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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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aufgeben, Ränke schmieden und ihre Kräfte bündeln. Er hatte Mann und Frau schon immer ausharren lassen – durch Krieg, Hunger, Liebe und Verlust. Überall auf der Welt.
    Dieser Wille, der Wille zum Fortbestehen allein war ihnen geblieben.
    Für viele jedoch war er nicht genug.
    Überall lief das Virus Amok, während die Menschheit erbittert zurückschlug, sich dagegen aufbäumte, ausgelöscht zu werden, wie ein Sterbender im Ringen nach Atem. Jeder weitere Augenblick konnte der letzte sein und wurde kostbar; die Chancen standen gleich wie bei einem Münzwurf, das Glas war entweder halbvoll oder halbleer. In jedem Fall hatte stets irgendjemand irgendwo beschlossen, nicht aufzugeben. Irgendwo bemühte sich irgendjemand, am Leben zu bleiben und andere zu retten. Irgendwo klammerte sich jemand an seine Hoffnung wie ein Schiffbrüchiger an Treibholz. Und das war genug, um sich einen weiteren Tag entlangzuhangeln.

    Sie fuhren an den Wohnsilos in Finaghy vor. George saß am Steuer, Lark und Geri neben ihm. Es war ein weitläufiges Siedlungsgebiet, das sich wie der Grand Canyon vor ihnen erstreckte und nur darauf zu warten schien, ein Echo zurückzuwerfen. Am Ende war es wie viele andere vollständig evakuiert, die verbliebenen Anlieger in Busse gesteckt und in eines der zahlreichen Notlager verfrachtet worden, die, wie sie gehört hatten, überall im Land wie Pilze aus dem Boden schossen. Das Gelände war abgesehen von den Toten verlassen.
    Mehrere Autos standen noch herum, und Lark wunderte sich, dass sie so ordentlich geparkt waren, als gedachten die Besitzer, irgendwann zurückzukommen. Er stellte sich die Frage, ob sie geglaubt hatten, all die Dinge, die ihnen wichtig waren, den Besitz, den sie angehäuft hatten und die Häuser oder Wohnungen, die voller … Kram steckten – ja, ob sie das alles mit ins Grab zu nehmen gedachten. Alles auf einem Haufen wie in der Pyramide eines ägyptischen Pharaos, um es im Jenseits auszukosten.
    »Das ist es.« George zeigte auf ein Wohnhaus gegenüber. Lark schaute durch die schmutzigen Scheiben des Landrovers und kniff die Augen zusammen, als er die Unzahl Toter sah, die vor dem Eingang lauerten.
    »Wird schwer werden, da durchzukommen«, bemerkte er.
    »Weißt du auch bestimmt, dass wir dort sicher sind?«, fragte Geri, »denn wir könnten immer noch versuchen, sonst irgendwo –«
    »Nein«, stellte George klar, wobei er fand, dass sich Lark ein wenig im Ton vergriff. »Das ist der sicherste Ort, an dem wir uns verstecken können.«
    Lark traute dem Bullen nicht, und das würde sich niemals ändern. Geri glaubte zu Recht, er hasse jeden Cop, aber hier lag seinem Widerstreben mehr zugrunde: Larks Alarmglocken schrillten vor diesem Hochhaus definitiv so laut wie nie. Er ahnte, dass George aus eigenem Interesse hergekommen war und ihnen seine wirklichen Absichten vorenthielt. Was trieb ihn hierher?
    Er beschloss, nachzufragen.
    »Wieso ausgerechnet das Haus?«
    George warf ihm den gleichen Blick zu wie sein Ex-Kumpel in jener Nacht, als sie miteinander gesoffen hatten.
    »Es wurde relativ früh versiegelt«, erklärte er. »Direkt nach dem Beschluss, die Bevölkerung zu evakuieren. Die Apartments sind dicht, die Schränke wahrscheinlich prall gefüllt mit Wasser und Dosenfutter. Zu der Zeit machten die Leute Hamsterkäufe.«
    Lark fühlte ihm weiter auf den Zahn: »Woher weißt du, dass es unter Quarantäne gestellt wurde?«
    »Weil ich dabei war, als es geschah«, gab George völlig emotionslos zu.
    Die Maßnahmen hatten Lark höllische Angst eingejagt, ja selbst das schiere Wort Quarantäne ließ ihn die Decke hochgehen. Es erinnerte ihn an jene düstere Zeit zurück, die noch gar nicht allzu lange vorbei war. Rigorose, verzweifelte Versuche, die Verbreitung des Virus einzudämmen. Männer und Frauen, manchmal ganze Familien, die im wahrsten Sinne des Wortes in ihren Wohnungen eingemauert wurden, um zu verrecken. Berichte von Massenhinrichtungen folgten, als sich die Regierung nicht nur extremer Mittel behalf, sondern grob menschenverachtender, je weiter ihr das Ruder aus den Händen glitt. Schließlich zogen abtrünnige Polizei- und Armeetruppen durch die Straßen, um ihr eigenes Kriegsrecht durchzusetzen. Sie exekutierten jeden, der Symptome zeigte oder nicht durch ihre Gesichtskontrolle gelangte. Leute wie Lark waren es, die unter dem Auge der allgemeinen Wahrnehmung agieren konnten und sich demgemäß gut über Wasser hielten. Sie bewahrten sich ihren Zynismus, um die

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