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Größenordnung Götterwind

Größenordnung Götterwind

Titel: Größenordnung Götterwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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kennst du! Der dümmste meiner Schüler wird dich durchschauen.«
    »Auch das ist ein Irrtum, Professor«, belehrte ich ihn. »Ich kenne Sie bis in den letzten Winkel Ihrer Erinnerung. Und wie möchten Sie nunmehr Ihre Lektion erteilt haben?«
    »Meine Lektion, Bübchen!« brüllte er.
    »Richtig, Professor. Sie wollten mich doch gern in die Schranken weisen. Tun Sie es! Ich sagte Ihnen vor wenigen Minuten, daß ich mich jetzt wieder wehren kann. Die Wunden, verstehen Sie! Ich möchte Sie allerdings bitten, sich bei der Prügelei an sportliche Regeln zu halten. Oder kennen Sie die nicht?«
    Sein Knotenstock flog in die Ecke. Gleich einer fehlgezündeten Rakete kam er angeschossen. Die Masse seines Körpers lag hinter einem Schlag, der sicherlich einen Büffel betäubt hätte. Er war früher ein bekannter Boxsportler gewesen.
    Marcus Owen Toterlay erhielt eine fürchterliche Lehre. Wieso sah er starrköpfig darüber hinweg, daß er nicht nur doppelt so alt war wie ich und auch nicht entfernt die hochwertige Ausbildung hatte wie ein aktiver GWA-Schatten. Aber nein – das wußte ein Mann seiner Art selbstverständlich, nur wollte er es sich nicht eingestehen.
    Ich schlug ihn kein einziges Mal, sondern wich ihm nur aus. Er ging durch meine blitzschnellen Hebelwürfe, die er nicht einmal im Ansatz kommen sah, dreimal zu Boden, doch so schnell war ein »Grauer Grisly« nicht zu zerbrechen.
    Dann flog er, sich überschlagend, gegen den Bedienungsroboter, rutschte von dort aus auf das Pneumobett, zertrümmerte es durch sein Gewicht und blieb liegen.
    Ich sah in verschleierte, benommen wirkende Augen. Ich atmete nicht einmal schneller.
    »Es tut mir leid, Toterlay, wenn GWA-Schatten von der Kunst der Selbstverteidigung Gebrauch machen, überlebt es der Gegner gemeinhin nicht. Wenn ich gewollt hätte, wären Sie jetzt ein toter Mann. Stehen Sie auf, nehmen Sie Ihren Stock und gehen Sie. Denken Sie auch darüber nach, ob das Erbe des Mars allein Männern Ihrer Art gehört oder vielleicht doch der gesamten Menschheit.«
    Er stöhnte dumpf.
    »Meine Beine sind taub. Hast du mir einen Lendenwirbel gebrochen?«
    »Nein. Aber der dort verlaufende Nervenstrang wird noch zehn Minuten lang arbeitsunfähig sein. Danach setzen die Schmerzen ein, Toterlay! Warum können wir eigentlich nicht Freunde, zumindest aber Verbündete sein, Sie alter Querkopf? Selbst Ihr dicker Schädel durchstößt nicht sämtliche Mauern unserer Gesellschaftsordnung. Bleiben Sie liegen und erholen Sie sich. Soll ich einen Arzt rufen?«
    »Den Teufel wirst du tun, Lümmel«, flüsterte er schwer atmend. »Dreißig Jahre jünger – nur dreißig Jahre! Ich hätte Ragout aus dir gemacht.«
    »Auch dann nicht, Professor. Ihre Tragik liegt in Ihrer Seele verankert. Sie neigen ständig dazu, sich zu überschätzen. Andere sind besser als Sie. Nicht nur im Ring, sondern auch im Beruf. Man kam nicht umhin, Sie wegen Ihrer Leistungen zu ehren, aber als Dozent konnten Sie sich noch keine vier Wochen halten. Selbst Firmenchefs, die Ihnen wegen Ihres Könnens jede denkba re Narrenfreiheit eingeräumt hatten, kapitulierten nach spätestens zwei Monaten und setzten Sie auf die Straße. Toterlay, wenn ei ner wie Sie den Präsidenten eines großes Flugzeugwerks in eine Zentrifuge staucht wie ein nasses Handtuch, den Herrn Präsidenten im Kreise herumschleudert und ihn dabei per Bildübertragung zusehen läßt, wie seine vier engsten Mitarbeiter verprügelt werden, dann reißt selbst einem toleranten Mann die Geduld. Außerdem haben Sie die Ehefrau des Präsidenten belästigt und anschließend in das Wasserbecken für Schlittenbremsversuche geworfen. Gehört sich das?«
    Der »Rübezahl« tobte vor Lachen. Plötzlich konnte er auch seine Beine wieder bewegen. Ich hielt mir die Ohren zu. Aus den Lautsprechern der Bildübertragung kamen seltsame Geräusche. Ich war sicher, daß die gesamte SMARAGD-Besatzung zugehört und zugesehen hatte.
    Drei Minuten später wurde Toterlay von zwei aktiven Kollegen abgeholt und in die Mitte genommen.
    »Beherrschen Sie sich!« warnte ich. »Die Männer haben bestimmte Befehle. Diese Leute setzen Sie nicht in eine Zentrifuge.«
    Der Gigant ging leicht taumelnd zu seinem Stock, hob ihn auf und stützte sich mit beiden Händen ab. Seine Augen schimmerten wie blaues Gletschereis.
    »Woher weißt du das mit der Frau? Woher? Das stand in keinem Bericht. Wir behielten es für uns. Woher weißt du das, Lümmel?«
    Ich lächelte ihn ironisch an, ohne zu

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