Grimpow Das Geheimnis der Weisen
Kriegsgerät. Glücklicherweise sind inzwischen alle Bewohner der Burgen wohlbehalten hier in dieser uneinnehmbaren Festung in Sicherheit«, bemerkte Radogil de Curnillonn ohne große Begeisterung. »Jetzt kommt mit mir, ich werde Euch zu Herzog Ulf von Österberg bringen, der es kaum abwarten kann, Euch kennenzulernen. Er ist mit seinen Rittern im Wehrturm und rüstet sich für die lange Belagerung, die uns bevorsteht.«
»Herzog Ulf von Österberg weiß von mir?«, fragte Salietti erstaunt und musterte den Tempelritter noch einmal.
»Selbstverständlich, und wie er sich mir gegenüber äußerte, hat er sogar Euren Vater gekannt«, antwortete der Tempelritter und Salietti war wieder verblüfft. »Ich bin nach meinem missglückten Anschlag auf Fenio de Vokkos Leben, der dem französischen König gegolten hätte, wenn er da gewesen wäre, hierher zurückgekehrt und habe Herzog Ulf alles erzählt, was ich mit eigenen Augen angesehen habe. Als ich Euch vorhin aus dem Turm erspäht habe, bin ich sofort hinuntergestiegen und habe mit Freuden veranlasst, dass man Euch umgehend die Tore öffnet. Glaubt mir, wenn ich Euch versichere, dass Herzog Ulf genauso beglückt ist, Euch in seiner Burg willkommen zu heißen, selbst in so tragischen Augenblicken wie diesem.«
Salietti wusste, dass sein Vater regelmäßig nach Straßburg gereist war, weil er ihn als Student mehrmals dorthin begleitet hatte. Aber er hätte niemals angenommen, dass Herzog Ulf und sein Vater sich kannten.
Der Pfad, den sie zur erhöhten Festung hinaufritten, war so schmal, dass kaum zwei Pferde nebeneinandergehen konnten. Sie passierten das Torhaus, nachdem die Wachen das Fallgitter hochgezogen hatten, und betraten einen weitläufigen Waffenhof. Scharen von Soldaten und Rittern kletterten unaufhörlich die Mauern hinauf und hinunter und bezogen Stellung. Radogil de Curnillonn und seine Begleiter banden die Pferde im Burghof an, nahmen den Tieren die Satteltaschen ab und stiegen in den Turm hinauf.
Von den Zinnen des Wehrturms aus beobachtete Herzog Ulf von Osterberg besorgt und mit bitterer Miene das unaufhaltsame Vorrücken des Feindes. Die drei wesdichen Burgen des Steinkreises loderten inzwischen wie riesige Fackeln am Horizont. Deren Ritter und Vasallen waren zu ihm in die Festung geflüchtet und hatten sich auf alle Winkel verteilt. Nun richteten sie ihre Pfeile her, schliffen ihre Schwerter oder füllten vorsorglich Fässer mit Löschwasser.
Ulf von Österberg war nur wenige Jahre älter als Salietti, erweckte aber mit seinen blauen Augen und dem gestutzten weißblonden Bart den Eindruck von Weisheit und majestätischer Würde.
»Ihr kommt zur Stunde des Unheils. Die Unwissenheit der Barbarei wird diese unauslöschlich mit Blut besudeln«, sagte der Herzog, als er Salietti und seine beiden jungen Begleiter hinter Radogil de Curnillonn eintreten sah.
»Wenn es ansteht, Eure Festung vor der Bedrohung durch die wilden Horden zu verteidigen, so freue ich mich, dass ich rechtzeitig gekommen bin, um die Schlacht mit meinem Schwert an Eurer Seite schlagen zu können«, erwiderte Salietti und neigte sich zu einer leichten Verbeugung.
Weynelle und Grimpow hielten sich ein wenig abseits und warteten darauf, dass der Ritter sie vorstellte.
»So seid denn hochwillkommen in den Burgen des Steinkreises wie einst Euer Vater, obwohl dieser nie ein anderes Schwert geschwungen hat als das seines weisen Scharfsinns.«
»Bis zur Stunde war mir nicht bekannt, dass mein Vater je Eure Festung betreten hat«, sagte Salietti.
»Unsere Väter waren eng befreundet und zählten auch andere weise Männer zu ihrem Kreis. Mehrmals im Jahr haben sie sich in einem Saal dieser Festung versammelt, allerdings liegt das schon viele Jahre zurück«, erklärte der Herzog und in seiner Stimme lag die Wehmut nach einer fernen, glücklicheren Zeit.
Bei der Erwähnung des Saales überlief Salietti, Grimpow und Weynelle gleichermaßen ein Schauer. Sie hatten damit gerechnet, die versiegelte Kammer über Umwege ausfindig machen zu müssen, um nun festzustellen, dass sie zum Greifen nahe war.
»Ritter Radogil de Curnillonn hat mir erzählt, Ihr hättet meinen Vater persönlich gekannt«, forschte Salietti behutsam weiter.
»Ich war noch ein Junge, als Euer Vater mir ein seltsames Glas schenkte, mit dem man kleine Dinge vergrößern konnte. Wenn man es senkrecht zur Sonne hielt, ließ sich damit sogar alles in Brand stecken, worauf man sein wunderbares blaues Licht richtete«, sagte
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