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Grimwood, Ken - Replay

Grimwood, Ken - Replay

Titel: Grimwood, Ken - Replay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das zweite Spiel
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wechselnden Hintergrund aus schneegespeisten Flüssen und Felsen aus purem Eis knöpfte sie ihre Bluse auf, streifte sie sich über die Arme. Sie zupfte am Rockgürtel, und das Kleidungsstück fiel sanft zu Boden.
    »Warum siehst du nicht auf die Landschaft?« fragte sie mit einem Lächeln.
    »Das tu’ ich doch.«
    Sie streifte den Rest ab, stand nackt vor der zerklüfteten Wildnis, die draußen vorüberhuschte. Jeffs erwartungsvoller Blick wanderte über ihren Körper, während sie sich auszog, und dann trat er zu ihr, umarmte sie, drückte sie in den weichen Sessel neben dem offenen Fenster und vereinigte sich mit ihr, während die Nachmittagssonne über ihre Gesichter flimmerte und unter ihnen die Räder in stetigem Rhythmus über die Schienen.
    Der Zug brauchte vier Tage und Nächte, um Montreal zu erreichen, und eine Woche später fuhren sie mit ihm wieder zurück in den Westen.

    »Was ist mit dem Mittelalter?« fragte Pamela. »Stell dir vor, wie das gewesen wäre, wieder und wieder die gleiche schreckliche Eintönigkeit.«
    »Das Mittelalter war nicht ganz so trübselig, wie die meisten Leute annehmen. Ich glaube jedenfalls, ein größerer Krieg und die Jahre davor wären viel schlimmer gewesen; stell dir vor, immer wieder ins Deutschland von 1939 zurückzukehren.«
    »Wenigstens hätte man es verlassen, in die USA gehen und sich in Sicherheit wissen können.«
    »Nicht als Jude. Was, wenn du schon in Auschwitz wärst?«
    Diesen Monat war es ihr Lieblingsthema: wie die Erfahrung des Wiederholens für jemanden in einem anderen Zeitalter gewesen wäre, wie man am besten mit Anordnungen von Weltereignissen und Lebensumständen fertiggeworden wäre, die völlig anders waren als die, welche sie so gut kannten.
    Waren die Schleusentore der Unterhaltung zwischen ihnen erst einmal geöffnet, schien die Anzahl der Gesprächsthemen endlos: Spekulationen, Pläne, Erinnerungen… Sie waren ihre verschiedenen eigenen Leben im Detail erneut durchgegangen und hatten die kurzen Lebensgeschichten, die sie sich im Verlauf des ersten vorsichtigen Treffens 1974 in Los Angeles erzählt hatten, ausgeweitet. Jeff hatte ihr alles über die leere Verrücktheit seiner Zeit mit Sharla berichtet, den heilsamen Charme der Jahre, die er in Montgomery Creek allein verbracht hatte. Sie wiederum hatte ihm einen lebendigen Eindruck ihrer hingebungsvollen medizinischen Laufbahn vermittelt, ihrer Enttäuschung darüber, diese Ausbildung nie wieder zu voller Anwendung bringen zu können, und der darauffolgenden kreativen Begeisterung, Starsea zu machen. Ein hochgewachsener, bärtiger junger Mann rollte auf einem Skateboard an ihnen vorbei, sich gewandt einen Weg über den belebten Bürgersteig der Neunundfünfzigsten Straße Ost in Richtung des Eingangs zum Central Park bahnend. Giorgio Moroders pulsierendes Arrangement von Blondies »Call Me« plärrte aus dem großen Panasonic-Radio, das er auf der Schulter balancierte, und übertönte Pamelas Antwort auf Jeffs hypothetische Frage bezüglich des erneuten Durchlebens der Hölle von Auschwitz.
    Sie waren seit sechs Wochen in New York, nachdem sie über ein Jahr lang ihre Zeit zwischen Jeffs Hütte in Nordkalifornien und Pamelas Haus im Topanga Canyon aufgeteilt hatten. Jetzt, da sie zusammen waren, sagte ihnen die Abgeschiedenheit der beiden Refugien um so besser zu. Es gab soviel nachzuholen, soviele höchst intime Gedanken und Gefühle miteinander zu teilen. Doch sie hatten sich nicht aus der Welt zurückgezogen, nicht ganz. Jeff hatte begonnen, sich ein wenig mit Risikokapital zu befassen, kleine Firmen und Produkte zu unterstützen, die bei den vorherigen Wiederholungen offenbar nicht in der Lage gewesen waren, adäquate Mittel zu bekommen und deren Erfolg oder Scheitern er unmöglich voraussagen konnte. Ein Schreibtischspielzeug, ein Plexiglas-Würfel mit kleinen Magneten, die in einer klaren viskosen Flüssigkeit ein Zeitlupenballett aufführten, war bereits groß herausgekommen, war die 1979er Weihnachtsversion des Pet Rock [Ein als pflegeleichtes Haustier angebotener mit Tiergesichtern bemalter Stein – Anm. d. Übers. ] gewesen. Mit einem holografischen Videosystem, das zwei von Pamelas Filmerfreunden vorgeschlagen hatten, hatte er bislang noch nicht soviel Glück gehabt. Es gab andauernd technische Probleme mit der Kamera, und vielleicht war die Idee immer aus diesen Gründen gescheitert. Aber darauf kam es nicht an; die Unwägbarkeit dieser Projekte, ihre ausgesprochene

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