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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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stecken hinten in meiner Jeans.«
    Sie wartete starren Blickes darauf, dass er ihr erlaubte, die schmale Schachtel hervorzuziehen, doch stattdessen bewegte er sich langsam um sie herum, bis er hinter ihr stand. In der Totenstille konnte sie seinen Atem hören – regelmäßig, nicht angestrengt röchelnd und grippal wie bei den meisten Menschen, denen sie zuletzt begegnet war. Dennoch fühlte sie sich unangenehm verwundbar, zumal er ihr zweifellos auf den Hintern glotzte.
    »Okay, jetzt langsam mit der linken Hand in die Tasche fahren.«
    Geri fasste sich ans Gesäß.
    » Die linke Hand!«, wies er sie so derbe zurecht, dass sie aufschreckte. »Mach schon! Heute lauern sie echt überall.«
    Sie reckte die falsche, rechte Hand wieder in die Höhe. Irgendwie hielt sie die Einkaufstasche immer noch fest, aus der nun aber weitere Dosen sowie eine Wasserflasche purzelten. Sie polterten über die Straße, als veranstalteten Betrunkene einen Terz. Schließlich langte Geri vorsichtig mit der Linken in den Schlitz, zog die Tabletten heraus und ließ sie mit einer lockeren Handbewegung fallen. Die Schachtel klatschte auf den Bürgersteig. Einen Augenblick lang geschah nichts. Sie vermutete, der Kerl schaue sich das Medikament genauer an, wahrscheinlich im sicheren Abstand. Hoffentlich konnte er überhaupt lesen; es handelte sich um ein allgemeines Antiallergikum, und Heuschnupfen stand kleingedruckt auf der Rückseite. Bei dem Anblick fiel ihr ein, dass sie am Morgen vergessen hatte, es zu schlucken.
    Unruhe kam auf, was in der allgemeinen Stille umso einschneidender wirkte und den gediegenen Moment zunichtemachte. Zuerst klang es weit entfernt, doch je länger Geri lauschte, desto intensiver wurde es. Langsame, schwere Schritte. Ein gutturales Ächzen, das die stumme Stadtkulisse auf trügerische Weise verstärkte. Die Geräusche klangen vertraut, was noch zwei Monate zuvor nicht der Fall gewesen wäre. Damals hatte man noch erwarten können, dass eine Person tot blieb, wenn sie gestorben war. Der Gnade Verwandter unterworfen, dem Klerus und den kalten, blassen Händen eines Bestatters. Innerhalb dreier Tage beerdigt, von Freunden und Familienangehörigen am Grab betrauert.
    Diese Zeiten waren vorbei.
    »Hallo?«, sagte Geri, ohne sich zu bewegen. Sie hatte Angst, auch nur den Kopf zu drehen, also sprach sie weiter: »Haben Sie das auch gehört?«
    Keine Antwort. Eine Ewigkeit schien zu vergehen, während der sie erstarrt blieb. Wenigstens versuchte sie es, soweit es ihr mit der mittlerweile halbleeren Einkaufstasche über dem Kopf gelang. Sie wollte sich bestimmt keine Kugel einfangen, aber genauso wenig gefiel ihr die Vorstellung, noch hier zu sein, wenn diejenigen aufkreuzten, deren Schritte sie hörte.
    »Hey!«, rief sie. »Wir müssen hier –«
    War er überhaupt noch da? Sie spitzte die Ohren noch weiter, ohne sich umzudrehen. Die Geräusche wurden aufdringlicher. Sie kamen dichter, stöhnten lauter – waren in greifbarer Nähe. Geri konnte sie fast riechen. Kalter Angstschweiß rann ihr ins Kreuz und kitzelte am Rückgrat. Der nächste Windhauch streifte ihr Haar wie zur sanften Ermahnung, sie solle die Hufe schwingen. Ein Automotor stotterte in einiger Entfernung. Endlich wirbelte Geri herum und sah, wie der Maskenmann einen alten Ford Escort auf Touren brachte.
    »Hey«, schrie sie wieder und ließ die Tasche sacken, um mit beiden Händen zu winken, als könne er sie nicht sehen. »Warten Sie auf mich!« Sie lief auf den Wagen zu.
    Er brauchte drei Züge zum Wenden, um die Dublin Road hinunter- und so vor den unliebsamen Gästen davonzufahren. Geri hastete frontal auf ihn zu und warf sich gerade auf die Motorhaube, als er aufs Gas trat. Sie handelte, ohne nachzudenken. Nichts von alledem hatte sie so geplant, wiewohl sie wusste, dass sie nicht müßig bleiben durfte. Jeder musste ums Überleben kämpfen und dabei jede Chance nutzen, die sich auftat.
    Der Typ brüllte sie an, doch das aggressive Geheul des altersschwachen Motors übertönte seine Stimme. Sie klammerte sich verbissen an die Außenspiegel der Klapperkiste, wozu sie sich über die gesamte Breite der Haube ausstrecken musste . Welch lange Arme sie hatte. D ass sie in dieser Position vermutlich vollkommen idiotisch aussah, war ihr egal. Wer sah es denn überhaupt? Gut, er vielleicht, nicht zu vergessen eine Horde sehr ungemütlicher Toter.
    Der Mann regte sich weiter auf und zog seinen Revolver unter dem Lenkrad hervor, um ihr zu drohen. Erst blickte er

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