Grimes, Martha - Mordserfolg
zwischen sich eingekeilt, der gerade seinen zweiten Scotch hinunterkippte und gleich noch einen bestellte.
»Na, Clive, was führt Sie denn nach Pittsburgh?« Candy winkte den Barmann her. »Führen Sie ein hiesiges Bier?« Vom Barmann bekam er Rolling Rock empfohlen. »Hört sich gut an.« Er wandte sich wieder Clive zu. »Also, wieso sind Sie hier?«
Clive wusste auch nicht, wieso er dachte, er müsste etwas erfinden. »Eine Lesereise. Dwight Staines.« Hoffentlich würde Dwight jetzt nicht auftauchen und ihn der Lüge überführen.
»Ach ja, das Buch haben wir gesehen«, sagte Karl. »Liegt stapelweise bei Barnes & Noble aus – stimmt’s, C?«
Candy nickte.
Clive war überrascht, dass sie überhaupt in der Lage waren, den Namen der Buchhandlung auszusprechen, geschweige denn sie zu betreten. »Sie haben wohl recherchiert, was?« Sie musterten ihn bloß schweigend. Er wandte den Blick, als der Barmann die Biere auf die Theke stellte.
Karl sagte: »In Schenley Park – hatte er dort seine Signierstunde?«
»Was? Nein, natürlich nicht.« Clive machte dem Barmann mit Daumen und Zeigefinger ein Zeichen. »Ich bin bloß spazieren gegangen.«
»Vertrackter Zufall«, meinte Karl, »dort ist unser Ned nämlich auch spazieren gegangen.«
»Tatsächlich? Den habe ich gar nicht gesehen.«
Karl nahm einen tüchtigen Schluck Rolling Rock aus der Flasche und sagte: »Clive, wir wollen wissen, wieso Sie uns angeheuert haben.«
»Sie meinen, wieso der Verleger Sie angeheuert hat.« Clives sowieso schon gedämpfte Stimme wurde noch eine Idee leiser, nachdem er verstohlen um sich geblickt hatte, ob vielleicht jemand zuhörte. »Paul Giverney will nicht bei uns veröffentlichen, solange wir Ned Isaly im Programm haben.«
»Das haben Sie uns schon gesagt. Entschuldigung, aber wir werden da nicht ganz schlau draus. Wie kommt Giverney dazu?«
»Weiß ich auch nicht. Er wollte es uns nicht sagen.«
»Soll das heißen«, versetzte Karl, »Sie würden Ned kurzerhand in den Abgrund stürzen, ohne zu wissen, warum? Das ist ja ganz schön drastisch.«
Clive bedachte ihn mit einem knappen Blick und sagte: »Unsere ethischen Beweggründe sollten ausgerechnet Sie vielleicht nicht in Frage stellen, wenn man bedenkt…«
»So was einem Schriftsteller anzutun, ist beschissen. Findest du das nicht auch beschissen, C?«
»Echt beschissen.« Candy rülpste und schlug sich leicht mit der Faust gegen die Brust. Er rülpste wieder.
»Tut mir Leid, wenn ich Ihr empfindsames Gemüt beleidige, aber so ist es eben. Ob beschissen oder nicht. Verlagsarbeit ist ziemlich beschissen. Beim Verlegen geht’s um Geld, meine Freunde. Jenseits von all dem blödsinnigen Mist von wegen Pen/Faulkner Award, National Book Award, Booker Prize; jenseits von dem blödsinnigen Mist in den Klappentexten von wegen ›brillante Prosa‹, ›faszinierender Debütroman‹, ›umwerfender Höhepunkt‹, et cetera –« Clive spürte, wie der dritte Scotch seine Wirkung tat, was ihm aber ganz recht war. »Ich habe gute Autoren erlebt, die nach fünf oder sechs Romanen fallen gelassen wurden, weil der Verlag keinen Reibach mit ihnen gemacht hat. Es gibt entweder Bestseller oder Nichtseller. Geld! Selbstverständlich gibt es Ausnahmen von dieser Verlagsregel, also Leute, die nicht katzbuckeln vor dem Geld, aber ich gehöre nicht dazu und ich kann Ihnen garantieren, Bobby Mackenzie auch nicht.«
»Und wenn Sie wissen, dass Isaly der bessere Schriftsteller ist?«
Clive sah ihn erstaunt an. »Woher zum Teufel wollen Sie das wissen?«
»Wir lesen gerade ihre Bücher.«
Clive blinzelte nervös. »Warum?« Etwas Besseres fiel ihm nicht ein.
»Um zu sehen, was es damit auf sich hat, was für Typen das sind.«
Clive starrte ungläubig zwischen den beiden hin und her. Candy hielt den Kopf in die Hand gestützt, so dass er Clive sehen konnte, auch wenn dieser den Blick gesenkt hielt, und war ihm auf diese Weise fast so nah wie das Glas Scotch. »Für zwei…äh, Sie wissen schon, also, Sie beide haben ja eine etwas merkwürdige Auslegung unseres…äh, Vertrags.«
»Ja, für zwei…äh, Sie-wissen-schon bauen wir auch keine Scheiße.«
»Ha! Dass Sie hier den ganzen Tag Ihr Gesicht spazieren führen, spricht aber auch nicht gerade für Ihre Qualitäten als Beschatter.«
Candy tat es mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Sie sehen zu viel fern. Es ist nämlich scheißegal, ob er uns sieht. Falls er uns überhaupt sieht. Mir scheint, unser lieber Ned ist so
Weitere Kostenlose Bücher