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Grippe

Grippe

Titel: Grippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wayne Simmons.original
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kehligen Rasseln der toten Lungen und den trist schwerfälligen Schritten. Diese Laute hoben sich davon ab. Sie klangen vitaler. Menschlicher.

    Jackson kam schreckhaft zu sich. Er lag immer noch im Kontrollraum auf dem Boden. Seine Blicke wanderten herum, und er bemerkte, dass Gallagher, der Private sowie alle anderen genauso dastanden wie zuvor. Sie starrten auf die Bildschirme. Der Hubschrauber war zurückgekehrt, und die beiden Piloten hatten sich hinzugesellt.
    Jackson strengte sich an, seinen matten, verletzten Körper an einem der Schränke aufzurichten. Als er sich zurücklehnte, zuckte er zusammen, weil die Schusswunde arg schmerzte. Er sah die Patrone auf dem Boden; sie war glatt durchgegangen und hatte ein sauberes Loch hinterlassen. Es war ein schwacher Trost. Er sah sich genauso wie die anderen außerstande, seine Augen von den Monitoren abzuwenden.
    Dann beobachtete er, wie Gallagher zu einem Aktenschrank ging, ihn aufzog und die Karteikarten zwischen den Pappeinlegern durchblätterte. »Hier sind die Daten aller neuen Mieter im Erfassungsgebiet«, tuschelte er. »Bis zum Abschluss des Projektes hielten wir es für ratsam, sie regelmäßig zu aktualisieren. Nur im Falle eines Falles …«
    Plötzlich fiel sein Blick auf Jackson. »Ach, Sie können uns wieder folgen, Sir«, grüßte er, »und scheinbar nicht auf die gleiche Art wie die Untoten.«
    »Sie können mich kreuzweise«, erwiderte er, doch seine Stimme klang erschöpft und kratzig.
    Gallagher lachte. »Bitte, Major.« Er ging wieder zum Schrank und durchstöberte die Akten, als sei Jackson von keinerlei Interesse für ihn. »Es besteht kein Anlass für eine solche Ausdrucksweise.«
    »Sir, das wollen Sie sicher sehen«, unterbrach der Private. Gallagher und Jackson schauten auf den betreffenden Bildschirm. Er zeigte die Wohnung wieder von außen wie zuvor, als der Major das Absperrband an der Tür bemerkt hatte. Jetzt sah man zudem zwei Überlebende – einen Mann und eine Frau, die anscheinend gleich eintreten wollten. Obwohl das Bild hätte besser sein können, handelte es sich sehr wahrscheinlich um Patrick Flynn, der vor der Tür stand.
    »Patrick, Patrick«, murmelte Gallagher. »Sieht so aus, als hätten wir beide doch noch – sagen wir – ein Wörtchen miteinander zu reden …«

20

    Im Depot war es kühl und feucht. Überall auf der Lagerfläche stapelten sich Kisten wie gewaltige Würfel – hoch und breit. Angegliedert war ein kleines Büro, und darin standen auf Schreibtischen mehrere seit Wochen nicht gebrauchte, angestaubte Computer. Der Verwaltungsstab war sehr wahrscheinlich längst tot – oder untot. Aktenschränke, übervoll mit archivierten Rechnungen, ruhten unverrückbar und fest verschlossen an den Wänden, als beinhalteten sie etwas von Wert. In der jetzigen Welt taten sie das nicht; sie würden, wie es aussah, nie wieder geöffnet werden.
    George hockte sich mit dem Rücken an eine offene Kiste und trank Mineralwasser, das er dort herausgenommen hatte. Die aufgestellten Duftkerzen spendeten nur wenig Licht und richteten kaum etwas gegen den schwindelerregenden Gestank der verdorbenen Lebensmittel aus. Nachdem er wieder aufgestanden war, trat er vor das Wellblechtor, das nach draußen führte. Er hatte es vorhin verriegelt, versicherte sich jedoch erneut, ob es nicht doch offenstand, ehe er zu der kruden Liege zurückkehrte, auf der sein Partner aufgebahrt ausharrte.
    Es war ein brandneues Feldbett. Die Etiketten klebten noch daran, und Normans Körper füllte die Matratze ganz aus, wobei die Stempel unter seinem Gewicht nachzugeben drohten. Er war in einen dicken, ebenfalls ungebrauchten Schlafsack gehüllt, der ihn noch breiter aussehen ließ – wie eine Raupe vor dem Entpuppen. Seine Züge waren bleich, die Augen blutunterlaufen, aber er lachte.
    »Weißt du noch damals, als du Sergeant wurdest, und die anderen Jungs mit aufgemalten Hitlerbärtchen in der Kantine saßen?«
    George lächelte, als er daran zurückdachte.
    »Klar weiß ich das, Kumpel.« Wann war es gewesen? Vor drei oder vier Jahren? Es kam ihm wie gestern vor. Ja, George fühlte sich, als habe er seine Streifen und die mit der Beförderung verbundene, sehr willkommene Gehaltserhöhung erst am Vortag erhalten. Als müsse er noch viel lernen, als gehöre er noch zu den Anfängern in diesem Job. Welch Ironie, dass die Streifen an seiner Schulter mittlerweile überhaupt nichts mehr aussagten. Der letzte Mensch, der sie noch wertschätzte, lag neben ihm

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