Grimwood, Ken - Replay
Nachrichten vom Ende des Geiseldramas mit einem so starken Interesse verfolgt, wie es die meisten Kinder nur für die Zeichentrickfilme am Samstagmorgen aufbrachten. Jeff hatte sich wegen ihrer Faszination von den Ereignissen in Teheran zunächst Sorgen gemacht, hatte sie vor der möglicherweise traumatisierenden Wirkung der Bilder dieses rabiaten ›Tod den USA!‹ schreienden Mobs schützen wollen; doch er hatte gewußt, daß die Episode ein friedliches, optimistisches Ende nehmen würde, deshalb entschied er sich, den frühreifen Griff seiner Tochter nach der Welt zu respektieren und Vertrauen in ihre emotionale Robustheit zu haben.
Er liebte sie in einem Maße, das er nicht für möglich gehalten hätte, ertappte sich dabei, sie gleichzeitig von allem Bösen beschützen und alles Schöne mit ihr teilen zu wollen. Gretchens Geburt hatte keine Befestigung seiner Ehe mit Diane bewirkt, die höchstens verstimmt wegen der Beschränkungen war, welche das Kind ihrem Leben auferlegte. Aber wie auch immer, Gretchen selbst war Quelle und Gegenstand jeglicher tiefen Zuneigung, die er aufbringen oder sich nur vorstellen konnte.
Jeff beobachtete, wie sie ein weiteres Band aus einem der Puppenhausbäume nahm, den fetten alten Chumley damit neckte. Der Kater war müde, wollte nicht mehr spielen; er legte flehentlich eine weiße Pfote auf Gretchens Wange, und diese barg das Gesicht an seinem wolligen goldenen Bauch, liebkoste das Tier zu seiner vollen Zufriedenheit. Jeff konnte sein Schnurren quer durch das Zimmer hören, vermischt mit dem leisen Lachen seiner Tochter.
Die Sonne fiel schräg durch die hohen Erkerfenster, warf leuchtende geriefelte Strahlen auf den polierten Boden, wo Gretchen mit der Katze koste. Dieses Haus, dieser stille, waldige Ort in Duchess County waren gut für sie; seine heitere Atmosphäre war Balsam für jede menschliche Seele, ob jung oder alt, ob unschuldig oder sorgenbeladen.
Jeff dachte an seinen alten Zimmergenossen Martin Bailey. Er hatte Martin kurz nach Gretchens Geburt angerufen, den Kontakt, der in diesem Leben irgendwie abgebrochen war, wiederhergestellt. Jeff hatte es nicht geschafft, ihn von seiner Ehe, die sich als besonders unglücklich erweisen würde und den Mann ursprünglich zum Selbstmord getrieben hatte, abzubringen; doch er hatte dafür gesorgt, daß Martin eine sichere Stellung bei der Future Inc. und ab und zu ein paar ausgezeichnete Aktientips bekam. Sein Freund war wieder geschieden, was an sich traurig war, aber wenigstens war er am Leben und solvent dazu.
Jeff dachte dieser Tage selten an Linda oder an seine frühere Existenz. Inzwischen erschien ihm jenes erste Leben als ein Traum; die emotionale Sackgasse mit Diane war jetzt die Realität, die Glückseligkeit, bei Gretchen, seiner Tochter zu sein, und die verschiedenen Wohltaten seines ständig wachsenden Reichtums und seiner Macht. Sein Wissen war die Realität, und alles, was es ihm eingebracht hatte – Gutes wie Böses.
Das Bild auf dem Monitor zeigte eine rein organische Bewegung: ruhig durch gewölbte Kammern hindurchfließende Flüssigkeit, Expansion und Kontraktion, die einander in perfektem, ruhigem Rhythmus ablösten.
»…bei keiner von beiden Herzkammern eine Blockade feststellbar, wie Sie sehen können. Und selbstverständlich hat das EKG während der vierundzwanzig Stunden, die Sie es getragen haben, keinen Hinweis auf das Vorliegen einer Tachykardie erbracht.«
»Und worauf läuft das alles im Endeffekt hinaus?« fragte Jeff.
Der Kardiologe stellte das Videogerät aus, das die Ultraschalluntersuchung von Jeffs Herz wiedergegeben hatte, und lächelte.
»Das bedeutet, daß Ihr Herz sich in einem so perfekten Zustand befindet, wie es sich ein dreiundvierzigjähriger Amerikaner männlichen Geschlechts nur wünschen kann. Ebenso Ihre Lungen, den Röntgenbildern und den Lungenfunktionstests nach.«
»Dann ist meine Lebenserwartung…«
»Halten Sie sich in dieser Verfassung, und Sie werden wahrscheinlich hundert Jahre alt. Sie treiben noch Sport, nehme ich an?«
»Dreimal die Woche.« Jeff hatte in mehr als einer Hinsicht von seiner Voraussicht der Fitnesswelle der späten Siebziger Jahre profitiert. Er besaß nicht nur Adidas und Nautilus und die Holiday Health Spa-Kette; er machte seit über zehn Jahren von ihrer Ausrüstung vollen Gebrauch.
»Nun, hören Sie nicht auf damit«, sagte der Doktor. »Ich wünschte nur, alle meine Patienten würden so gut auf sich achten.«
Jeff schwatzte noch ein
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