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Grimes, Martha - Mordserfolg

Grimes, Martha - Mordserfolg

Titel: Grimes, Martha - Mordserfolg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sich Ned, bestimmt wie Beißzangen zwicken konnten.
    Er hegte Kindern gegenüber keine sentimentalen Gefühle. Nicht, dass er sie nicht mochte, er fand sie in ihrer lausbübischen Art sogar recht einnehmend. Mitgefühl überkam ihn, wenn er daran dachte, dass sie sich noch ändern müssten oder gezwungen würden, ihr Verhalten der gesellschaftlichen Norm anzupassen. Die Kleine mit dem wirren goldenen Haar würde später immer noch zwischen den Strähnen hindurchgucken, doch wäre ihr Blick dann kokett, vielleicht sogar aufreizend. Ein dreizehnjähriges Flittchen. Dann das zwanzigjährige Mädchen im Studentinnenwohnheim. Dann die dreißigjährige Mutter mit einem Kind genau wie diesem hier, das Neds Aufmerksamkeit zu erhaschen suchte.
    Als ihr Vater ihr eine Schokoeistüte in die Händchen gab, hüpfte sie ein paarmal vor Freude in die Höhe.
    Ned war fast eifersüchtig. Sich wieder wie damals zu fühlen, wo eine Tüte mit Eiskrem gereicht hatte, einen glücklich zu machen. Seine Eiskrem, wollte er ihr sagen. Isaly’s! Er ließ den Blick über die Behälter gleiten, und als der junge Mann hinter der Theke (er hätte es selbst sein können) mit der dreiköpfigen Familie fertig war, verlangte Ned ein Pistazieneis. Er fragte, ob sie immer noch die kegelförmigen Eiskremformer hätten, und der Junge bejahte und holte ihn aus einem Regal hinter sich. Es ist gewissermaßen ein Isaly-Spezialartikel, teilte ihm Ned mit. Dann nahm er sein kegelförmiges Pistazieneis, bezahlte und ging.
    Der Taxifahrer redete wie ein Wasserfall über diesen Stadtteil und dass Shadyside und East Liberty, jedenfalls früher einmal, der schöne Teil von Pittsburgh gewesen waren, wo die wohlhabenden Leute gewohnt hatten. Hier lachte der Fahrer, sich selbst nicht mit einbeziehend. Er redete und redete, schlimmer als ein Fremdenführer.
    Candy und Karl waren drauf und dran, den Kerl umzupusten, wenn er nicht bald die Klappe hielt. Sie waren Neds Taxi bis hierher gefolgt und hatten einen Coffeeshop ausfindig gemacht, wo sie vom Fenster aus einen guten Blick auf Isaly’s Eisdiele hatten. Es hatte eine kurze Auseinandersetzung gegeben über die Frage, ob die nun Neds Familie gehörte oder nicht. Hätte ja sein können, vielleicht hatte er deswegen hierher kommen wollen.
    Im Café genehmigten sie sich jeder eine Tasse ganz gewöhnlichen Kaffee mit Milch und Zucker. Candy hielt sich beim Zucker ein wenig zurück, weil er fand, er setzte ein Bäuchlein an. Vergiss es, meinte Karl. Er hatte ein Fernglas um den Hals hängen, das er ab und zu auf das Gebäude richtete, das Ned betreten hatte, auf Isaly’s Eisdiele.
    Candy hatte sein Buch dabei, genauer gesagt, Paul Giverneys Buch, und las weiter. »Jetzt hat sie anscheinend ein kleines Kind, das zu Hause sein soll, aber nicht da ist.«
    Karl hatte das Fernglas gehoben. »Ich dachte gerade, ich hätte ihn rauskommen sehen. Aber nein.« Er legte das Fernglas wieder auf dem Tisch ab und nahm einen Schluck Kaffee. »Schau mal. Die Rothaarige da drüben, ist das nicht die gleiche wie vorhin…«
    Candy nahm das Fernglas und sah durch. »Stimmt, unten am Fluss.«
    »Verfolgt die ihn etwa? Der merkt anscheinend gar nicht, dass ihn jemand beschattet.«
    »Vielleicht macht sie ihre Sache gut.«
    »Na ja, aber so was merkt man doch, ich jedenfalls. Das spürt man, wenn sich einem Blicke in den Rücken bohren. Du würdest es doch merken, wenn hinter dir Schritte wären. Du könntest sagen, ob eine Gestalt um die Ecke –«
    »Lass gut sein, K. Du redest von uns . Wir sind ausgebildete Profis. Wir sind drauf eingestellt, ja, wir sind auf das alles eingestellt . Insofern sind wir nicht, äh, typisch.«
    »Da magst du Recht haben.«
    Candy überlegte einen Augenblick und blätterte die Buchseiten durch. »Ich weiß noch, als ich ganz klein war, da hat mich meine Mom mal in so eine altmodische Apotheke mitgenommen. Da gab es Sodas, da hab ich so ein Schokoladensoda gekriegt, für fünfzig Cents.«
    »Fünfzig Cents? Seit wann gab es für fünfzig Cents ein Eiskremsoda? Träum weiter, Giverney.« Karl schüttelte den Kopf.
    »Na ja, früher gab’s das schon. Das ist ja mit das Mysteriöse dran. Wann spielt die Geschichte denn? Ich rede aber jetzt vom Schreiben.«
    Karl hatte das Fernglas wieder zur Hand genommen und fummelte an der Schärferstellung herum. »Was denn für Schreiben?«
    »Mensch, jetzt pass doch mal auf.«
    »Entschuldige.« Karl legte das Fernglas hin, drehte aber immer noch an der Schärfeeinstellung

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