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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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er wusste, dass er die unvollendete Mission des toten Edelmannes fortsetzen musste. Ritter Salietti bot ihm eine einzigartige Gelegenheit, nach Straßburg zu gelangen, und die durfte er auf keinen Fall ungenutzt lassen.
    Bruder Rinaldo hatte nicht nur nichts dagegen, dass Grimpow sich dem Ritter anschloss, sondern zeigte sich erfreut, als er aus dem Mund des Jungen vernahm, dass Salietti ihn in einer kurzen, aber feierlichen Zeremonie bereits zu seinem Schildknappen ernannt hatte. Vor ihrem Aufbruch rief der alte Mönch Grimpow noch einmal in die Bibliothek und sagte ihm, Bruder Umberto von Alessandria kenne in Straßburg einen Gastwirt namens Jan Hinkebein, der ihm helfen könne, Aidor Bilbicum zu finden.
    »Seine Herberge heißt >Zum Auge des grünen Drachen< und befindet sich ganz in der Nähe des früheren Marktplatzes von Straßburg, wo noch immer das neue Münster gebaut wird. Du wirst keine Probleme haben, ihn zu finden. Sag ihm, du kämst auf Empfehlung von Bruder Umberto von Alessandria.«
    Dann führte er seinen ehemaligen Schüler zu den Pferdeställen, in deren Tür Grimpow Keno erblickte. Dieser musterte ihn mit traurigem Blick, als wollte auch er nicht, dass Grimpow die Abtei verließ. Aber als der Junge sich von ihm verabschieden wollte, lief er davon und verschwand flink wie ein Wiesel hinter dem Schweinekoben. Sie betraten den Stall und Bruder Rinaldo ging direkt auf Astro zu, den Schimmel des Edelmannes.
    »Der neue Abt hat mich ermächtigt, ihn dir zu schenken«, erklärte der alte Mönch. »Wenn du schon die Mission des Tempelritters zu Ende führst, ist es besser, wenn du sein Pferd mitnimmst.«
    Grimpow dankte Bruder Rinaldo für alles, was er für ihn getan hatte, und legte Astro Zaumzeug und Sattel an. Das Tier wieherte zufrieden, als ahnte es, dass es sich von seinem neuen Besitzer nicht mehr trennen würde.
    »Vergiss nie, dass die Suche nach der Weisheit ein langer, verschlungener Weg ist. Hoffentlich erlangst du sie eines Tages und hast das Glück, dann auch das Geheimnis der Weisen zu lüften. Wenn das geschieht, bin ich wahrscheinlich schon im Jenseits und genieße den ewigen Frieden im Himmel oder schmore bis in alle Ewigkeit im Schlund der Hölle«, schloss der alte Mönch mit einem Lächeln, das seine wimpernlosen Augen strahlen ließ.
    Salietti de Estaglia wartete vor den Toren der Abtei auf Grimpow. Er saß bereits auf seinem Reittier, neben sich den Maulesel, der mit der Rüstung und dem Proviant bepackt war, den Bruder Brasco ihnen für die lange Reise zusammengestellt hatte.
    Als er Grimpow mit Astro am Zügel herbeikommen sah, rief er lachend aus: »Eigentlich sollte der Knappe auf seinen Herrn warten!«
    »Diesmal müsst Ihr es ihm nachsehen, Ritter Salietti, und mich als den Verantwortlichen für die Verspätung Eures Pagen betrachten«, gab Bruder Rinaldo ebenfalls lachend zurück.
    Mit einem Satz sprang Grimpow auf Astros Rücken und sagte stolz: »Wir können jederzeit aufbrechen, mein Herr.«
    Ein schweigender Mönchschor winkte ihnen zum Abschied. Aus Bruder Brascos Augen lösten sich ein paar Tränen, die er zurückzuhalten versuchte, indem er sein rundes Gesicht verzog, während er mit den Fingern über seinen Kaninchenfuß streichelte.
    Sie hatten sich gerade in Bewegung gesetzt, und die Mönche waren auf dem Weg zurück an ihr Tagewerk, als die Stimme des kleinen Kräutermönchs erscholl. Grimpow hatte ihn schon beim Abschiednehmen vermisst.
    »Wartet kurz!«, rief er. Bruder Arben kam herbeigelaufen, überreichte Grimpow einen kleinen Lederbeutel und sagte leise: »Das hier ist dir vielleicht nützlicher als mir. Außerdem bin ich nach reiflicher Überlegung zu dem Schluss gekommen, dass der Klumpen Gold, den ich in meinem Laboratorium gefunden habe, eher dir gehört als mir. Ich habe ihn wieder eingeschmolzen und daraus Goldbohnen gemacht, die du auf deiner Reise vielleicht gebrauchen kannst.«
    »Ihr seid wirklich großzügig«, sagte Grimpow dankbar.
    »Nicht mehr, als du es mir gegenüber warst«, gab der Kräutermönch zurück. Dann beobachtete er mit vergnügter Miene, wie sich die beiden Reiter von der Abtei entfernten.
    Als sie die Berge erklommen, um die westlichen Alpen durch eine enge, im Nordosten gelegene Schlucht zu überqueren, verschwand die Sonne hinter einer Wolkendecke, und die Gipfel verdüsterten sich, bis sie in Schatten gehüllt waren. Zum letzten Mal blickte Grimpow von seinem Reittier aus zurück und begriff, dass die rötlichen Steinmauern

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