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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Ansicht, er sei verrückt geworden, als er sein Vermögen mit so wenig Verstand und noch weniger Nutzen durchgebracht hatte«, erzählte die Frau ohne jedes Mitgefühl, während sie ein kleines Glas mit Schnaps füllte. Dann deutete sie mit dem Kinn auf Grimpow und fragte: »Was ist denn mit dem Jungen los?«
    »Ihm ist nur ein wenig übel. Das hier hilft ihm sicher wieder auf die Beine«, antwortete der Ritter und bot seinem Knappen den Schnaps an.
    Grimpow trank ihn widerwillig und dachte unablässig an Durlib, dem das Schicksal übel mitgespielt und seinem Leben am Baum der Gehenkten von Ullense ein Ende bereitet hatte - genau dem, auf den er sich bei seinen Verwünschungen und unbedachten Ausrufen immer bezogen hatte. Wie in einem endlosen Alptraum sah der Junge seinen Freund immer wieder am Galgen baumeln und musste daran denken, wie oft Durlib ihm seinen Tod angekündigt hatte, ohne dass ihm Grimpow je geglaubt hatte.
    An dem Tag, als sie gemeinsam aus der Schenke seines Onkels Fedo geflohen waren, hatte Durlib zu ihm gesagt: »Meine Freiheit wird letztlich nur dazu führen, dass ich eines Tages in irgendeinem elenden Dorf gehenkt werde.«
    Durlib hatte sich nicht getäuscht, auch wenn Grimpow in diesem Moment noch nicht fassen konnte, was ihm zugestoßen war. Warum hatte sich nicht bewahrheitet, was sein Freund Bruder Brasco an dem Tag angekündigt hatte, als er ein letztes Mal in der Abtei vorbeigekommen war? Damals hatte er gesagt, er wolle das Meer sehen und herausfinden, ob es wirklich Sirenen gab. Aber dieser schöne Traum war nun ausgeträumt. Grimpow kannte Durlib, er wusste, dass sein Freund sich hin und wieder betrank und unter den Opfern seiner Betrügereien Streit und Handgreiflichkeiten heraufbeschwor. Allerdings hätte er nie gedacht, dass Durlib nach dem Verlust des Schmucks und der Silbermünzen auch den Verstand verlieren könnte.
    Mit der Rastlosigkeit, die diese Gedanken in ihm auslösten, hörte Grimpow, wie Salietti die Frau mit dem vernarbten Gesicht fragte, ob sie einen Ort kenne, wo er und sein Knappe die Nacht verbringen und ihre Pferde versorgen könnten.
    »Die Pferde und der Maulesel können in den Ställen unterkommen, und wenn Ihr wollt, könnt Ihr in einem Zimmer unter dem Dach schlafen. Ich kann Euch auch etwas zum Abendessen anbieten und für den Jungen eine gute Brühe kochen, damit er wieder zu Kräften kommt. Es sieht nicht so aus, als hätte der Schnaps bei Eurem Knappen viel ausgerichtet.«
    Der Ritter bedeutete der Gastwirtin seine Zustimmung und musterte Grimpow in der Erwartung, dass er einverstanden war, die Nacht in dieser stinkenden, elenden Kaschemme zu verbringen. Der Junge deutete ein Nicken an, in dem Wunsch, bald mit seinem Kummer allein zu sein und möglichst rasch schlafen zu gehen, um diesen zu besänftigen.
    Das Quartier entpuppte sich als Verschlag mit schrägen Wänden direkt unter dem Dach, dessen Balken aufgrund mehrerer undichter Stellen schimmlig waren. Das einzige Mobiliar bildeten ein Hocker und zwei Betten, die so hart waren wie der Boden. Zum Glück schlief Grimpow bald ein, nachdem die Gastwirtin ihm eine heiße Suppe aus Brot und Knoblauch mit zwei verbrutzelten Eiern heraufgebracht hatte. Er bekam nicht einmal mit, dass Salietti das Zimmer verließ, sobald er sich hingelegt hatte.
    Am folgenden Morgen war der Knappe nach wie vor niedergeschlagen und zog sich die Decke über den Kopf. Der Ritter erzählte ihm, er habe nach Einbruch der Dunkelheit für Durlibs Bestattung gesorgt, um zu verhindern, dass der Mann tagelang auf dem Platz hängen blieb, im Freien verfaulte und von den Raben angepickt wurde. Den Totengräber zu überreden, hatte ihn zwei Goldbohnen und eine nahezu schlaflose Nacht gekostet. Denn er musste warten, bis sich der Platz geleert hatte, damit er den Strick am unheilvollen Baum der Gehenkten abschneiden, Durlibs leblosen Körper auf einen Karren laden und ihn zum Friedhof bringen konnte, der sich hinter einigen direkt an die Stadtmauer gebauten Hütten befand.
    Wie er herausgefunden hatte, war Durlib tatsächlich seit einigen Monaten, als Adliger gekleidet, in Ullense ein und aus gegangen. Er hatte sein Vermögen beim Würfel- und Kartenspiel verprasst, sich in Schenken und Bordellen betrunken und heftige Streitigkeiten mit seinen Mitspielern heraufbeschworen. Die Geschichte mit dem toten Edelmann war inzwischen sogar dem Bischof zu Ohren gekommen. Da dieser von einem flüchtigen Tempelritter wusste, hinter dem der Inquisitor

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