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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Grund!
    (Gelt, weise?!) Wie im malerischen Staube
    Das Meer der Gärten fluthet grün und bunt!
    Und wie die Wolke fliegt gleich einer Taube
    Entlang die Himmelkuppel blau und rund!
    Auch Fröschehallelujah hin und wieder
    Und wie berauschend duftet frischer Flieder!
     
    Mit neuem Flieder stets geheimnißvoll
    (Ich ahne irgend einen Magnetismus)
    Ein neu Gefühl der Brust erblühen soll.
    Wodurch? 's ist jedenfalls ein Ding auf ismus.
    Schon fühlt' ich 'was, mein Bein vor Rührung schwoll,
    Da merkte ich, es war Herr Rheumatismus.
    Und das Gefühl saß nicht im Herzen, nein,
    Der Frühling regte sich in meinem Bein.
     
    Dies Klima überhaupt! Frau Sonne heut
    Glotzt frech vom Himmel, daß wir derbe flehen,
    Sie möge haben die Gewogenheit,
    Uns etwas weniger im Licht zu stehen
    Und einmal glänzen durch Abwesenheit!
    Was dann? Nun will sie gar für immer gehen!
    So übelnehmerisch? Heißt das ertragen
    Die deutsche Grobheit? (Gradheit, wollt ich sagen.)
     
    Nur Euch, Ihr oft besungnen Maiennächte,
    Euch will ich nicht bekritteln. Ihr, Ihr seid
    Voll mystischer naturgewalt'ger Mächte.
    Ja, greint der Kater sein unnennbar Leid,
    Das ist das Urmotiv, das wahre, echte.
    Schauer-Romantik! Himmel, wie er schreit!
    Das ist die Sehnsucht nach der blauen Blume,
    Nach »Unbewußtem« und nach Dichterruhme!
     
    Jüngst schrie's vor meinem Lager. Gräßlich war
    Das Mordgezeter. Haar, sträub' dich empor!
    Erwürgt man nächtlich eine Kinderschaar
    Ruchlos und grauenhaft vor meinem Thor?
    Ein Kindermord von Bethlehem wohl gar?
    Ha, schaudernd ich entschlossen Rache schwor:
    Ich griff den Knecht des Stiefels – heiliger Vater
    Fortschlich als Missethäter scheu ein Kater!
     
    Ich schleuderte das Holz ihm schwungvoll nach,
    Dann setzt' ich mich, in tiefer Rührung weinend.
    Der Tag herein mit trüben Schauern brach,
    Der Nachtwind heulte. Kurz, sich graus vereinend,
    All die Symptome da – mir wurde schwach –
    Für eine Poe'sche Vision anscheinend.
    Nur daß ich einen Katerdämon habe.
    Ist das nicht schauerlicher, als ein »Rabe«?
     
    (Besonders wenn es uns im Schädel brummte!)
    Krächz' Du nur »Nevermore«, berühmter Rabe!
    Doch wenn ein greiser Kater also summte,
    Wär's eine noch sublimre Herzenslabe!
    Den früg' ich Fragen, denen er verstummte,
    Graus, metaphysisch: »Werden aus dem Grabe
    Auch Kater auferstehn?« Mir wurde schaurig,
    An meinen todten Kater dacht' ich traurig.
     
    Der Selige – Friede seinem Angedenken! –
    Die weiland Gottesgeißel aller Braten
    Und Mäuse – warum durfte ich nicht senken
    Ihn in die Gruft der Ehre als Soldaten?
    Und ihm als letzte Ehrenfahne schwenken
    Ueber dem frühen Grabmal seiner Thaten
    Ein Häschen ('s war sein Leibschmaus) an den Ohren?
    Doch so zu sterben – wär' er nie geboren!
     
    Wie starb er denn? Ein Social-Autokrat,
    Fühllos, blutdürstig, und ein grimmer Hasser
    Des Eigenthums, ein Held vom Zukunftsstaat,
    Ein Anarchist vom reinsten (faulsten) Wasser,
    (Er war mein Nachbar) dachte früh und spat:
    »Soll dieser gottverdammte Bourgeoisprasser
    Vor meinen Augen mästen seinen Kater
    Und ich soff heute bloß zehn Cognacs? Brat' er!«
     
    Gewöhnlich nämlich zwölf er 'runtergoß.
    Doch die Fabrikherrn, niedrige Tyrannen,
    Bekanntlich zahlen Die für Arbeit bloß.
    Und schickt sich Arbeit wohl für freie Mannen?
    Der feile Mammon fällt nicht in den Schooß,
    Selbst Kater müssen ihre Thatkraft spannen,
    Für Mäusefang nur füttert man die Armen.
    Doch kannten Demokraten je Erbarmen?
     
    Er neidete mein Vieh, so lag der Fall.
    Und dieses zu raubmördern er beschloß.
    Er that's! Und mit dem Ausruf »Hilf, Lasalle!«
    Führte er meuchlings eines Nachts den Stoß.
    Das Opfer sank wie dort der Sonnenball
    In edler Glorie, sein Herzblut floß.
    So werden wir einst Martyrtod erleiden,
    Wir »Gründer«, und der Kater Loos beneiden.
     
    Denn, wie St. Marxi heilige Schrift es lehrt
    Ward so mein Eigenthum mir fromm entwandt!
    Das ist ein Pfaffe, wer sich drob beschwert!
    Ich – in den höhern Zweck mich seufzend fand.
    Denn hatt' ich nicht mein »Kapital vermehrt?«
    Ein Raub am Volk! Einst wird das ganze Land
    »Getheilt« in gleichem Stil. Und nicht allein
    Den Kater »theilt« man mir, auch Haus, Hof, Schrein.
     
    Der Grund der Eigenthumsverletzung war
    Der fette Wanst des Seligen. Wie ein Hase
    Mocht' er wohl schmecken, speckig ganz und gar.
    Das stach dem Theilungssüchtigen in die Nase.
    Er »theilte« ihn für sich mit Haut und Haar.
    Doch rieth

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