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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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den Wunsch beider Personen eingeholt, vermittelt das. Und die Dame grüßt stets zuerst – auch auf der Straße, merk' Dir das! –, um zu zeigen, wen sie überhaupt kennen will . Nun, wirst Dich schon daran gewöhnen. Gutes Ale dies, was?« Er wies auf das schäumende Gebräu, das der stattliche Clubdiener, dessen ganzes Vokabularium sich auf
Yes, Sir! Please, Sir!
zu beschränken schien, mit feierlicher Würde eingoß. »Wird nur hier gebraut. Ist das Haus-Ale dieses Clubs allein. Sogar der Wiener Bierkönig Dreher hat sich hier daran delektirt.«
    Als sie nachher, den prachtvollen Bibliothekraum durchschreitend, im Smoking-Room ihren Mokka schlürften und den Schachspielern zusahen – (die arbeiteten, ohne eine Silbe zu wechseln, nicht minder eifrig wie die professionellen Spieler in Simpsons Cigar Divan am Strand, wo Zuckertort, Steinitz und andere so oft mit Amateurs aus dem Schachclub in Arundelstreet gespielt) – schlug Dorrington dem Grafen vor, mit ihm einer Mrs. O'Donnogan eine Visite zu machen. »Irländerin. Schöne junge Wittwe. Reich, gute Parthie.«
    »Meinethalben. Das kann nichts schaden,« nickte Jener. Sie machten also den »
call
«. Xaver war in der That erstaunt über die weltgewandte Liebenswürdigkeit der reizenden Dame, die eine Meisterin des »Flirting« schien und alle Künste der Koketterie beherrschte. Sie besaß einigen Esprit und offenbar die elegante Salonbildung, welche die Engländerinnen auszeichnet, deren nervöser Halbbildungstrieb unersättlich nach allen geistigen Anregungen hascht – bei ihren unleugbar größeren intellectuellen Fähigkeiten, im Vergleich zu ihren continentalen Schwestern, ein ganz natürlicher Vorgang.
    Uebrigens schien die pikante Dame ein wenig »frei«, »französisch«. Es streifte fast an die Grenze des guten Tons, wie sie immer und immer wieder mit ihrem Hündchen und ihrer Katze anmuthig liebelte. Sie hatte die Thiere abgerichtet, sie regelrecht zu küssen, was sie mit ihren appetitlichen Schnäuzchen denn auch so artig bewerkstelligten, daß den männlichen Zuschauern dabei das Wasser im Munde zusammenlief.
    Uebrigens sprach Mrs. O'Donnogan ziemlich geläufig Deutsch, da sie natürlich in jedem Punkte
à la mode
bleiben wollte. Auch betrachtete sie den Oesterreichischen Hauptmann und Grafen mit aufmerksam neugierigen Augen, als Lord Dorrington etwas ironisch auf dessen verstohlenes Dichterthum anspielte.
    »Ja, er ist ganz weg!« neckte der freundliche alte Herr, als er am Abend zum Dinner seiner Gattin ihren Neffen und dessen Abenteuer mitgebracht hatte. »Unsre Irische Freundin hat ihn captivirt. Sein kugelfestes Herz steht in Flammen.«
    »Ich kann nicht leugnen,« bekannte Krastinik unbefangen lachend, »daß ich sie reizend finde. Dieses goldige Haar!
Charming!
O die süße englische Sprache! Sie allein drückt aus, –«
    »Was Sie empfinden?« Lady Dorrington erhob sich nach englischer Sitte, um die Herrn bei der Weinkaraffe allein zu lassen und oben im Drawing Room den Thee zu bereiten. »Goldiges Haar? Man denke! Ja, bei 3000 Pfund Rente findet sich das Goldige von selbst.
Eh bien,
lieber George, sage unserm Freunde doch, was ich darüber denke. – Wissen Sie was, lieber Xaver? Zeigen Sie doch mal Ihre poetische Geschicklichkeit! Sie schildern so feurig die Hunde- und Katzen-Verliebtheit der schönen Frau. Machen Sie darüber einen Vers und –« flüsterte sie ihm halblaut ins Ohr, als er aufspringend ihr chevaleresk die Thüre öffnete, »schicken Sie ihr's.«
    »Aber, gnädige Tante!«
    »Das heißt,« fügte sie schelmisch drohend hinzu »daß Sie ja nie verrathen, ich hätte das empfohlen!«
    – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –
     
    »Madam,
    Es ist stets gefährlich, wenn man einem Reimer den leisesten Wunsch ausspricht, seine Verse sehen zu wollen. So sind wir,
nous autres rimeurs!
Reicht man uns den Finger, nehmen wir die ganze Hand. Der arme Herzog Clarence verlangte ein Gläschen Malvasier und wurde in ein Faß gesteckt.
    Sie sahen sich genöthigt, den Wunsch aussprechen zu müssen, daß eine Probe meiner Stümperei Ihren schönen Augen unterbreitet werde.
Me voilà!
Da marschiren schon acht Verszeilen heran, um Ihnen zu huldigen. So bekommen Sie einen bittern Vorgeschmack der Lieder, die Ihrer vielleicht noch harren. Seien Sie mir nicht allzuböse, wenn ich Ihre Geduld auf eine so harte Probe stelle. Lady Dorrington würde mich schön auszanken, wenn

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