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Grischa: Goldene Flammen

Grischa: Goldene Flammen

Titel: Grischa: Goldene Flammen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leigh Bardugo
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spöttisches »Bitte« hinzu.
    Ich schob meinen Stuhl zurück. Beim Aufstehen wackelten meine Beine. Hatte Baghra dem Dunklen berichtet, dass ich ein hoffnungsloser Fall war? Hatte Botkin ihm erzählt, dass ich bei seinem Kampftraining auf ganzer Linie versagt hatte? Die Grischa starrten mich an. Nadja stand der Mund offen.
    Ich folgte Iwan durch den stummen Saal. Wir durchschritten die große Flügeltür aus Ebenholz und gelangten am Ende eines langen Flures an eine weitere, mit dem Zeichen des Dunklen verzierte Tür. Ich ahnte, dass wir den Raum betraten, in dem der Kriegsrat tagte, denn er war fensterlos und an den Wänden hingen große Landkarten von Rawka, die man auf alte Art mit erhitzter Tinte auf Leder gezeichnet hatte. Unter anderen Umständen hätte ich sie stundenlang studiert und die hohen Berge und gewundenen Flüsse mit dem Zeigefinger nachgezogen. Stattdessen stand ich mit pochendem Herzen da und ballte die Fäuste.
    Der Dunkle saß am Kopfende eines langen Tisches, vor sich einen Stapel Unterlagen, die er zu bearbeiten schien. Bei meinem Eintreten hob er den Kopf. Seine schiefergrauen Augen glitzerten im Lampenschein.
    Â»Alina«, sagte er. »Bitte nimm Platz.« Er zeigte auf einen Stuhl neben sich.
    Ich zögerte. Er klang nicht zornig.
    Iwan verließ den Raum und schloss die Tür hinter sich. Ich schluckte nervös, dann ging ich durch den Raum und nahm den angebotenen Platz neben dem Dunklen ein.
    Â»Wie war dein erster Tag?«
    Ich schluckte wieder. »Ganz gut«, krächzte ich.
    Â»Tatsächlich?«, fragte er mit einem leisen Lächeln. »Und Baghra? Sie ist nicht ohne.«
    Â»Halb so wild«, brachte ich hervor.
    Â»Bist du müde?«
    Ich nickte.
    Â»Hast du Heimweh?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Heimweh nach den Kasernen der Ersten Armee zu haben wäre schon etwas merkwürdig gewesen. »Ein bisschen vielleicht.«
    Â»Das geht vorüber.«
    Hoffentlich. Ich biss mir auf die Unterlippe. Schwer zu sagen, ob ich noch viele solcher Tage aushalten würde.
    Â»Du hast keine leichte Aufgabe«, sagte er. »Die Ätheralki arbeiten selten allein. Inferni bilden Paare. Stürmer tun sich oft mit Flutern zusammen. Aber du bist die einzige deiner Art.«
    Â»Ja«, sagte ich müde. In meiner Stimmung war ich nicht besonders versessen darauf, etwas über meine Einmaligkeit zu hören.
    Er stand auf. »Komm mit«, sagte er.
    Mein Herz schlug wieder schneller. Er führte mich aus dem Raum des Kriegsrats in einen weiteren Flur.
    Dort zeigte er auf eine schmale, unauffällige Seitentür. »Immer rechts halten, dann kommst du wieder zum Wohntrakt. Ich nehme an, dass du den Hauptflur meiden möchtest.«
    Ich starrte ihn an. »Das ist alles?«, entfuhr es mir. »Ihr wolltet nur fragen, wie mein Tag war?«
    Er neigte den Kopf zur Seite. »Was hast du erwartet?«
    Ich war so erleichtert, dass ich auflachte. »Keine Ahnung. Folter? Ein Verhör? Eine Standpauke?«
    Er deutete ein Stirnrunzeln an. »Ich bin kein Ungeheuer, Alina. Trotz allem, was man sich erzählt.«
    Â»So war das nicht gemeint«, erwiderte ich hastig. »Ich war … Ich wusste nicht, was mir bevorstand.«
    Â»Aber du hast das Schlimmste befürchtet?«
    Â»Das ist eine alte Gewohnheit.« An dieser Stelle hätte ich eigentlich den Mund halten und gehen sollen, aber ich konnte mich nicht bremsen. Vielleicht war ich ungerecht. Aber das galt auch für ihn. »Ja, ich fürchte mich vor Euch. Was denn sonst?«, sagte ich. »Ihr seid der Dunkle. Ich will Euch nicht unterstellen, dass Ihr mich tot in einen Graben werfen oder nach Tsibeja verfrachten wollt, obwohl das sicher in Eurer Macht liegt. Ihr könnt Menschen in zwei Stücke zerteilen. Wundert Ihr Euch da, dass ich eingeschüchtert bin?«
    Er musterte mich lange und ich wünschte mir inbrünstig, den Mund gehalten zu haben. Aber dann flackerte etwas wie ein Lächeln über sein Gesicht. »Vielleicht hast du Recht.«
    Meine Angst ließ ein wenig nach.
    Â»Warum tust du das?«, fragte er plötzlich.
    Â»Was denn?«
    Er griff nach meiner Hand und ich spürte, wie mich wieder diese herrliche Gewissheit durchströmte. »Du reibst immer mit dem Daumen über die Handfläche.«
    Â»Oh«, erwiderte ich und lachte nervös. Das war mir gar nicht bewusst gewesen. »Noch eine alte

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