Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)
Alta.«
»Und warum? Damit du mich herumzeigen kannst wie eine preisgekrönte Zuchtziege?«
»Du vertraust mir nicht, ich weiß. Und das ist verständlich. Aber ich werde mich an das Versprechen halten, das ich dir an Bord der Wolkwolnij gegeben habe. Hört euch mein Angebot an. Wenn ihr danach weiterhin kein Interesse habt, werden Sturmhonds Schiffe euch an einen Ort eurer Wahl bringen. Aber ich glaube, ihr werdet bleiben. Denn ich halte mein Angebot für absolut einzigartig.«
»Ich bin gespannt wie ein Flitzebogen«, murmelte Maljen.
»Ich biete euch an, Rawka zu verändern«, sagte Sturmhond. »Ich biete euch die Möglichkeit, den Menschen die Hoffnung zurückzugeben.«
»Ach, mehr nicht?«, fragte ich missmutig. »Und wie soll ich das bewerkstelligen?«
»Indem du mir hilfst, die Erste und die Zweite Armee zu vereinen. Indem du meine Zarin wirst.«
Bevor ich mich’s versah, hatte Maljen den Tisch beiseite gestoßen. Er ging auf Sturmhond loß, riss ihn hoch und knallte ihn gegen die Zeltstange. Sturmhond schrie leise auf, leistete jedoch keinerlei Gegenwehr.
»Immer mit der Ruhe. Ich will kein Blut auf meiner Uniform. Lass mich erklären …«
»Versuch das mal mit eingeschlagenen Zähnen.«
Da entwand sich Sturmhond blitzschnell Maljens Griff und hielt plötzlich ein Messer, das er wortwörtlich aus dem Ärmel gezogen zu haben schien.
»Vorsicht, Oretsew. Ich beherrsche mich um ihretwillen, aber ich könnte dich auch ausweiden wie einen Karpfen.«
»Versuch es doch«, fauchte Maljen.
»Aufhören!« Ich warf einen grellen Blitz aus, der die beiden blendete. Sie hoben schützend die Arme, waren kurz abgelenkt. »Steck das Messer weg, Sturmhond, oder du bist es, der ausgeweidet wird. Lass ab von ihm, Maljen.«
Ich wartete, bis Sturmhond das Messer weggesteckt hatte, dann ließ ich das Licht erlöschen.
Maljen senkte die Arme, aber seine Fäuste blieben geballt. Beide beäugten einander wachsam. Vor wenigen Stunden waren sie noch Freunde gewesen. Aber Sturmhond hatte sich in der Zwischenzeit in jemand anderen verwandelt.
Er straffte die Ärmelaufschläge seiner Uniform. »Ich spreche nicht von einer Liebesheirat, du eifersüchtiger Esel, sondern von einem politischen Bündnis. Wenn du auch nur einen Funken Verstand hättest, würdest du begreifen, dass eine solche Verbindung für unser Land von großem Nutzen wäre.«
Maljen lachte rau auf. »Für dich von großem Nutzen, meinst du wohl.«
»Und wenn beides zuträfe? Ich habe beim Militär gedient. Ich weiß über Kriegführung Bescheid, und ich kenne mich mit Waffen aus. Die Erste Armee würde mir ganz sicher folgen. Ich bin zwar nur Zweiter in der Thronfolge, aber ich habe durch meine Herkunft ein Anrecht darauf.«
Maljen zeigte ruckartig auf Sturmhonds Gesicht. »Aber du hast kein Anrecht auf sie.«
Sturmhonds Beherrschung schien ins Wanken zu kommen. »Hast du denn nur Stroh im Kopf? Hast du wirklich geglaubt, du könntest dich mit einer der mächtigsten Grischa auf Erden in die Büsche schlagen wie mit einer Landpomeranze, mit der du zuvor auf einem Heuboden geschmust hast? Glaubst du allen Ernstes, das wäre das Ende vom Lied? Ich will dir nicht deine Liebste rauben, sondern ein Land vor dem Zerfall bewahren.«
»Es reicht«, sagte ich leise.
»Du darfst im Palast bleiben«, fuhr Nikolaj fort. »Vielleicht als Hauptmann ihrer Leibgarde? Eine solche Regelung wäre nichts Neues.«
Maljen knirschte mit den Zähnen. »Du widerst mich an.«
Sturmhond winkte ab. »Ich bin ein herzloses Ungeheuer, ich weiß. Ihr solltet trotzdem über meine Worte nachdenken.«
»Darüber brauche ich nicht nachzudenken«, rief Maljen. »Und Alina auch nicht. Vergiss es.«
»Wir würden nur zum Schein heiraten«, beharrte Sturmhond, fügte jedoch spitzbübisch und mit einem herausfordernden Grinsen hinzu: »Wir müssten natürlich für Erben sorgen.«
Maljen wollte Sturmhond erneut an die Gurgel gehen und dieser griff nach dem Messer, aber da ich so etwas geahnt hatte, stellte ich mich zwischen die beiden.
»Aufhören!«, schrie ich. »Genug jetzt. Und hört auf, über mich zu sprechen, als wäre ich Luft!«
Maljen knurrte frustriert und begann wieder auf und ab zu laufen. Sturmhond richtete einen umgekippten Stuhl auf und setzte sich, streckte demonstrativ gelassen die Beine aus und schenkte sich noch ein Glas Kwass ein.
Ich holte Luft. »Eure Hoheit …«
»Nikolaj«, verbesserte er mich. »Aber ich habe auch schon auf ›Herzchen‹ und
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