Größenwahn
offenbarte,
Weit klarer ihre Lieblichkeit erkennen.
Dem Christus folgt zuerst die Magdalene,
Denn Er vergiebt. Wo seine Küsse brennen,
Da trocknet die nutzlose Reuethräne.
Reue? Warum? Blieb lauter nur die Seele
Und kann sie nur zur Liebe sich erheben,
So schwinden alle äußern Sündenfehle.
Wer viel geliebet, dem wird viel vergeben.
Frohsinn wird dann verschönen Deine Züge,
Aus Thränen sprießen blumenreine Triebe.
Verbanne von den Lippen jede Lüge
Und glaube was Du ahnst: Daß ich Dich liebe!
Die unverdiente Schmach erdulden müssen
Und selbst verdiente ist wohl bittre Pein.
Und bitter, an des Grames schwarzen Flüssen
Umirrend, fern dem Quell des Trostes sein.
Vom Heim und seinen Lieben fortgerissen,
Das Meer durchmessen einsam und allein,
Zu suchen Sicherheit am fremden Porte,
Nie zu betreten mehr vielleicht der Heimath Pforte.
Es ist wohl bitter, wenn ein König Dich,
Ein Volk, dem Du Dein bestes Blut geschenkt,
Mit einem Tritt fortschleudert. Sicherlich
Des Undanks Wort und That Dich bitter kränkt.
Und Haß, der in des Freundes Herz sich schlich,
Durch grundlose Verleumdung nur gelenkt,
Ist bitter, bitter höhnende Verachtung,
Und einem stolzen Sinn noch bittrer: Nichtbeachtung.
Gekränkte Ehre bitter einem Ritter,
Und in des Kriegers Brust das kalte Erz,
Der mit sich fallen sieht sein Land und bitter
Um ein zertretnes Vaterland der Schmerz.
Und bitter, wie ein luftversperrend Gitter
Den Kranken und Gefangnen, quält das Herz
Der falsche Stolz, der, wenn's nach Liebe ringt,
Aus eitlem Eigensinn und Trotz sich selbst bezwingt.
Verkannt zu werden bitter und noch mehr;
Verstanden nicht zu werden. Bitter Tod
Im Kern des Lebens. Bitter einem Seh'r
Vorauszusehen seines Volkes Noth.
Bitter, stirbt eine Sendung stolz und hehr
Mituns, zu sterben. Bitter ist das Brot
Der Armuth, bittrer noch ist Sündengeld.
Verschmähte Liebe scheint das Bitterste der Welt.
Und dennoch Dinge giebt's, die bittrer sind
Für Seelen stark und fest, wenn auch nicht rein,
Und edel, wenn auch kalt. Wie Schauer rinnt,
Dies bitterste Gefühl durch Mark und Bein.
Lieben und nicht geliebt zu werden find'
Ich eine Wonne neben solcher Pein.
Was ist vom Bittern übrig denn geblieben?
Es ist: Geliebt zu werden und nicht wieder lieben
Wenn taufendfach ich umdräut von Weh,
Wenn rastlos steigt der Leidenssee
Und zur Krisis drängt das Lebensfieber,
So ist mir wahrlich dies noch lieber,
Als wenn ein einzeln nagender Kummer
Vergiftet den zufriedenen Schlummer.
Wie ich Dich liebe kann ich nimmer sagen,
Nie habe mein Geheimniß ich gebrochen:
Ich will es ohne Klagen weiter tragen,
Der Gram bleibt ungeheilt und ungesprochen.
Denn Scham muß ein Bekenntniß mir verwehren:
Ich würde vor mir selber mich entehren.
Ich halte nächtlich Dich im Traum umfangen,
Ich kühle meine Gluth an Deinen Lippen
Und schmieg' an meine Deine blassen Wangen,
Am Necktar höchster Wonne darf ich nippen.
Doch Morgens ließ der Traum mir nichts als Thränen
Und ungestilltes unzähmbares Sehnen.
O knisterndes flammendröthliches Haar,
O schwüle Farbe der Wangen!
Dein Rehaug' blickt so klug und klar,
Als kenne es kein Verlangen.
Der Geist so herrlich entfaltet und
Die Rede so weise-gemessen!
Wir schließen wahrhaftigen Seelenbund,
Der Leib wird fast vergessen.
Das äugelt so keusch, das girrt so sanft,
Doch unter den Wimpern es lodert,
Und die Scham wird plötzlich zu Boden gestampft
Und fleischliche Opfer gefodert.
Hingebende Wuth, die einander trutzt!
O rasende Sehnsucht der Sinne!
Bald hast Du Simson abgenutzt,
O Astaroth der Minne!
Begierde ist ein Fieber-Rausch: Mein Fieber
Austobte im Delirium
Und kalt durchfröstelt es mich drum.
Ach, rationelle Heizung wär mir lieber!
Der innere Verbrennungsprozeß
Wird
delirium tremens
durch Exceß.
Man sagt, dem Säufer schlage zur Kehle
Heraus die Flamme vom Alkohole, –
O schlüge die Flamme aus meiner Seele –
Erkaltende Asche, verglimmende Kohle
Könnt' ich nur all meinen Spiritus
Phosphorisch leuchten lassen zum Schluß
In einer Geistesflamme! Statt dessen
Die Flammen nach Innen weiterfressen,
Den wahren Zündstoff so verzehrend,
Des Schaffens Ausbruch ihm verwehrend.
Mitternacht ist lange schon vorüber.
Einsam irr ich durch die regennassen
Von dem Morgenwind durchheulten Gassen.
Röthliche Laternen brennen trüber.
Fort die Kaufmannsstraße
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