Grimwood, Ken - Replay
Gesichtsausdruck stellte plötzlich in seinem beschäftigten Verstand einen Kontakt her.
»Judy?« sagte er zögernd und hielt unter der Hotelmarkise inne.
Die Frau trat einen Schritt zurück. »Ich fürchte, ich erinnere mich nicht… nein, warten Sie«, sagte sie, »Sie waren in Emory, nicht wahr? Universität Emory, in Atlanta?«
»Ja«, sagte Jeff leise, »das war ich. Wir waren beide dort.«
»Wissen Sie, ich dachte gerade, der kommt mir doch bekannt vor. Ich hätte schwören können…« Sie errötete, genauso, wie sie es immer getan hatte. Vielleicht erinnerte sie sich plötzlich an eine Nacht auf dem Rücksitz des alten Chevy, oder an eine Bank draußen vor Harris Hall vor der Sperrstunde; aber Jeff bemerkte, daß sie Probleme hatte, auf seinen Namen zu kommen, und er sprach rasch weiter, um ihr die Verlegenheit zu ersparen.
»Ich bin Jeff Winston«, sagte er. »Wir gingen ab und zu zusammen ins Kino oder bei Moe’s and Joe’s ein Bier trinken.«
»Ja, natürlich, Jeff, ich erinnere mich an dich. Wie ist es dir ergangen?«
»Gut. Wirklich gut. Pamela, das ist… jemand, den ich vom College her kenne, Judy Gordon. Judy, meine Freundin Pamela Phillips.«
Judys Augen weiteten sich, und einen Moment lang sah sie beinahe wieder wie achtzehn aus. »Die Filmregisseurin?«
»Produzentin«, sagte Pamela und lächelte liebenswürdig. Sie wußte genau, wer Judy war und wieviel diese Frau Jeff bedeutet hatte, in einer anderen Wiederholung.
»Du meine Güte, das ist ja was. Sean, wie findest du das?« fragte Judy den schlaksigen Jungen an ihrer Seite. »Das ist ein alter Studienkamerad von mir, Jeff Winston, und seine Freundin hier ist Pamela Phillips, die Filmproduzentin. Das ist mein Sohn Sean.«
»Ich bin sehr erfreut, Sie kennenzulernen, Miss Phillips«, sagte der Junge unerwartet begeistert. »Ich möchte Ihnen nur sagen… also, Ihnen sagen, wieviel Starsea für mich bedeutet hat. Dieser Film hat mein Leben verändert.«
»Er scherzt nicht, wissen Sie«, strahlte Judy. »Er war zwölf Jahre alt, als er ihn zum erstenmal sah, und er muß ihn seitdem Dutzende von Malen gesehen haben. Schließlich redete er nur noch von Delphinen und wie man mit ihnen kommunizieren könne. Es war auch kein vorübergehendes Interesse. Sean wird im Herbst aufs College gehen, auf die Universität von Kalifornien in San Diego, und als Hauptfach wird er wählen… Sag du es ihnen, Schatz.«
»Meeresbiologie. Mit Linguistik und Informatik als Nebenfach. Ich hoffe, eines Tages mit Dr. Lilly zusammenzuarbeiten, über Mensch-Tier-Kommunikation. Und wenn ich das schaffen sollte, dann habe ich das Ihnen zu verdanken, Miss Phillips. Sie wissen nicht, wieviel mir das bedeutet, aber, nun, vielleicht tun Sie das doch. Es würde mich freuen.«
Ein hochgewachsener Mann mit ergrauenden Schläfen kam aus dem Hotel, gefolgt von einem Hotelpagen, der ein Handwägelchen mit Gepäck vor sich herschob. Judy stellte Jeff und Pamela ihren Ehemann vor, erklärte, daß die Familie gerade einen Urlaub in New York beendete. Kamen Jeff oder Pamela jemals nach Atlanta hinunter? Falls ja, sollten sie doch vorbeischauen: ihr Name war jetzt Christiansen, hier Adresse und Telefonnummer. Wie würde der neue Film heißen? Sie würden ihn sich bestimmt ansehen und allen ihren Freunden davon erzählen.
Das Taxi fuhr ab, und Jeff und Pamela verschränkten die Arme miteinander, hielten sich fest umarmt. Sie lächelten, während sie weiter die Fifth Avenue zum Pierre hinaufgingen, doch in ihrem Blick lag die Einsicht in eine wechselseitige Trauer um all die Welten, die sie einmal gekannt hatten, und die ihnen jetzt verschlossen waren.
Jeff goß sich ein weiteres Glas Monticello ein, beobachtete, wie die untergehende Sonne die steile, felsige Küstenlinie im Westen in helles Licht tauchte. Unterhalb des Hangs, auf dem die Villa thronte, und hinter einem weiteren Hügel, der grün war von Mandel- und Olivenbäumen, sah er die Fischerboote zu dem rotgedeckten Dorf Puerto de Andraitx heimkehren. Ein Umschlagen der immer noch warmen Oktoberbrise trug plötzlich den Geruch des Mittelmeers durch das offene Fenster herein, und er mischte sich mit dem kräftigen Aroma der kochenden Paella aus der Küche hinter ihm.
»Noch Wein?« rief er.
Pamela lehnte sich aus der Küchentür, einen großen Holzlöffel in einer Hand. Sie schüttelte den Kopf. »Der Koch bleibt trocken«, sagte sie. »Zumindest bis das Essen auf dem Tisch steht.«
»Willst du auch bestimmt keine
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