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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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Gesicht seiner Tochter, während sie spielte, ihre weiche, blasse Haut, eingefaßt von den dunklen Locken ihres Haars. Es lag Anspannung in ihrem Gesichtsausdruck, doch er wußte, daß sie nicht durch die Konzentration auf die Noten oder das Tempo des Stückes verursacht wurde. Ihre natürliche Begabung für Musik war so groß, daß sie sich niemals anzustrengen brauchte, um sich die Grundlagen einer Komposition einzuprägen oder sie zu üben, sobald sie sie einmal durchgespielt hatte. Der Ausdruck ihrer Augen zeugte vielmehr von Entzücken, von einem Verschmelzen mit der wehmütigen Melodie der trügerisch einfachen kleinen Bagatelle.
    Sie gestaltete den Schlußteil aus Akkorden und Doppelnoten über einer mehrfach wiederholten langen Pedalnote mit geschicktem Legato, und als sie fertig war, saß sie eine Weile stumm da, kehrte von dem Ort zurück, an den die Musik sie entführt hatte. Dann lächelte sie vergnügt, und ihre Augen waren wieder die eines verspielten Mädchens.
    »Ist das nicht schön?« fragte Gretchen kindlich-unbefangen und nur bezogen auf die Schönheit der Musik an sich.
    »Ja«, sagte Jeff. »Fast so bezaubernd wie die Pianistin.«
    »Oh, Daddy, laß das.« Sie errötete, schwang sich übermütig vom Hocker. »Ich werd ein Sandwich essen. Willst du auch eins?«
    »Nein, danke, mein Schatz. Ich glaube, ich warte bis zum Lunch. Deine Mutter müßte jeden Moment aus der Stadt zurück sein.
    Wenn sie heimkommt, sag ihr, ich mache einen Spaziergang am Fluß, okay?«
    »Okay«, rief Gretchen und hüpfte in die Küche. Chumley wachte auf, gähnte und folgte ihm in seinem eigenen gemächlichen Tempo. Jeff ging nach draußen, folgte dem Weg durch den Wald. Im Herbst war die Ulmenallee wie ein orangeroter Tunnel, wie der eine halbe Meile lange Schaft einer ihn umhüllenden Flamme. Als er daraus auftauchte, sah Jeff zuerst die ausgedehnte Wiese, die sich sanft zum Hudson absenkte, dann die steilere Senke hundert Yards zur Linken, wo eine felsige Kette von Wasserfällen kaskadenartig in die Kühle hinabstürzte. Der dramatische Zugang zu diesem Ort verfehlte niemals, einen Schauer der Ehrfurcht darüber bei ihm auszulösen, daß etwas so Schönes existieren konnte, und des Stolzes, daß es ihm gehörte.
    Er stand nahe am Scheitelpunkt der abfallenden Grünfläche, vertieft in die Aussicht. Zwei kleine Boote bewegten sich unter dem Leuchten der Regenbogenfarben des Wasserfalls auf der gegenüberliegenden Seite geräuschvoll den Fluß hinunter. Drei kleine Jungen schlenderten am anderen Ufer entlang, warfen lässig Kieselsteine in das vorbeifließende Wasser. Auf der Spitze einer Erhebung hinter ihnen befand sich ein stattliches Haus, weniger groß als Jeffs, aber immer noch eindrucksvoll.
    In drei Monaten würde der Fluß zugefroren sein, ein riesiger weißer Highway, der sich nach Süden zur Stadt hin und nach Norden in Richtung der Adirondacks erstreckte. Die Bäume würden ihrer Blätter beraubt, aber kaum nackt sein: Schnee würde ihre Äste schmücken, und eines Tages würden selbst die kleinsten Zweige von einem Zylinder aus Eis umschlossen sein und zu Millionen im winterlichen Sonnenlicht glitzern.
    Dies war das Land, das County, welches Currier und Ives als das amerikanische Ideal mythologisiert hatten, sie hatten sogar von dieser speziellen Aussicht eine Skizze gemacht. Wenn er hier stand, fiel es leicht zu glauben, daß sich alles, was er getan hatte, lohnend gewesen war. Wenn er hier stand oder Gretchen in seinen Armen hielt, das Kind umarmte, nach dem er und Linda sich gesehnt hatten, das sie aber nicht hatten bekommen können.
    Nein, er würde seine Tochter nicht nach Concord schicken. Dies war ihr Zuhause. Hierher gehörte sie, bis sie alt genug war, selbst darüber zu entscheiden, ob sie es verlassen wollte. Wenn dieser Tag kam, würde er sie unterstützen, welche Entscheidung sie auch treffen mochte, doch bis dahin…
    Etwas Unsichtbares durchbohrte seine Brust, etwas Schmerzhafteres und Stärkeres, als alles, was er je gefühlt hatte… außer einmal.
    Er sank auf die Knie, versuchte sich zu erinnern, welcher Tag es war, wie spät es war. Sein starrer Blick nahm die Herbstszenerie auf, das Tal, das eben noch das Sinnbild wiedererlangter Hoffnung und unbegrenzter Möglichkeiten gewesen war. Dann fiel er auf die Seite, das Gesicht vom Fluß abgewandt.
    Jeff Winston starrte hilflos den orangeroten Ulmentunnel an, der ihn zu dieser Wiese des Versprechens und der Erfüllung geführt hatte, und

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