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Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Grimpow Das Geheimnis der Weisen

Titel: Grimpow Das Geheimnis der Weisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rafael Abalos
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Burumar de Gostelle her war, ließ er Durlib von den Soldaten des Grafen von Ullense festnehmen. Dabei tötete Grimpows Freund einen von ihnen und verletzte zwei andere schwer, bevor ihn die Kräfte verließen und er ohnmächtig zu Boden sank. Der Graf ordnete an, ihm auf dem Platz hundert Peitschenhiebe zu verpassen und ihn dann an dem Baum zu hängen, der in der Gemarkung Ullense als Galgen für die öffentliche Hinrichtung von Mördern und Dieben diente.
    Unweigerlich fühlte sich Grimpow am Tod seines Freundes schuldig. Wenn sie in den Bergen nicht den Leichnam des Edelmannes gefunden hätten, wäre all dies nicht passiert. Und auch nicht, wenn Grimpow, anstatt in der Abtei zu bleiben, mit Durlib nach Straßburg aufgebrochen wäre, so wie sie es vorgehabt hatten. Er machte sich Vorwürfe, dass er sich mit der Trennung abgefunden hatte. Vor lauter Einsamkeit war Durlib aus der Bahn geworfen worden und hatte sich vor der Sinnlosigkeit seines Lebens ins Glücksspiel und in Trinkgelage geflüchtet, die sein kleines Vermögen ihm ermöglichten.
    Am liebsten hätte sich Grimpow des Steins an seinem Hals entledigt. Es schien ein Fluch darauf zu lasten, der bereits den Tod des Edelmannes, den des Abtes von Brinkum und nun auch noch den seines guten Freundes Durlib verursacht hatte. Aber etwas in Grimpow weigerte sich zu glauben, dass der Stein der wahre Grund für so viel Unglück war. Wenn Salietti und er früher nach Ullense gekommen wären, so überlegte er, hätten sie Durlib vielleicht noch helfen können.
    Als er seine Gedanken dem Ritter mitteilte, erwiderte dieser: »Der Zufall ist ein geheimnisvolles Würfelspiel, genau wie jenes, wofür dein Freund Durlib so viel übrig hatte. Ein ungewisses, unaufhaltsames Spiel, das wir gleich nach unserer Geburt zu spielen beginnen und in dem wir mit jedem Atemzug neu würfeln, ohne zu wissen, ob unseren Wünschen, Erwartungen und Träumen Glück beschieden ist. In diesem trügerischen Vergnügen, das uns unsere Ängste vergessen lässt, gehen wir jeden Tag einen Schritt weiter, entscheiden uns für oder gegen die Zahlen, die uns Glück oder Unglück bringen. Dabei ist jede Bemühung, die Fallstricke des Schicksals zu meiden, so sinnlos wie Tränen angesichts des Todes.«
    »Die Tränen sind wenigstens ein Trost«, versetzte Grimpow.
    Salietti öffnete die Luke und ließ in die Dachkammer ein paar Sonnenstrahlen, die zwar zaghaft und schwach waren, den Jungen aber dennoch blendeten.
    »Dann tu es, beweine den Tod deines Freundes, bis dir keine einzige Träne mehr bleibt. Aber wenn du fertig bist, denk daran, dass das Leben weitergeht, und freue dich bei dem Gedanken, dass auch dein Freund Durlib in deiner Erinnerung weiterleben wird.«
    Grimpow sprang vom Bett auf, bereit, unverzüglich nach Straßburg aufzubrechen. »Ich gehe die Pferde satteln«, erklärte er.
    »Warte einen Moment«, bremste ihn Salietti und hob den Arm. »Wenn wir unsere Reise gemeinsam fortsetzen wollen.
    müssen wir vorher offen von Mann zu Mann miteinander sprechen, ohne Rücksicht darauf, dass ich ein Ritter bin und du mein Schildknappe. Zwischen uns soll fortan kein Unterschied bestehen, außer dem, der uns beiden auf unserer weiteren Reise zugutekommt.«
    Nach diesen Worten schwieg er und wartete mit fragend hochgezogenen Augenbrauen darauf, dass sein Knappe auf diesen Vorschlag einging.
    »Einverstanden«, erklärte Grimpow. Er war nun schon munterer und ließ sich wieder auf sein Lager nieder.
    Salietti setzte sich ihm gegenüber und sah ihm tief in die Augen. »Wer war dein Freund wirklich?«, fragte er.
    Grimpow erklärte ihm, dass Durlib ein Gauner und Dieb gewesen war, und erzählte ihm auch, wann und wie er ihn kennengelernt hatte und warum sie den Winter in den Bergen nahe der Abtei Brinkum verbracht hatten.
    Salietti nickte und gab sich mit den Erklärungen zufrieden. »Und was hat es mit der Geschichte von dem toten Edelmann auf sich?«, fragte er weiter.
    Da berichtete der Junge ihm von dem Leichnam, den sie im Schnee gefunden hatten, sowie von dem kleinen Schatz, den er in seiner Satteltasche bei sich gehabt hatte: den Silbermünzen, dem Schmuck, den mit Saphiren und Rubinen besetzten Dolchen, dem versiegelten Brief und dem goldenen Petschaft. Er schilderte ihm auch, wie sich der Körper des toten Edelmannes im Schnee auf ebenso plötzliche wie unbegreifliche Weise vor ihren Augen in Luft aufgelöst hatte. Dann erklärte er ihm, dass es ihm gelungen sei, die seltsamen Schriftzeichen in

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