Grimms Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte (German Edition)
ähnlich. Sie schleppten einen toten Leib hinter sich her, aber ich konnte nicht sehen wer es war. Als sie in das Haus kamen, zündeten sie ein großes Feuer an, zerrissen den blutigen Leib mit ihren Zähnen, und verzehrten ihn.
Darnach nahmen sie den Kessel, in dem das Fleisch des Diebes gekocht war, vom Feuer und zerteilten die Stücke unter sich zum Abendessen. Als sie fertig waren, fragte einer, der ihr Oberhaupt zu sein schien, die Frau ob das, was sie gegessen hätten, das Fleisch ihres Kindes gewesen wäre. Die Frau sagte ›ja.‹ Da sprach das Ungeheuer ›ich glaube du hast dein Kind versteckt, und uns einen von den Dieben gekocht, die an dem Ast hängen.‹ Er hieß drei von seinen Gesellen hinlaufen und ihm von einem jeden der drei Diebe ein Stück Fleisch bringen, damit er sähe daß sie noch alle dort wären. Als ich das hörte lief ich schnell voraus, und hing mich mit meinen Händen, mitten zwischen die zwei Diebe, an das Seil, von dem ich den dritten abgenommen hatte. Als nun die Ungeheuer kamen, schnitten sie einem jeden ein Stück Fleisch aus den Lenden. Auch mir schnitten sie ein Stück heraus, aber ich duldete es ohne einen Laut von mir zu geben. Ich habe zum Zeugnis noch die Narbe an meinem Leib.«
Hier schwieg der Räuber einen Augenblick und sprach dann »Frau Königin, ich habe euch dies Abenteuer erzählt für meinen zweiten Sohn, jetzt will ich euch für den dritten den Schluss der Geschichte berichten. Als das wilde Volk mit den drei Stücken Fleisch fortgelaufen war, so ließ ich mich wieder herab, und verband meine Wunde mit Streifen von meinem Hemd so gut ich konnte, doch das Blut ließ sich nicht stillen, sondern strömte an mir herab. Aber ich achtete nicht darauf sondern dachte nur wie ich der Frau mein Versprechen halten, und sie und das Kind retten wollte.
Ich eilte also wieder zu dem Haus zurück, hielt mich verborgen und horchte auf das was geschah, aber ich konnte mich nur mit Mühe aufrecht erhalten: mich schmerzte die Wunde, und ich war von Hunger und Durst ganz abgemattet. Indessen versuchte der Riese die drei Stücke Fleisch, die ihm gebracht waren, und als er das gekostet hatte, das mir ausgeschnitten und noch blutig war, so sprach er ›lauft hin, und bringt mir den mittelsten Dieb, sein Fleisch ist noch frisch und behagt mir.‹ Als ich das hörte, eilte ich zurück zu dem Galgen, und hing mich wieder an das Seil zwischen die zwei Toten.
Bald darauf kamen die Ungeheuer, nahmen mich von dem Galgen herab, und schleiften mich über Dornen und Distel zu dem Haus, wo sie mich auf den Boden hinstreckten. Sie schärften ihre Zähne, wetzten ihre Messer über mir, und bereiteten sich mich zu schlachten und zu essen. Eben wollten sie Hand anlegen, als plötzlich ein solches Ungewitter mit Blitz, Donner und Wind sich erhob, dass die Ungeheuer selbst in Schrecken gerieten, und mit gräßlichem Geschrei zu den Fenstern, Türen und zum Dach hinausfuhren, und mich auf dem Boden liegen ließen. Nach drei Stunden begann es Tag zu werden, und die klare Sonne stieg empor. Ich machte mich mit der Frau und dem Kinde auf, wir wanderten vierzig Tage durch die Wildnis, und hatten keine andere Nahrung als Wurzeln Beeren und Kräuter, die im Walde wachsen. Endlich kam ich wieder unter Menschen, und brachte die Frau mit dem Kinde wieder zu ihrem Mann: wie groß seine Freude war kann sich jeder leicht denken.«
Damit war die Geschichte des Räubers zu Ende. »Du hast durch die Befreiung der Frau und des Kindes viel Böses, was du getan hast, wieder gut gemacht«, sprach die Königin zu ihm, »ich gebe dir deine drei Söhne frei.«
Der Meisterdieb
E ines Tages saß vor einem ärmlichen Hause ein alter Mann mit seiner Frau, und sie wollten von der Arbeit ein wenig ausruhen. Da kam auf einmal ein prächtiger, mit vier Rappen bespannter Wagen herbeigefahren, aus dem ein reichgekleideter Herr stieg. Der Bauer stand auf, trat zu dem Herrn und fragte, was sein Verlangen wäre und worin er ihm dienen könnte.
Der Fremde reichte dem Alten die Hand und sagte: »Ich wünsche nichts, als einmal ein ländliches Gericht zu genießen. Bereitet mir Kartoffeln, wie Ihr sie zu essen pflegt, dann will ich mich zu Euerm Tisch setzen und sie mit Freude verzehren.«
Der Bauer lächelte und sagte: »Ihr seid ein Graf oder Fürst oder gar ein Herzog, vornehme Herren haben manchmal solch ein Gelüsten; Euer Wunsch soll aber erfüllt werden.«
Die Frau ging in die Küche,
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