candy Clive am Ärmel und flüsterte mit gekünstelter Stimme, die Hand seitlich an den Mund gelegt: »Nicht so laut, da hat sich gerade eine Dame zu uns gesetzt.«
    Clive schaute nach rechts. Zwei Plätze weiter saß Blaze Pascal. Er hatte sie gar nicht hereinkommen sehen. Wie konnte er sie nur übersehen haben? Wie war das überhaupt möglich, in Anbetracht der Tatsache, dass ihr Haar inzwischen aus dem gouvernantenhaften Dutt befreit war? Sie rauchte eine Zigarette und bedankte sich bei dem Barmann für ihren Martini (»Pur, mit einem Zitronentwist«), den dieser ihr soeben hinstellte. Der Blick, mit dem sie die drei bedachte, erinnerte an eine Sonne, die auf eine kalte Oberfläche fällt, bevor sie sich hinter eine Wolke verzieht. Sie hatte ein Buch bei sich, das sie nun aufschlug und zu lesen begann.
    »Da kommt ja unser lieber Ned.« Candy richtete sich auf und drehte ihr den Rücken zu.
    Am anderen Ende der Hotellobby beobachtete Sally, wie Ned vom Aufzug in Richtung Bar hinüberging. Sie hatte die Bar schon die ganze Zeit über den Rand einer Zeitschrift im Auge behalten. Worüber redete Clive eigentlich mit diesen zwei Männern? Es waren wieder die, die in letzter Zeit öfter bei Swill’s gewesen waren. Wer zum Teufel waren sie? Sie tauchten allmählich überall auf. Das alles war so verwirrend. Und zu allem Überfluss hätte sie auch schwören können, Saul in Schenley Park gesehen zu haben.
    Im Spiegel über der Theke konnte Clive sehen, wie Ned sich in einer Ecknische niederließ. Es gab drei kleine, schummrig beleuchtete Tische für Leute, die nicht unbedingt an der Bar sitzen wollten. Die beiden anderen Tische waren schon besetzt. Nein, nur einer. Clive hätte schwören können, dass das erste Mal, als er hingesehen hatte, ein Mann dort gesessen hatte… doch es waren sicher bloß ein paar dunkle Schatten gewesen.
    War das nicht typisch Ned Isaly? Sich in diese düstere Ecke zu setzen, sozusagen bloß zur Hälfte da zu sein, was ja eigentlich auch eher der Wahrheit entsprach. Dämmerzustand. Schriftstellerkoma. Oder was zum Teufel auch immer es war, was Schriftsteller bewog, sich mutterseelenallein in dieser erbärmlichen Welt herumzuschlagen – und doch, dachte Clive, hatte Alleinsein noch nie so verlockend ausgesehen. Vielleicht existierte eine Parallelwelt, wo die Protagonisten waren wie das Grüppchen im Schenley Park, einem »scharfsichtigen Auge« mehr oder weniger ausgesetzt. Clive schüttelte den Kopf. Mannomann, er musste ja ganz schön betrunken sein, wenn er jetzt auch noch Emily Dickinson zitierte. Den vierten Scotch sonnengelb vor sich – Bobbys Auftragskiller hatten offensichtlich eine Runde ausgegeben – versuchte Clive, sich den Alltag eines Schriftstellers vorzustellen und merkte, dass es ihm nicht gelang. Er kam einfach nicht weiter als bis zur Tasse Kaffee neben dem Notizbuch oder der Schreibmaschine. Er kam einfach nicht über das leere Blatt hinaus. Plötzlich spürte er, wie ihn jemand an der Schulter packte und eine unerwünschte Stimme dabei rief: »Hey, Clive!«
    Dwight Staines. Oh, verdammt! Da Candy und Karl ihn schon begrüßten, würde er sie einander vorstellen müssen, denn Dwight hielt es einfach nicht aus, wenn bei einem Treffen nicht alle Anwesenden wussten, dass er ein Bestsellerautor war.
    »Ein sensationell erfolgreicher Bestsellerautor«, sagte Clive, während Dwight Bescheidenheit vorgab, die er weder empfand noch beibehalten konnte.
    »Hey, wir haben Ihr Buch gelesen…«
    Das bezweifelte Clive nun doch sehr. Er wandte sich ab, während Dwight weiter tönte. So mussten Laien sich den typischen Schriftsteller vorstellen: redete wie ein Buch über das, was er gerade schrieb und warum und wie (mit Füller und Tinte? Schreibmaschine? Computer?), redete wie ein Buch von seinen Erlebnissen und ermahnte seine hingerissenen Schüler, zu schreiben, zu schreiben, zu schreiben.
    Oh Gott! Sag ihnen das nicht! Sag ihnen, ihre Chancen auf Veröffentlichung lägen praktisch unter Null; sag ihnen, einen Agenten an Land zu ziehen, sei fast genauso unmöglich, weil Agenten keine unveröffentlichten Autoren nähmen (ein absurdes Dilemma, das

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