Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition)

Titel: Grischa, Band 2: Eisige Wellen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
Vom Netzwerk:
nur als Wiedererkennen deuten konnte.
    Er fiel auf ein Knie und neigte den Kopf.
    »Vergebt mir, moj Tsarewitsch «, sagte er, den Blick zu Boden gesenkt. »Willkommen zu Hause.«
    Die Soldaten sahen einander verwirrt an.
    Sturmhond ließ einen kühlen, erwartungsvollen Blick über sie schweifen. Er strahlte Autorität aus. Dann schien ein Ruck durch die Reihen zu gehen und die Männer glitten nacheinander aus dem Sattel und fielen mit gesenktem Kopf auf ein Knie.
    Oh, ihr Heiligen.
    »Er macht Witze«, murmelte Maljen.
    Ich hatte einen magischen Hirsch gejagt. Ich trug ein Armband aus den Schuppen des erschlagenen Eisdrachen. Ich hatte miterlebt, wie eine ganze Stadt von der Finsternis verschlungen worden war. Aber dies war bei weitem das Verrückteste. Es konnte sich nur um eines von Sturmhonds Täuschungsmanövern handeln, eines, das uns am Ende alle den Kopf kosten würde.
    Ich starrte den Freibeuter an. Oder stimmte es doch? Ich konnte nicht klar denken. Zu erschöpft, zu ausgelaugt war ich durch Angst und Panik. Ich kramte in meinem Gedächtnis nach dem Wenigen, was ich über die zwei Söhne des Zaren von Rawka wusste. Dem älteren Sohn war ich im Kleinen Palast begegnet, aber der jüngere hatte sich jahrelang nicht mehr bei Hofe blickenlassen. Angeblich hatte er in der Fremde das Handwerk des Büchsenmachers oder den Schiffbau erlernt.
    Oder beides.
    Mir schwirrte der Kopf. Sobatschka , Welpe, hatte Genja den Prinzen genannt. Er hat darauf bestanden, seinen Militärdienst bei der Infanterie abzuleisten.
    Sturmhond. Sturm-Hund. Wellen-Wolf.
    Sobatschka . Das konnte nicht sein. Auf gar keinen Fall.
    »Erhebt euch«, befahl Sturmhond – oder wer immer er sein mochte. Sein Gebaren hatte sich von Grund auf verändert.
    Die Soldaten standen auf und nahmen Haltung an.
    »Ich war viel zu lange nicht mehr in der Heimat«, verkündete der Freibeuter schallend laut. »Aber ich bin nicht mit leeren Händen heimgekehrt.«
    Er trat beiseite, machte eine ausholdende Geste und zeigte auf mich. Alle drehten sich erwartungsvoll zu mir.
    »Brüder«, sagte er, »ich habe die Sonnenkriegerin wieder nach Rawka gebracht.«
    Ich konnte mich nicht beherrschen. Ich tat einen Satz auf ihn zu und knallte ihm eine.

»Sei froh, dass man dich nicht erschossen hat«, sagte Maljen ärgerlich.
    Er lief in dem sparsam eingerichteten Zelt auf und ab, eines der wenigen, die im ehemaligen Grischa-Lager in der Nähe von Kribirsk noch standen. Der prachtvolle Seidenpavillon des Dunklen war abgerissen worden. Das Einzige, was noch davon zeugte, war ein breiter Streifen toten Grases, übersät mit krummen Nägeln und den Splittern dessen, was einst ein blanker Holzfußboden gewesen war.
    Ich setzte mich an den groben Tisch und sah zum Eingang, der von Tolja und Tamar flankiert wurde. Schwer zu sagen, ob sie uns beschützen oder an der Flucht hindern sollten.
    »Das war es mir wert«, erwiderte ich. »Außerdem wird man die Sonnenkriegerin bestimmt nicht erschießen.«
    »Du hast gerade einen Prinzen geschlagen, Alina. Ein Punkt mehr auf unserer langen Sündenliste.«
    Ich schüttelte meinen schmerzenden Kopf. Meine Knöchel brannten. »Erstens wissen wir nicht genau, ob er ein Prinz ist. Und zweitens bist du nur eifersüchtig.«
    »Sicher bin ich eifersüchtig. Denn ich wollte ihm eigentlich eine verpassen. Aber das ist nicht entscheidend.«
    Nach meinem Wutausbruch hatte Chaos geherrscht und nur ein paar beherzte Worte Sturmhonds sowie Toljas recht brachiales Einschreiten gegen die Menge hatten verhindert, dass man mich in Ketten abgeführt oder mir noch Schlimmeres angetan hatte.
    Sturmhond hatte uns durch Kribirsk zum Militärstützpunkt eskortiert. Nachdem er uns ins Zelt gebracht hatte, sagte er leise: »Ich bitte euch nur darum, so lange zu bleiben, bis ich euch alles erklärt habe. Wenn euch das, was ich zu sagen habe, nicht gefällt, dürft ihr gehen.«
    »Einfach so?«, schnaubte ich.
    »Vertraut mir.«
    »Jedes Mal, wenn du ›vertraut mir‹ sagst, vertraue ich dir etwas weniger«, zischte ich.
    Maljen und ich blieben trotzdem, zumal wir nicht wussten, was als Nächstes zu tun war. Sturmhond hatte uns nicht fesseln oder unter schwere Bewachung stellen lassen. Er hatte uns saubere, trockene Kleider bringen lassen. Wir hätten Tolja und Tamar jederzeit entwischen und über die Schattenflur entkommen können. Niemand hätte es gewagt, uns zu verfolgen. Und dann wären wir an einer beliebigen Stelle der Westküste wieder zum Vorschein

Weitere Kostenlose Bücher