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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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auch nicht, dass ich je einer werde. Als Ritter ist mein Platz in der Schlacht, das war seit jeher mein einziger Wunsch.«
    Weynelle und Grimpow waren wie vor den Kopf gestoßen. Verzweiflung überfiel sie, denn wenn es ihnen ohne Salietti gelang, in die versiegelte Kammer einzudringen, dann würden sie ihn womöglich nie wiedersehen.

Zeit und Leben, Zeit und Tod

    A ls Grimpow mit Weynelle allein in dem Versammlungssaal zurückblieb, nahm er die Fackel und suchte die Mauern nach einem Spalt ab. Aber die Felswände waren so glatt und poliert, dass sie aus einem einzigen Stück zu bestehen schienen. Weynelle ging mit ihm, doch wanderten ihre Gedanken immer wieder zu ihrem Vater, der an diesem Ort einst seinen festen Platz eingenommen hatte. Sie fragte sich, ob ihr Vater und die anderen Weisen geahnt hatten, dass sie ihre Zusammenkünfte in nächster Nähe zu der versiegelten Kammer abhielten, die Aidor Bilbicum in seiner Handschrift erwähnte.
    »Hier muss die Kammer sein, da bin ich ganz sicher. Nichts anderes hat der in den Felsen gemeißelte lateinische Spruch zu bedeuten. Wenn ich doch nur wüsste, wie sie sich öffnen lässt«, sagte Grimpow und hielt das Licht der Fackel dichter an die Worte, die er von Neuem laut vorlas.
    »Zeit und Leben, Zeit und Tod«, wiederholte die junge Frau. Sie war genauso begierig wie Grimpow, die wahre Bedeutung jener rätselhaften Zeilen zu verstehen.
    Der Knappe übergab Weynelle die Fackel, holte den Stein aus dem Leinensäckchen an seinem Hals und fuhr damit über die Buchstaben, wie er es schon in der Krypta der Kirche von Cornille getan hatte. Er hoffte, dass sich die versiegelte Kammer auf dem gleichen Wege öffnen ließe wie der Sarkophag. Aber er merkte bald, dass der Schlüssel zu dem Geheimnis keine Macht über jene Felswände hatte, die sie einschlossen wie ein undurchdringlicher Wall.
    »Aberol von Österberg muss genauso klug und erfinderisch gewesen sein wie sein Meister und hat wohl ein Verfahren zum Schutz seines Geheimnisses ersonnen, das ungemein raffiniert ist«, sagte Grimpow wie zu sich selbst. »Trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass die Worte TEMPUS ET VITA, TEMPUS ET MORS keine andere Bedeutung haben als genau diese.«
    »Ich glaube auch nicht, dass der Spruch ein Anagramm ist, das einen anderen Begriff ergibt, wenn man die Buchstaben vertauscht. Die Lösung des Rätsels liegt offenbar in seiner wörtlichen Bedeutung«, meinte Weynelle.
    Dann bemerkte sie, dass der innere Rand des O in MORS ein winziges Ouroboros-Zeichen enthielt.
    »Sieh nur! Das ist die Schlange«, rief die junge Frau. Sie hielt die Fackel dichter an die Inschrift, damit sie es sehen konnten, ohne dass das Relief Schatten warf.
    Grimpow stellte sich auf die Zehenspitzen, um das Zeichen besser erkennen zu können, und bemerkte, dass es sich um ein Negativrelief der Schlange handelte. Genau wie damals im Siegellack des Briefes, den er bei Saliettis Vater gefunden hatte. Er hatte eine blitzartige Eingebung - endlich schien Licht ins Dunkel zu kommen.
    »Das Petschaft! Der Schlüssel ist das goldene Petschaft! Deshalb ist auf der fehlenden Seite von Aidor Bilbicums Handschrift von einer versiegelten Kammer die Rede«, ereiferte er sich.
    »Wovon redest du da?«, fragte Weynelle ratlos.
    Grimpow erklärte ihr den Zusammenhang, während er die Satteltasche über seiner Schulter öffnete und ihr das goldene Petschaft mit dem Ouroboros entnahm. »Die Kammer wurde genau mit diesem Petschaft verschlossen und nur damit lässt sie sich auch wieder öffnen. Das ist also der Grund, weshalb Saliettis Vater diese drei Dinge bei sich trug. Ohne sie ist das Geheimnis der Weisen niemals zu finden. Mit dem Stein, dem Schlüssel zu dem Geheimnis«, erklärte er, »ließ sich die Krypta öffnen, in der die Geschichte des Ouroboros-Geheimbundes ruhte. Deren verschlüsselte Botschaft gab Aufschluss darüber, wie man denjenigen ausfindig macht, der nicht mehr ist und die Stimme der Schatten vernimmt. Und dieses Petschaftvermag die versiegelte Kammer aufzuschließen. Verstehst du es jetzt?«, fragte er.
    Weynelle nickte wenig überzeugt. Doch bevor sie etwas erwidern konnte, legte Grimpow auch schon das goldene Petschaft in das winzige Zeichen des Ouroboros, das in den Fels geritzt war. Augenblicklich ließ sich ein dumpfes Summen vernehmen und der Saalboden erbebte. Vor ihren Augen drehte sich der Felsblock mit dem eingemeißelten Spruch und die versiegelte Kammer öffnete sich.
    Als Erste trat Weynelle

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