Grimwood, Ken - Replay
blühte ich auf; ich konnte endlich wieder anfangen, als Erwachsene zu leben. Ich teilte mir eine Wohnung mit einem älteren Mädchen von der Schule, begann mit meinem Lehrer für Komposition auszugehen, malte Tag und Nacht. Meine Sachen waren voller bizarrer, manchmal brutaler Bilder: verstümmelte Kinder, die in einen schwarzen Schlund hineinfielen, fotorealistische Großdarstellungen von Ameisen, die aus chirurgischen Schnitten krochen… starker Tobak, so wenig schulmädchenhaft, wie man sich nur vorstellen kann. Niemand wußte, was er von mir halten sollte.
Mit zwanzig hatte ich meine erste Ausstellung in New York. Bei dieser Gelegenheit traf ich Dustin. Er kaufte zwei meiner Bilder, und dann, nachdem die Galerie geschlossen hatte, gingen wir einen trinken. Er sagte mir, er hätte…«
»Dustin?« unterbrach Jeff. »Dustin Hoffmann.« »Der Schauspieler?«
»Ja. Jedenfalls mochte er meine Gemälde, und ich war immer schon von seiner Arbeit beeindruckt gewesen – Asphaltcowboy war gerade angelaufen, und ich mußte mich daran erinnern, ihm gegenüber nichts von Kramer gegen Kramer oder Tootsie zu erwähnen. Wir verstanden uns auf Anhieb. Wir fingen an, uns zu treffen, wann immer wir in New York waren. Ein Jahr später heirateten wir.«
Jeff konnte sein belustigtes Erstaunen nicht verbergen. »Sie haben Dustin Hoffmann geheiratet?«
»In einer Version meines Lebens, ja«, sagte sie mit einer Spur Verärgerung. »Er ist ein sehr netter Mann, sehr klug. Jetzt kennt er mich natürlich nur als Autorin und Produzentin; er hat keine Ahnung, daß wir sieben Jahre miteinander verbracht haben. Letzten Monat begegnete ich ihm zufällig auf einer Party. Es ist komisch, einen solchen Mangel an Wiedererkennen bei jemandem zu sehen, mit dem man in jeder Weise intim war und soviel Zeit verbracht hat.
Wie auch immer, es war eine gute Ehe – im großen und ganzen; wir respektierten uns gegenseitig, unterstützten uns bei unseren unterschiedlichen Zielsetzungen… Ich machte mit dem Malen weiter, hatte bescheidenen Erfolg damit. Meine bekannteste Arbeit war ein Triptychon mit dem Titel Echos des Selbst, in Vergangenheit und Zukunft. Es war…«
»Mein Gott, ja! Ich hab das im Whitney Museum gesehen, während eines New York-Aufenthalts mit meiner dritten Frau Judy! Ihr gefiel es, aber sie konnte nicht verstehen, warum ich davon so überwältigt war. Verdammt, ich kaufte eine Reproduktion davon, hängte sie über den Schreibtisch in meinem Arbeitszimmer! Damals hörte ich Ihren Namen zum erstenmal.«
»Nun, das war meine letzte größere Arbeit. Irgendwie… trocknete ich danach einfach aus, ich weiß nicht. Es gab so viel, was ich ausdrücken wollte, aber entweder wagte ich es nicht, oder ich konnte es nicht länger alles auf Leinwand einfangen. Ich weiß nicht, ob meine Technik versagte oder ich, aber im wesentlichen gab ich um 1975 die Malerei auf. Das war auch das Jahr, in dem Dustin und ich uns trennten. Ohne großen Krach; es war einfach vorbei, und beide wußten wir es. Wie mit meiner Malerei.
Ich vermute, es hatte etwas mit der Tatsache zu tun, daß ich meine Wiederholung halb durchlaufen hatte und wußte, daß alles, was ich erreichte, in ein paar Jahren ausgelöscht werden würde. Deshalb wurde ich einfach zu einer Art Schmetterling, streifte in der Welt herum und war mit Leuten wie Roman Polanski und Lauren Hutton und Sam Shephard zusammen. Bei ihnen fand ich so etwas wie… flüchtige Gemeinschaft, ein Netzwerk interessanter Freundschaften, das niemals zu eng wurde und unterbrochen und jederzeit wieder aufgenommen werden konnte, abhängig von meiner Stimmung und dem Land, in dem ich mich gerade befand. Es war nicht wirklich wichtig.«
»Nichts ist wichtig«, sagte Jeff. »Das Gefühl hatte ich auch schon, mehr als einmal.«
»Es ist eine deprimierende Art zu leben«, sagte Pamela. »Man hat die Illusion von Freiheit und Offenheit, aber nach einer Weile verschwimmt einfach alles miteinander. Leute, Städte, Gedanken, Gesichter… alles ist Teil einer sich verwandelnden Wirklichkeit, die nie zu einer klaren Form findet und nirgendwohin führt.«
»Ich weiß, was Sie meinen«, sagte Jeff und dachte an die Jahre des zufälligen, flüchtigen Sex, die er und Sharla gemeinsam erlebt hatten. »Es scheint unseren Umständen angemessen – aber nur in der Theorie. In der Realität funktioniert es nicht besonders.«
»Nein. Jedenfalls trieb ich mich mehrere Jahre lang so herum, und als die Zeit gekommen war, mietete
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