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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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der Abtei seine Vergangenheit umschlossen wie einen beunruhigenden, bittersüßen Traum, der nur im Gedächtnis fortlebt. Dort hatte er zum letzten Mal seinen lieben Freund Durlib gesehen, dort hatte er sich vor dem ruchlosen Inquisitor Burumar de Gostelle versteckt, dort war der Abt ermordet worden und dort hatte er alles gelernt, was er nun wusste.
    All diese Gefühle und Erinnerungen blieben nun zurück, und er musste den Blick nach vorn richten, um seinen Weg fortzusetzen, ohne zu straucheln. Er musste herausfinden, wer Aidor Bilbicum war, was der Wortlaut des versiegelten Briefes bedeutete, was genau der Stein der Weisen war und was dieser mit dem Geheimnis der Weisen zu tun hatte, hinter dem der Papst und der französische König her waren.
    »Bedrückt dich etwas, Grimpow?«, fragte Salietti, der mit der Würde eines Monarchen ohne Reich neben ihm herritt.
    »Nein, ich habe nur daran gedacht, dass ich dieses Tal wohl nie wieder sehen werde«, antwortete er.
    »Ich bitte dich, so etwas darfst du nicht sagen! Die Zukunft ist ungewiss und launenhaft wie ein Sommergewitter. Vielleicht kehrst du eines Tages in die Abtei zurück«, widersprach Salietti.
    Aber Grimpow wusste, dass er nie wieder zurückkehren würde. »Ihr habt mich nicht einmal gefragt, was mir der Kräutermönch zum Abschied mitgegeben hat«, bemerkte Grimpow, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
    »Ich mische mich nicht gern in die Angelegenheiten meines Knappen ein«, erwiderte Salietti.
    »Ich glaube, es ist besser, wenn Ihr diesen Lederbeutel für mich aufbewahrt«, bot Grimpow ihm an.
    Der Ritter streckte die Hand aus, griff nach dem Beutel und betrachtete ihn neugierig. »Worum handelt es sich?«
    »Seht selbst.«
    Salietti ließ die Zügel seines Pferdes los und löste den Knoten des Riemens, mit dem der Beutel verschlossen war. Er zog ihn auf und holte schließlich eine Hand voll Goldbohnen heraus, so klein und rund wie geröstete Maiskörner.
    »Beim geräucherten Bart eines Alchimisten!«, rief er und stieß einen langen Pfiff aus, der an den Bergen widerhallte. »Das hier ist ein kleines Vermögen«, fügte er befriedigt hinzu.
    »Ihr könnt es als das Eure betrachten. Schließlich seid Ihr der Ritter und ich bin nur Euer Knappe. Es wäre nicht richtig, wenn ich Eure Reichtümer befördern würde«, erklärte Grimpow scherzhaft.
    »Ein guter Ritter würde niemals seinem Knappen den Besitz abnehmen. Aber wenn es dir recht ist, hüte ich diesen Beutel mit Gold für dich - du wirst nie einen besseren Wächter finden, lieber Grimpow. Ich schwöre dir bei meiner Ehre und beim Schlund des sagenhaften Zerberus, dass ich dein Gold mit meinem Schwert und notfalls auch mit meiner Ritterwürde verteidigen werde«, erklärte Salietti und steckte den Beutel unter sein Wams.
    »Was haltet Ihr davon, wenn wir Euch in Uliense standesgemäße Gewänder und eine neue Rüstung kaufen? Die Eure ist verbeulter und verrosteter als Bruder Brascos ältester Kochtopf und eines Ritters wie Euch unwürdig. Außerdem verdient sie nicht den Stolz eines reichen Knappen wie des Euren«, sagte Grimpow lachend.
    »Ich nehme dein Angebot voller Freude an, vorausgesetzt, du bestehst nicht darauf, auch mein Schwert gegen ein edleres einzutauschen. Dieses hier, das ich Athene nenne, weil es mir schon so oft das Leben gerettet hat, ist das beste Schwert, von dem ein fahrender Ritter nur träumen kann«, erwiderte Salietti und legte die Hand an den Gürtel.
    »Kennt Ihr Euch in der griechischen Mythologie aus?«, fragte Grimpow, als er den Namen der Kriegsgöttin hörte.
    »Als ich so alt war wie du, hatte ich einen Lehrer, der mir viele interessante Dinge beigebracht hat«, antwortete der Ritter gleichgültig.
    »Athene war die Kriegsgöttin der Griechen«, erklärte Grimpow.
    »Aber die Menschen betrachteten sie auch als Göttin der Vernunft, sie stand den Künsten und der Literatur vor und hatte viel mit Philosophie zu tun«, dozierte Salietti. Für Grimpow bestand nicht der geringste Zweifel, dass sein neuer Freund und »Herr« weiser war, als er zugab, auch wenn er ärmer war als ein Bettler.
    Sie ritten weiter bergauf und überquerten saftige grüne Wiesen, auf denen im Sommer die Wanderschäfer ihre Lagerfeuer entfachten, um ihre Herden vor den Wölfen zu schützen. Sie kamen an hohen Wasserfällen vorbei, die sich wie Pferdeschweife weiß schäumend von den Klippen stürzten, machten einen Bogen um eisige Gletscher, in denen sich riesige Spalte und

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