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Größenordnung Götterwind

Größenordnung Götterwind

Titel: Größenordnung Götterwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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aus massiver Eiche. Das obere Ende war reich mit Schnitzereien verziert und stellte den Kopf eines Grislybären mit aufgerissenem Rachen dar. – Ja, das war er: ein Grisly!
    »Na!«
    Ich erhob mich. Die großen, relativ schweren Operationswunden waren endlich verheilt. Diesmal hatte es lange gedauert. Ich trug zu viele Zusätze am Körper, die alle an meinem Blutleitersystem angeschlossen und druckjustiert werden mußten.
    Eine Synthobio-Stabiplast-Vollfolie, wie sie Hannibal prophezeit hatte, war nicht notwendig gewesen. Dennoch war es nicht damit getan gewesen, lediglich eine kopfumhüllende Komplettfolie in den Brutlabors der Biologen und Biochemiker an Hand entnommener Original-Zellmuster heranreifen zu lassen.
    Ich stand in einem Abstand von drei Metern vor ihm. Ich sah genau so aus wie er. Wir unterschieden uns in nichts. Die kleinste Hautfalte war berücksichtigt worden. Die Stimmbandkorrektoren hatten mir seine sprachliche Ausdrucksweise verliehen. Zum Glück war mein Lungenvolumen ausreichend, um die Lautstärke erzeugen zu können.
    Toterlay lachte, daß die Gläser auf dem Krankentisch mitschwangen.
    »Brav, Lümmel, brav! Du siehst aus wie ein Mann. Bist du auch ein Mann? Oder willst du ein Grisly sein? Das schaffst du nie, Füchslein! Was hat ein rotes Spitzohr zu tun, wenn der große Graue den Wald durchstreift? Was, Lümmel? Das Füchslein hat bescheiden den Weg zu räumen und die Flucht zu ergreifen. Mit eingezogener Rute. Ziehe sie also ein, anmaßender Bube. Marcus Owen Toterlay kann nicht in derart billiger Manier nachgeahmt werden.«
    Ich ging einen Schritt nach vorn; mit vorgezogenen Schultern, rammbockähnlich – so wie er es immer tat.
    »Schäbiger Komödiant!« höhnte er. »Mein Gang ist der Ausdruck meiner Vitalität. Halte deine Schultern gerade, Bube. Nie wirst du mich kopieren können.«
    Ich sprach ihn an. Einem Mann seiner Art mußte man Zeit lassen, sich auszutoben.
    »Professor Toterlay, ich …«
    »Du hast mich mit Sie anzureden, Schandbube!« donnerte er, seinen Knotenstock auf den Boden stoßend.
    »Ich bin dabei, Professor. Ich habe die durch Sie ausgesprochenen Demütigungen vierzehn Tage lang ertragen, weil mich meine frischen Transplantationswunden hinderten, Ihnen die gebührende Antwort zu erteilen.«
    »Ach!«
    »Sie haben recht verstanden, Professor Toterlay. Die Ihnen gebührende Antwort! Sie sind Doktor der Ingenieurwissenschaften, spezialisiert auf das Gebiet der modernen Hochenergietriebwerke, ehemaliger ordentlicher Professor einer Universität der Vereinigten Staaten von Amerika, Dozent; gefeuert wegen ungebührlichen Betragens. Wie kann ein Mann Ihrer geistigen Kapazität auf die Idee kommen, jedermann in unausstehlicher Form zu beleidigen? Sie könnten das As unserer Nation sein. Wir brauchen Koryphäen, die marsianische Techniken schneller begreifen als andere Könner.«
    »Sagtest du Könner, Bube?«
    Er wollte sich ausschütten vor Lachen.
    »Könner sind nur Männer meiner Art. Ich lasse mich nicht am Gängelband führen. Von dir, du GWA-Windhund, schon gar nicht. Ich habe nach den Schätzen eines großen, mächtigen Volkes gegriffen, ohne vorher eure Erlaubnis eingeholt zu haben. Weißt du warum, Bube? Weil ihr nichts könnt! Das Erbe der Marsianer gehört Männern wie mir, sonst niemand. Und deswegen wollt ihr mich anklagen? Vor eines eurer unwürdigen Gerichte stellen? Ich erkenne keines davon an. Komm nur nicht näher, GWA-Lümmel, oder ich werde dich zerschmettern. Allerdings kannst du deine schwerbewaffneten Speichellecker rufen. Nichts auf der Welt ist mir widerwärtiger.«
    Ich schaute zu den Bildschirmen hinüber. Der Offizier der Wache war zu sehen.
    »Captain, Sie erhalten hiermit den dienstlichen Befehl, sich aus der Sache herauszuhalten. Sie und Ihre Männer haben auf keinen Fall in diesem Krankenzimmer zu erscheinen, gleichgültig was geschieht.«
    »Jawohl, Sir. Kann ich am Bildschirm bleiben?«
    »Das sollen Sie sogar. Sie kommen aber nicht herein, klar?«
    »Klar, Sir. Verdammt, Sir, legen Sie ihn endlich aufs Kreuz, diesen dreimal …«
    Ich unterbrach seine weiteren Äußerungen durch einen Wink. Toterlay lachte lautstark.
    »Befolge seinen Rat – und du wirst nie mehr in deinen Einsatz gehen. Er könnte dir ohnehin nicht gelingen! Die Priester des Sehenden Calthur werden dich auf Anhieb durchschauen, und dann schlägt dein letztes Stündlein. Du Narr, der du glaubst, mich, meine Gewohnheiten und meine Erinnerungen zu kennen! Nichts

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