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Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)

Titel: Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm Carl Grimm , Jacob Ludwig Carl Grimm
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ihm sonst zur Hand war nach. Wenn er sie traf, so lachte er, und wenn er sie fehlte, so tobte und wetterte er. Er trieb es so lange, bis die Nachbarn der Frau zu Hilfe kamen.
     
    Der Schneider ward wieder vor die Obrigkeit gerufen und an sein Versprechen erinnert. »Liebe Herren«, antwortete er, »ich habe gehalten, was ich gelobt habe, ich habe sie nicht geschlagen, sondern Lieb und Leid mit ihr geteilt.« – »Wie kann das sein«, sprach der Richter, »da sie abermals so große Klage über Euch führt?« – »Ich habe sie nicht geschlagen, sondern ihr nur, weil sie so wunderlich aussah, die Haare mit der Hand kämmen wollen; sie ist mir aber entwichen und hat mich böslich verlassen. Da bin ich ihr nachgeeilt und habe, damit sie zu ihrer Pflicht zurückkehre, als eine gutgemeinte Erinnerung nachgeworfen, was mir eben zur Hand war. Ich habe auch Lieb und Leid mit ihr geteilt, denn sooft ich sie getroffen habe, ist es mir lieb gewesen und ihr leid; habe ich sie aber gefehlt, so ist es ihr lieb gewesen, mir aber leid.«
     
    Die Richter waren aber mit dieser Antwort nicht zufrieden, sondern ließen ihm seinen verdienten Lohn auszahlen.
     

Der Zaunkönig
     
    I n den alten Zeiten, da hatte jeder Klang noch Sinn und Bedeutung. Wenn der Hammer des Schmieds ertönte, so rief er: »Smiet mit to! Smiet mi to!«
     
    Wenn der Hobel des Tischlers schnarrte, so sprach er: »Dor häst! Dor, dor häst!«
     
    Fing das Räderwerk der Mühle an zu klappern, so sprach es: »Help, Herr Gott! Help, Herr Gott!« und war der Müller ein Betrüger und ließ die Mühle an, so sprach sie hochdeutsch und fragte erst langsam: »Wer ist da? Wer ist da?«, dann antwortete sie schnell: »Der Müller! Der Müller!« und endlich ganz geschwind: »Stiehlt tapfer, stiehlt tapfer vom Achtel drei Sechter.«
     
    Zu dieser Zeit hatten auch die Vögel ihre eigene Sprache, die jedermann verstand; jetzt lautete es nur wie ein Zwitschern, Kreischen und Pfeifen und bei einigen wie Musik ohne Worte. Es kam aber den Vögeln in den Sinn, sie wollten nicht länger ohne Herrn sein und einen unter sich zu ihrem König wählen. Nur einer von ihnen, der Kiebitz, war dagegen; frei hatte er gelebt und frei wollte er sterben, und angstvoll hin und her fliegend rief er: »Wo bliew ick? Wo bliew ick?«
     
    Er zog sich zurück in einsame und unbesuchte Sümpfe und zeigte sich nicht wieder unter seinesgleichen.
     
    Die Vögel wollten sich nun über die Sache besprechen, und an einem schönen Maimorgen kamen sie alle aus Wäldern und Feldern zusammen, Adler und Buchfink, Eule und Krähe, Lerche und Sperling, was soll ich sie alle nennen? Selbst der Kuckuck kam und der Wiedehopf, sein Küster, der so heißt, weil er sich immer ein paar Tage früher hören läßt; auch ein ganz kleiner Vogel, der noch keinen Namen hatte, mischte sich unter die Schar. Das Huhn, das zufällig von der ganzen Sache nichts gehört hatte, verwunderte sich über die große Versammlung.
     
    »Wat, wat, wat is denn dar to don?«, gackerte es, aber der Hahn beruhigte seine liebe Henne und sagte: »Luter riek Lüt«, erzählte ihr auch, was sie vorhätten. Es ward aber beschlossen, daß der König sein sollte, der am höchsten fliegen könnte. Ein Laubfrosch, der im Gebüsch saß, rief, als er das hörte, warnend: »Natt, natt, natt! Natt, natt, natt!«, weil er meinte, es würden deshalb viel Tränen vergossen werden. Die Krähe aber sagte: »Quark, ok!«, es sollte alles friedlich abgehen.
     
    Es ward nun beschlossen, sie wollten gleich an diesem schönen Morgen aufsteigen, damit niemand hinterher sagen könnte, ich wäre wohl noch höher geflogen, aber der Abend kam, da konnte ich nicht mehr. Auf ein gegebenes Zeichen erhob sich also die ganze Schar in die Lüfte. Der Staub stieg da von dem Felde, es war ein gewaltiges Sausen und Brausen und Fittichschlagen, und es sah aus, als wenn eine schwarze Wolke dahinzöge. Die kleinern Vögel aber blieben bald zurück, konnten nicht weiter und fielen wieder auf die Erde. Die größern hielten’s länger aus, aber keiner konnte es dem Adler gleichtun, der stieg so hoch, daß er der Sonne hätte die Augen aushacken können.
     
    Und als er sah, daß die andern nicht zu ihm herauf konnten, so dachte er: Was willst du noch höher fliegen, du bist doch der König, und fing an, sich wieder herabzulassen. Die Vögel unter ihm riefen ihm alle gleich zu: »Du mußt unser König sein, keiner ist höher geflogen als du.« – »Ausgenommen ich«, schrie

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