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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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klingen, Dammhirsche springen
    Durch der Wälder wallendes Meer.
    Ihre Lilienstirne, die keusche Firne
    Der Bergjungfrauen, sie sprüht
    In rosigem Licht. Eisbrünne bricht,
    Brunhilds Schneebusen erglüht.
    Das ist die Sonne, die so mit Wonne
    Die Seele des Weltalls schwellt.
    Aus Nacht und Sorgen ist jeder Morgen
    Eine Auferstehung der Welt.
     
Am Falkenhorst.
    Heil, Freya, falkenäugiger Schwan!
    Dich flieht der Selbstsucht Pfau!
    Dich flieht der pfäffische Cormoran.
    Bitt für uns, unsre liebe Frau!
    Du Falk von echter Isländischer Zucht
    Aus der Freiheit Heim im Nord,
    Du Göttin reiner Liebe, Dich sucht
    Meine Sehnsucht fort und fort.
     
    Mit bestem Gruß Ihr
    Rother der Schwachmatikus.
     
    Nachdem die Briefe convertirt und zum Absenden dem Wirth übergeben, wobei er lachte und scherzte, raffte Rother sich zusammen zum letzten Entschluß. – –
    Der Erde schläfert leise und die Seele sucht Ruhe, Ruhe. Der müden Sonne fallen die Augen zu.
    Was rollt die Erde ohne Ende durch das rollende Aethermeer? Nur den wiegt feste Ruhe, wer unter der Erde ruht.
    Es pocht, es pocht ans Fenster. Ist es der Regen, der leise niederraschelt ins Farrenkraut? Wuchtig und langsam schlägt ein schwerer Tropfen aufs Fensterbrett, eintönig wie eine sich langsam reibende Feile. Was pocht, was pocht und hämmert da draußen und hier drinnen im Herzen? Wird da ein Sarg gezimmert, ein Sarg der sterbenden Liebe?
     
    Was pochst Du, Herz so wild und laut,
    Du nimmermüde Uhr?
    Dein Zeiger weist, Dein Pendel tickt
    Dem Tod entgegen nur.
     
    Einsam, einsam! Sind alle Wege verschneit, schleicht ein frostiges Verderben umher und mäht die märzlichen Keime? Die Flocken fallen, fallen. Durch die Seele geht bleicher Tod, ein schneeiges Bahrtuch deckt die jungen Blüthen.
    Ihm war, als wolle seine Seele hindämmern ins dunkle Reich der Schatten, wo träumerischer Friede auf Asphodeloswiesen blüht.
    Der Puls der Zeit steht still, steht still. Ein Heimweh nach dem Nichts säuselt im Abendwind räthselvoll durch alle Wipfel. Zum Sterben müde stehn die alten Bäume. Wie Träume spinnen sich Nebel, vom See aufsteigend, um ihr Haupt. Ueber der Sonne purpurnen Talar gleitet der Hermelin der Nacht. O dürfte so die Welt mit eins in Nacht versinken und ihn nie mehr leeren, den bittern Sonnenkelch der Lebewesen!
    Ein tödtliches Gelüsten berauschte ihn mehr und mehr. Der buhlerische Frühlingsstrahl lockte ihn hinab in die Tiefe, wo kein Winter stirbt und kein Frühling erwacht.
    In übernächtigem Frost erstarrte der Quell der Thränen und die Hoffnung läßt sich nicht mehr narren. Vorbei, vorbei!
     
    Langsam und bedächtig erhob sich Rother auf seinem Lager und langte nach der Flasche mit Karbolsäure. Er öffnete den Stöpsel und roch daran. Der unangenehme Geruch flößte ihm Ekel ein. Er schüttelte sich. Dann roch er widerholt, um sich daran zu gewöhnen, damit nicht der Geruch ihn beim Trinken zum Vomieren veranlasse. Seiner Willenskraft gelang es. Jetzt setzte er die Flasche an den Mund – – Wie dem Ertrinkenden, gaukelten ihm tausend Bilder vor Augen.
    Was ihm je geraubt, was in unerbittlichem Morden sein Leben ihm hingeschlachtet, – es hob sein träumerisches Haupt.
    Er wagte kaum zu athmen, in ahnungsvoller Todeswonne. Ein Geist geht um von Baum zu Baum und der Nachtthau schwebt leis hernieder. Ist's Dein Geist, die fern von mir?
    Nein, ich kann es nimmermehr vergessen, daß ich Dich geliebt. Ob die Leichensteine belasten mein müdes Haupt und alle Särge springen und ob das All zerbirst wie Glas, – dies Eine werde ich nie vergessen, nicht in Leben und Tod.
    Er blickte auf ihr Bild, das er stets auf dem Herzen barg wie ein köstlich Geheimniß. Was ihn einst durchflammt, es zuckte nicht mehr aus der Asche. Das Mondlicht thaut vom Himmel, die Sterne neigen sich nieder – doch nie strahlt die versunkene Welt im Flammengrabe des Herzens.
    Hinüber, hinüber! Der Hauch gestorbener Liebe betäubt das traummüde Hirn und zu einer ewigen Liebe jenseits der Erde dichtet es sich hinüber, hinüber.
     
    Er trank.
     

 
Dritter Band.
     

Grand parmi les petits, libre chez les serviles,
    Si le génie expire, il a bien mérité.
    Lamartine .
     
    »Sie haben mir noch einen Poeten, den X, gebracht. Den habe ich weggeworfen.«
    »Majestät, den werf' ich auch weg!«
    Friedrich der Große ,
    Gespräch mit Gellert.
     
    Vor Schelmen, die den Mantel der Gerechtigkeit gebrauchen, vor denen kann sich kein Mensch hüten. Die sind ärger als

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