Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
Vom Netzwerk:
getan!«, schrie er Nikolaj an. »Du und diese Hexe!«
    Er holte mit dem Säbel aus und setzte mit Wutgebrüll zum Angriff an. Maljen stellte sich vor mich und hob die Waffe, um den Hieb abzuwehren. Doch bevor Wassili zuschlagen konnte, wurde er von einem Nitschewo’ja gepackt, der seinen rechten Arm mitsamt dem Säbel ausriss. Er stand kurz schwankend da, während das Blut aus der Wunde strömte, dann brach er leblos zusammen.
    Die Zarin begann hysterisch zu schreien. Sie wollte sich zu ihrem Sohn durchdrängeln und wäre fast auf seinem Blut ausgerutscht, aber Nikolaj hielt sie zurück.
    »Nicht«, bat er und schloss sie in seine Arme. »Er ist von uns gegangen, Madraja . Er ist tot.«
    Ich musste die Gelegenheit beim Schopf ergreifen. Ich ließ das Licht in zwei gleißenden Bögen niedersausen, halbierte ein Ungeheuer nach dem anderen und verfehlte dabei knapp einen General, der sich auf den Fußboden geduckt hatte. Die Leute schrien und heulten, während die Nitschewo’ja über sie herfielen.
    »Zu mir!«, schrie Nikolaj, der seine Eltern zur Tür scheuchte. Wir folgten mit den Gardisten, wichen rückwärts in den Flur zurück und nahmen dann die Beine in die Hand.
    Im Großen Palast herrschte das blanke Chaos. Panische Diener und Lakaien verstopften die Flure. Manche drängten zum Ausgang, andere verbarrikadierten sich in Zimmern. Ich hörte Schmerzensschreie, das Klirren von Glas. Draußen ertönte ein lauter Knall.
    Hoffentlich sind es die Fabrikatoren , dachte ich verzweifelt.
    Maljen und ich stürzten aus dem Palast und danach die Marmortreppe hinab. Die Luft wurde von dem Kreischen berstenden Metalls zerrissen. Als ich mich zu dem weißen Kiesweg umdrehte, sah ich gerade noch, wie die goldenen Tore von einem Sturmwind der Ätheralki aus den Angeln gerissen wurden. Die Grischa des Dunklen strömten in ihren leuchtenden Keftas auf das Gelände.
    Wir rannten zum Kleinen Palast. Nikolaj und die Gardisten folgten uns, waren wegen seines gebrechlichen Vaters aber langsamer als wir.
    Vor dem Eingang zum Tunnel durch den Wald krümmte sich der Zar furchtbar keuchend zusammen. Die weinende Zarin klammerte sich an seinen Arm.
    »Ich muss sie zur Eisvogel bringen«, sagte Nikolaj.
    »Nimm den Umweg zum See«, sagte ich. »Der Dunkle will sicher zuerst zum Kleinen Palast. Er hat es auf mich abgesehen.«
    »Wenn er dich fasst, Alina …«
    »Geht«, erwiderte ich. »Bring deine Eltern und Baghra in Sicherheit. Ich lasse die Grischa nicht im Stich.«
    »Ich schaffe sie weg und komme danach wieder. Das verspreche ich.«
    »Bei deiner Ehre als Halsabschneider und Pirat?«
    Er berührte kurz meine Wange. »Freibeuter.«
    Eine weitere Explosion erschütterte das Palastgelände.
    »Kommt!«, rief Maljen.
    Als wir in den Tunnel rannten, warf ich einen letzten Blick über die Schulter und erblickte Nikolajs Silhouette vor dem Hintergrund des purpurroten Zwielichts. Ob ich ihn jemals wiedersehen würde?
    Meine brennende und pochende Schulterwunde trieb mich zu noch größerer Eile an. Meine Gedanken rasten: Wenn sie sich noch im Kuppelsaal verbarrikadieren konnten, wenn sie noch die Geschütze auf dem Dach bemannen konnten … Ich muss die Spiegelschüsseln erreichen. Wassilis Arroganz hatte all unsere Pläne zunichtegemacht.
    Beim Erreichen des Waldrands blieb ich so abrupt stehen, dass Kies unter meinen Schuhen aufspritzte. Schwer zu sagen, was mich in die Knie gehen ließ – mein Tempo oder der Anblick, der sich mir bot.
    Der Kleine Palast war von wogenden Schatten umhüllt. Sie schnarrten und surrten, während sie über die Mauern glitten und auf das Dach niederstießen. Auf der Treppe lagen an Ort und Stelle getötete Wachen. Die Eingangstüren standen weit offen.
    Der Weg zur Treppe war mit Spiegelscherben übersät. Eine von Davids Schüsseln war auf die Seite gestürzt, darunter lag der verrenkte Körper einer toten jungen Frau mit verrutschter Schutzbrille. Paja. Zwei Nitschewo’ja kauerten vor der Schüssel und glotzten ihre verzerrten Spiegelbilder an.
    Ich stieß einen blindwütigen Schrei aus und durchschnitt sie mit einer feurigen Lichtschwade, die sich auf den Kanten der Schüssel brach, als die Nitschewo’ja verschwanden.
    Auf dem Dach ertönte das Geknatter von Schüssen. Es gab also Überlebende. Es wurde noch gekämpft. Und ich hatte noch eine Schüssel. Das war nicht viel, aber immerhin.
    »Hier entlang«, sagte Maljen.
    Wir rannten über den Rasen und betraten den Palast durch die Tür, die zu den

Weitere Kostenlose Bücher