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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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der Herzog lachend.
    »Dann habt Ihr vermutlich auch einen Weisen namens Gandalf Labox gekannt«, erkundigte sich Salietti unter Weynelles erwartungsvollen Blicken.
    »Ganz recht. Er hat ebenfalls zu den Weisen gehört, mit denen mein Vater seine Zusammenkünfte abhielt«, bestätigte Ulf von Österberg.
    Salietti winkte Weynelle und Grimpow herbei und stellte sie dem Herzog vor. Dann erzählte er ihm von ihren Erlebnissen.
    Der Herzog drückte dem Ritter und dem hübschen Mädchen sein Beileid aus und setzte dann hinzu: »Ich bin davon überzeugt, dass unsere Begegnung in diesem so schwerwiegenden Augenblick kein Zufall sein kann. Wenigstens wird sie dazu dienen, das Andenken an unsere Väter hochzuhalten. Kommt mit, ich möchte Euch den ehemaligen Versammlungssaal der weisen Männer zeigen und eine Geschichte erzählen, die ich bisher mit keinem Sterbenslaut je erwähnt habe.«
    Herzog Ulf übergab Ritter Radogil de Curnillonn das Kommando über seine Truppen und verließ in Begleitung der Neuankömmlinge den Turm. Schweigend stiegen sie die Treppe zum Waffenhof hinunter, wo das aufgeregte Auf und Ab der Soldaten auf den Zinnen anhielt. Eigentlich hätte der Herzog seinen Beobachtungsposten im Turm kurz vor dem Angriff der feindlichen Truppen nicht verlassen dürfen, aber dies war genau der richtige Moment, um einen alten Schwur zu erfüllen. Ein starkes, wenngleich unerklärliches Freundschaftsgefühl mit den Fremden trieb ihn, die drei in den Saal zu führen, den er seit dem Tod seines Vaters nicht mehr betreten hatte. Auch Weynelle und Salietti hatten den Eindruck, etwas mit Herzog Ulf von Osterberg gemeinsam zu haben, etwas Unfassbares wie die Geschichte ihrer Väter und deren Ringen um Weisheit.
    Am anderen Ende des Waffenhofes schloss Herzog Ulf eine kleine eiserne Tür unter einem Torbogen auf, nahm eine Fackel aus dem ringförmigen Metallhalter an der Decke und entzündete sie. Gemeinsam stiegen sie eine enge Wendeltreppe hinunter, die in einen kleinen, runden Saal mündete. Der riesige Raum war vollkommen leer und die halbkugelförmige Decke hatte in anderen Zeiten vermutlich das Himmelsgewölbe dargestellt.
    Eines ließ Grimpow, Weynelle und Salietti jedoch aufmerken, kaum dass sie den Saal betreten hatten. Gegenüber des Eingangs stach ihnen mitten auf der Rundmauer das Relief eines mit großen Lettern in den Fels gehauenen lateinischen Schriftzugs ins Auge:

    TEMPUS ET VITA TEMPUS ET MORS

    »Zeit und Leben, Zeit und Tod«, murmelte Grimpow leise vor sich hin und hatte keinen Zweifel mehr, dass sich die versiegelte Kammer, wo die Zeit Leben wie auch Tod ist, in nächster Nähe befinden musste. Denn so stand es auf der fehlenden Seite von Aidor Bilbicums Manuskript geschrieben.
    Herzog Ulf merkte sofort, dass der in den Stein gemeißelte Text seine drei Begleiter fesselte, besonders den Jungen, der die lateinischen Buchstaben anstarrte, als sähe er mehr als deren offensichtliche Bedeutung.
    »Ehe es zu spät ist, wollte ich Euch von dieser geheimnisvollen Inschrift erzählen«, begann der Herzog in feierlichem Ton. Er unterbrach das gespannte Schweigen seiner Begleiter, indem er fortfuhr: »Einer meiner entfernteren Vorfahren, Aberol von Österberg, war in seiner Jugend der Schüler eines Weisen namens Aidor Bilbicum, der vor zweihundert Jahren, von seiner Leidenschaft für die Astronomie getrieben, in den Orient reiste. Dort hat ihm offenbar ein geheimnisvoller Weiser einen wundersamen Stein ausgehändigt, der in den Legenden als lapis philosophorum
    bezeichnet wird. Außerdem entdeckte er den Salomonischen Tempel zu Jerusalem, wo ein wunderkräftiger Gegenstand von so überwältigender Macht versteckt lag, dass sämtliche Könige und Herrscher der Welt ihn hätten besitzen wollen, wenn ihnen seine Existenz bekannt gewesen wäre. Aberol von Österberg begleitete Aidor Bilbicum in jene entlegenen Gefilde, bevor die Kreuzzüge ins Heilige Land begannen. Gemeinsam mit anderen Weisen eines Geheimbundes namens Ouroboros erteilten sie neun Rittern, die sich selbst Templer nannten, weil sie in den Stallungen des Salomonischen Tempels Unterkunft nahmen, den Auftrag, diesen wunderkräftigen Gegenstand vor den Uberfällen der Muslime und Räuber zu schützen und nach Frankreich zu bringen. Sie entlohnten den Männern die Mission reichlich mit purem Gold. In Frankreich angelangt, verbarg der Ouroboros-Bund den wunderkräftigen Gegenstand an einem geheimen Ort. Die neun Tempelritter gründeten den mächtigen

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